Breitband

Wer organisiert den Ausbau der "Next Generation"-Netze?

Bei Breitband auf den Markt vertrauen oder auf politische Initiative?
Von Marie-Anne Winter

Angesichts der immensen Bedeutung, die der Ausbau der Breitbandnetze für die Zukunft hat, stellt sich die Frage, ob der Ausbau dieser Netze dem organischen Marktwachstum überlassen werden sollte, oder ob es nicht vielmehr die Aufgabe des Staates ist, diese Entwicklung zu steuern - unter Umständen sogar auf Kosten der betriebswirtschaftlichen Vernunft. Eine Studie von Bain & Company untersucht entsprechende Treiber der Marktentwicklung wie Technologie, Kundennachfrage, Regulierung und Wettbewerbsdynamik und liefert eine Diskussions-Grundlage zum weiteren Ausbau der "Next Generation"-Telekommunikationsnetze. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind:

  • Mehrere, parallele Festnetzinfrastrukturen in den meisten Märkten aus wirtschaftlicher Sicht schwierig
  • Zwei Festnetzinfrastrukturanbieter zur Förderung des technischen Fortschritts sind das beste Szenario für Großteil der regionalen Märkte
  • Dynamischer Infrastrukturwettbewerb führt effizienter zu schnellerem Netzausbau mit höheren Bandbreiten als staatliche Vorgaben
  • Netzausbau ist nur dann rentabel möglich, wenn Kunden auch bereit sind, für höhere Bandbreiten zu zahlen

Das Interesse der öffentlichen Hand, möglichst flächendeckend Breitbandzugänge anzubieten, ist enorm. Die EU hat sich unter dem Titel Digital Europe ambitionierte Ziele gesteckt und plant eine hundertprozentige Breitbandabdeckung der Haushalte bis 2013. Gleichzeitig ist in Ländern wie der Schweiz großer Aktivismus der Städte und Gemeinden zu verzeichnen. Insbesondere Elektrizitätswerke befassen sich hier mit erheblichen Investitionsvorhaben in Glasfaserinfrastrukturen. Bedeuten diese Initiativen, dass der marktwirtschaftliche Wettbewerb bisher nicht zu den politisch gewünschten Ergebnissen geführt hat?

Der Blick auf die Fakten zeigt ein differenzierteres Bild. Die Studie von Bain & Company in Zusammenarbeit mit dem internationalen Kabelnetzbetreiber Liberty Global kommt zu dem Ergebnis, dass in Ländern mit zwei konkurrierenden Anbietern von Festnetzzugangsinfrastrukturen Innovationen schneller vorangetrieben werden. Danach erreichen beispielsweise in den Niederlanden, in Belgien und in der Schweiz zwei Festnetzzugangsinfrastrukturen über 80 Prozent der Bevölkerung, was zu 30 Prozent höheren durchschnittlichen Breitbandgeschwindigkeiten als in anderen westeuropäischen Märkten geführt hat. Umgekehrt weisen die europäischen Länder mit dem geringsten Wettbewerb bei der Festnetzzugangsinfrastruktur auch die geringste Bandbreite und Internetverbreitung auf.

Zwei Anbieter sind besser als einer

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass sich eine derartige Wettbewerbsdynamik vor allem in Ländern entwickeln kann, in denen Telekommunikationsunternehmen, Kabelnetzbetreiber und in bestimmten Regionen auch neue Glasfasernetzbetreiber in direktem Wettbewerb stehen. Diese Unternehmen konkurrieren zunehmend in der gesamten Breite der Telekommunikationsdienste wie beispielsweise TV oder Sprach- und Breitbandkommunikation. Märkten mit nur einer Festnetzzugangsinfrastruktur fehlt diese Wettbewerbsdynamik. Oft sind sie darüber hinaus auch stärker reguliert. "Infrastrukturwettbewerb führt eher dazu, dass höhere Bandbreiten effizienter und der Nachfrage entsprechend zur Verfügung gestellt werden, als es bei einer 'Top-Down'-Zielsetzung der öffentlichen Hand vermutlich der Fall wäre", sagt Dr. Jens Schädler, Partner und Telekommunikationsexperte bei Bain & Company. Weitere Aspekte wie Investitionskosten und die Zahlungsbereitschaft der Kunden werden auf der nächsten Seite diskutiert.