Energie

Mit Dauerquasseln das Handy aufladen

Piezoelektrische Bauteile im Nano-Bereich gewinnen Energie aus Schallwellen
Von Marie-Anne Winter

Auf alle, denen Flatrate-Telefonierer auf dem Nachbarsitz in der Bahn schon jetzt auf die Nerven gehen, kommen vermutlich harte Zeiten zu: Amerikanische Forscher tüfteln derzeit an einem Verfahren, mit dem es möglich werden könnte, winzige Handy-Akkus mit der Energie aus beim Sprechen entstehenden Schallwellen aufzuladen. Noch klingt das sehr fantastisch, aber es gibt tatsächlich piezoelektrische Bauteile im Nano-Maßstab, die Energie aus Druckwellen gewinnen können. Wie das Wissenschaftsmagazin Scinexx berichtet, hat Tahir Cagin, Professor für chemische Ingenieurswissenschaften an der Texas A&M Universität, gemeinsam mit Kollegen der Universität von Houston eine Möglichkeit entdeckt, sich selbst aufladende Akkus herzustellen.

Grundlage für die winzigen Selbstauflader sind piezoelektrische Bauteile, die an sich nicht neu sind. Dabei handelt es sich um meist kristalline oder keramische Materialien, die Spannung erzeugen, wenn sie einem mechanischen Druck ausgesetzt werden. Diese werden bereits in anderen Bereichen getestet, etwa an Bahnhöfen, wo spezielle Platten in Boden aus den Schritten der Fahrgäste die Energie für die Fahrkartenkontrollautomaten liefern sollen. Cagin und seine Mitforscher entdeckten nun, dass sich der Piezo-Effekt deutlich steigt, wenn man die Bauteile  stark verkleinert.

Nano ganz groß

"Wenn Materialien auf den Nanomaßstab verkleinert werden, verändern sich ihre Eigenschaften in einigen Gebieten dramatisch", zitiert das Magazin den Wissenschaftler. "Eines dieser Beispiele sind die piezoelektrischen Materialien. Wir haben gezeigt, dass man die Energieausbeute um 100 Prozent verbessern kann, wenn man auf einen Größenbereich zwischen 20 und 23 Nanometer herunter geht." Ein Strommast würde bei einer solchen Schrumpfkur nur noch einem Haar entsprechen. Der Clou dabei ist, dass in diesem Miniaturbereich schon eine leichte Zunahme des Luftdrucks ausreiche - beispielsweise durch eine Schallwelle, während bei größeren Stücken wesentlich stärkerer mechanischer Druck benötigt werde, um Spannung zu erzeugen.

"Selbst die Turbulenzen in Form von Schallwellen wie die Druckwellen in Gasen, Flüssigkeiten und Feststoffen könnten für die Energieversorgung von Nano- und Mikrogeräten der Zukunft genutzt werden, wenn diese Materialien für diesen Zweck entsprechend hergestellt werden", erklärt Cagin im Fachjournal Physical Review B. Derzeit befindet sich diese Technologie noch im Bereich der Grundlagenforschung. Jedoch für Geräte mit vergleichsweise niedrigem Energiebedarf wie Handys, PDAs, Netbooks oder mp3-Player könnten winzige Piezo-Akkus zukünftig tatsächlich die Energieversorgung sichern.

Dauerquatscher sind nicht beliebt

Auf die Mobilfunk-Anbieter dürften damit traumhafte Zeiten zukommen: Je mehr ihre Kunden telefonieren, desto länger können sie ihr Handys nutzen. Das Problem ist allerdings, dass man aus dem Zuhören keine Energie gewinnen kann.

Außerdem belegt eine aktuelle Umfrage, dass es bereits jetzt 86,8 Prozent der Bundesbürger als "äußerst unhöflich" empfinden, wenn jemand in Gesellschaft anderer ununterbrochen mit dem Handy telefoniert. Sechs von zehn (60,1 Prozent) finden es auch nicht in Ordnung, ein persönliches Gespräch einfach zu unterbrechen, nur weil das Handy klingelt. Ebenfalls nicht gut an kommt bei den meisten das Lesen oder Schreiben einer SMS während einer Unterhaltung (80,3 Prozent). Das ergab eine repräsentative Umfrage des Apothekenmagazins Apotheken Umschau, durchgeführt von der GfK Marktforschung Nürnberg bei 2 020 Befragten ab 14 Jahren.