Hintergrund

Breitband-Ausbau: Mehr Zank als Verkabelung

Es geht um Konditionen, Technik und Standards
Von Daniela Eckstein

In wenigen Wochen kommt für das Wirtschaftsministerium und die Telekommunikationsbranche in Deutschland die Stunde der Wahrheit: Im Herbst steht ein Zwischenbericht der Breitband-Strategie an, die noch von der Großen Koalition im Februar 2009 gestartet wurde und schnelles Internet für alle versprach. Konkret stellte die Regierung in Aussicht, dass bis Ende 2010 allen Haushalte in Deutschland Breitband-Internet-Anschlüsse mit einer Downloadgeschwindigkeit von mindestens 1 MBit/s zur Verfügung stehen. Bis 2014 sollten durch eine Kombination aus Festnetz und Mobilfunk über sogar für mindestens 75 Prozent der Haushalte Anschlüsse mit Übertragungsraten von 50 MBit/s geschaffen werden. Allerdings steht Deutschland mit diesen Zielen im internationalen Vergleich bescheiden da, wie das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienst (WIK) in einem internationalen Vergleich herausfand.

Das erste, eher bescheidene Ziel, wird vielleicht zu schaffen sein: Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums können 97 Prozent der deutschen Haushalte schon jetzt Internetzugänge von mindestens 1 MBit/s buchen. Die weißen Flecken auf der Landkarte scheinen kleiner zu werden. Doch was sind schon 1 MBit/s in Zeiten des schnellen Internets, das Tagesschau und Fußballbundesliga, HDTV, Cloud Computing, Onlinespiele und Videokonferenzen anbietet? Dafür erforderliche Bandbreiten liefern vor allem Glasfasernetze: Direkt bis zu den Häusern (FttB) verlegt, übertragen sie Daten mit bis zu 300 MBit/s - und zwar gleichviel im Download wie im Upload. Reichen die Glasfasern bis in die Wohnungen (FttH), werden sogar Bandbreiten von 1 GBit/s und mehr erreicht.

Streit ums Geld

Glasfaserausbau Glasfaserausbau
Foto: NetCologne
Doch von einem umfassenden Breitbandausbau mit solch hohen Übertragungsraten scheint Deutschland noch weit entfernt zu sein. Statt im großen Stil mit dem Verkabeln zu beginnen, zanken sich große wie kleine Unternehmen und ihre Verbände untereinander und mit der Regulierungsbehörde um Konditionen, Technik und Standards. Ohnehin schätzen Fachleute, dass der Ausbau der Glasfasernetze mindestens 15 Jahre dauern wird. Das Problem: Glasfaser flächendeckend auszulegen, könnte nach Schätzungen von WIK mindestens 40 Milliarden Euro kosten - zuviel für einen Anbieter alleine. Kooperationen sind angesagt, etwa die gemeinsame Nutzung schon vorhandener und künftiger Infrastrukturen durch Konkurrenzunternehmen, bekannt unter dem Schlagwort "Open Access". Nun geht die Diskussion darum, wer wem wie viel zu bezahlen hat, etwa für die Nutzung von Leerrohren, Schaltschränken oder Multifunktionsgehäusen.

Der mit 90 Mitgliedern größte Branchenverband VATM, dem Konzerne wie Vodafone, Telefónica und 1&1 angehören, setzt sich dafür ein, dass alle Unternehmen auf alle Netze zugreifen können müssten und für alle Marktteilnehmer verbindliche Preislisten gelten sollten. Allerdings betreiben viele der VATM-Mitgliedsunternehmen selbst keine eigenen Netze. Sie wären die Hauptnutznießer solcher Regelungen.

Gegen Festlegungen wehren sich vor allem Stadtnetzbetreiber, die bereits selbst viel Geld in die Verlegung von Glasfasernetzen investiert haben, allen voran die Kölner NetCologne und die Münchener M-net. Die im Bundesverband Glasfaser (Buglas) organisierten Unternehmen sind an Kooperationen mit anderen Unternehmen interessiert, allein um eine ausreichende Auslastung der Netze sicher zu stellen. Sie wollen sich aber nicht dazu zwingen lassen, mit jedem zu festgelegten Preisen zusammenzuarbeiten. Im vergangenen Jahr haben die Buglas-Unternehmen 265 Millionen Euro in Glasfaserleitungen investiert und damit zusammen rund 110 000 Gebäude mit rund 505 000 Wohnungen angeschlossen. Bis 2014 wollen sie bis zu 1,5 Millionen Wohnungen versorgen können.

Einigung in einem Jahr

Während das Bundeswirtschaftsministerium noch kürzlich verlauten ließ, der Wettbewerb der Anbieter sei ausreichender Ansporn, schlägt die Bundesnetzagentur jetzt Alarm. Matthias Kurth, Chef dieser staatlichen Regulierungsbehörde, hat vor wenigen Tagen die Manager der größten Unternehmen an einen Tisch gebracht. Innerhalb eines Jahres sollen sie die Probleme gelöst haben, sonst drohen Sanktionen. Denkbar sei zum Beispiel, so ein Behördensprecher, dass die Bundesnetzagentur künftig auch auf weitere Unternehmen und kleinere Regionen Einfluss nehmen könnte, für welche die Behörde derzeit noch nicht zuständig ist. Der Bundesverband Glasfaser spielt den Ball an den Staat zurück, der selbst Mitverantwortung für die Verzögerungen trage: So lägen beim Bundeskartellamt Entscheidungen über etliche regionale Kooperationen an. Auch sei die öffentliche Förderung des Glasfaserausbaus unzureichend.

Auf der folgenden Seite erfahren Sie, warum hierzulande die Stadtwerke als Vorreiter in Sachen Glasfaserausbau gelten und wie die Planungen bei der Deutschen Telekom aussehen.