Breitband

Wer organisiert den Ausbau der "Next Generation"-Netze?

Bei Breitband auf den Markt vertrauen oder auf politische Initiative?
Von Marie-Anne Winter

Neben den regulatorischen Rahmenbedingungen bestimmen auch die erforderlichen Investitionsvolumen das Engagement der möglichen Akteure. Die Investitionskosten für flächendeckende ultraschnelle Breitbandnetze bewegen sich zwischen 65 Euro und 1 500 Euro pro Haushalt, abhängig von der vorhandenen Infrastruktur und Bevölkerungsdichte. Kabelnetze (basierend auf DOCSIS 3.0) haben Kostenvorteile, da die Erstinvestition für ein Bandbreitenangebot von derzeit bis zu 100 MBit/s erheblich geringer ist als für die Aufrüstung traditioneller Telekommunikationsnetze auf FTTH. Untersuchungen beziffern die nötigen FTTH-Investitionen auf 70 Milliarden Euro für Deutschland und 40 Milliarden Euro für Frankreich oder Großbritannien. Die Analysen von Bain zeigen, dass bei einer großflächigen Aufrüstung der Netze die Ausgaben der europäischen Haushalte für Telekommunikationsdienste um 57 Prozent bei FTTH, 19 Prozent bei VDSL und 11 Prozent bei DOCSIS 3.0 steigen müssten, damit die Infrastruktureigentümer die hohen Investitionen amortisieren können.

Was sind die Kunden bereit zu zahlen?

Sind die Nutzer bereit, für den Mehrwert ultraschneller Verbindungen auch entsprechend mehr zu zahlen? Hier ist laut Studie Vorsicht geboten. Experten prognostizieren, dass der Bedarf an schnellen Netzen in Zukunft zwar steigen wird - insbesondere aufgrund von Entertainmentangeboten - jedoch die bereits heute existierende Infrastruktur diesen Anforderungen noch für die nächsten Jahre genügen wird: Für den Großteil der Haushalte reichen 30 bis 40 MBit/s für die parallele Nutzung heute bekannter Breitbanddienste aus. "Bei der unsicheren Entwicklung der Nachfrage nach bandbreitenintensiven Anwendungen wird Innovation wahrscheinlich technologieorientiert erfolgen und nicht das Ergebnis einer steigenden Verbrauchernachfrage sein", glaubt Jens Schädler. Letztendlich sollte die Bereitschaft der Nutzer, für schnellere Bandbreiten auch zu zahlen, ausschlaggebend sein, wann Investitionen in Netzaufrüstungen tatsächlich erfolgen. "Zwar kann sich die Politik von dieser betriebswirtschaftlichen Richtschnur jederzeit entfernen, sie sollte aber immer die damit verbundenen Kosten und wirtschaftlichen Risiken im Blick behalten", so Schädler.

Die Studie zeigt, dass sich aufgrund des hohen Investitionsbedarfs und im Hinblick auf die Rentabilität auf nationaler Ebene mehr als zwei schnelle Breitbandnetze kaum rechtfertigen lassen - außer in sehr dicht besiedelten städtischen Gebieten. Das mag aus wettbewerbspolitischer Sicht gemischte Reaktionen hervorrufen. Die Praxis zeigt jedoch, dass dieser Ansatz oft zu einem dynamischeren Wettbewerb führt als der Konkurrenzkampf mehrerer Service Provider oder kleinerer regionaler Anbieter.