Praxistest

E-Postbrief: Guter Vorsprung oder schlechter Frühstart?

Erfahrungen mit dem neuen E-Mail-Angebot der Post
Von / Lars Hessling

Bei den ersten Tests verweigerte die E-Postbrief-Oberfläche den Versand von E-Mails an klassische E-Mail-Adressen. Dies galt auch mit @dp-mail als Absender. Stattdessen wurde ein Fehlercode genannt, den man dem Support mitteilen sollte. Eine Antwort auf eine entsprechende Nachricht erhielten wir aber nicht. Bei erneuten Tests wies das System uns darauf hin, dass eine herkömmliche E-Mail-Adresse keine gültige E-Postbrief-Adresse sei. Der Nutzer könne "abbrechen" oder die Daten korrigieren.

Wer von einem regulären Internet-E-Mail-Konto eine E-Mail an eine existierende E-Postbrief-Adresse im Format vorname.nachname@epost.de verschickt, bekommt etwa drei bis vier Tage später eine Fehlermeldung, die von einem Timeout spricht. Einige Zeit später folgt eine weitere Mitteilung, dass die E-Mail nicht zugestellt werden konnte.

Wenn aber ein E-Postbrief von einem anderen Konto ankommt, erhält der Nutzer auf Wunsch eine SMS-Benachrichtigung auf eine Handynummer seiner Wahl. Dieser SMS-Alarm funktionierte im Test bei E-Postbrief-Nachrichten einwandfrei, bei Mails an die dp-mail-Adresse jedoch nicht.

Insgesamt liegt die Schlussfolgerung nahe, dass eine E-Postbrief-Adresse nicht wirklich mit klassischen E-Mail-Konten zusammenarbeiten soll. Das wäre eine ziemlich radikale Form der Spam-Bekämpfung. Ein Ordner namens "Quarantäne" lässt wiederum vermuten, dass vielleicht doch noch irgend eine Form von Malware oder Spam-Filter vorgesehen ist.

Fazit: Gute Idee - aber mangelhaft umgesetzt

Die Grundidee des E-Postbriefs als amtlich verifizierte, "lebenslange" E-Mail-Adresse wäre gut, wenn die Adresse im E-Mail-Alltag problemlos nutzbar wäre. Ankommende Mails von nicht verifizierten Absendern müssten nur in einen anderen Ordner aussortiert werden, damit könnte man auch der Spamflut Herr werden. Wie man Spam-Filter baut, könnte sich die Post beispielsweise von Anbietern wie GMX zeigen lassen, dabei aber auf allzu nervige Eigenwerbung verzichten.

Das Webinterface des E-Postbriefes ist programmtechnisch aufwendig, ein Abruf vom Internet-Browser einfacherer Handys ist entweder gar nicht oder nur quälend langsam möglich. Somit ist eine mobile Nutzung im Moment praktisch unmöglich.

Um die Nutzung der E-Postbrief-Adresse zu vereinfachen, müsste die Post künftig auch etablierte Protokolle wie IMAP oder POP3 unterstützen. Im Moment muss sich der Nutzer laut den AGBs [Link entfernt] jeden Tag manuell ins E-Postbrief-System einloggen. Gerade am Anfang dürften aber nur wenige Mails eintreffen, weil das System nur kostenpflichtig nutzbar ist. Deshalb steigt das Risiko, dass der Nutzer eine wirklich wichtige Nachricht übersieht. Dieser Fall würde vor allem dann eintreten, wenn die Alarmierung per SMS einmal nicht zuverlässig funktioniert oder der Nutzer irgendwann einmal für dieses "Extra" zahlen müsste.

Viele befragte Anwender haben ohnehin Angst vor der Pflicht, das Postfach täglich abzurufen. Sie wünschen sich einen "Schalter" mit dem der Nutzer dem System seine Abwesenheit mitteilen kann, etwa weil er sich im Urlaub befindet. Mit einer solchen Möglichkeit ließe sich auch ein defekter PC oder ein streikender Internetzugang abfangen. Die beste Lösung des Problems wäre eine Automatik, die dem Absender nach zwei bis drei Tagen Inaktivität mitteilt, dass eine Zustellung der E-Post-Briefe derzeit nicht gesichert ist.

Ist die Post lernfähig?

Im derzeitigen Stadium ist zu vermuten, dass viele Kunden früher oder später ihr E-Postbrief-Konto wieder kündigen werden, wenn die Post nicht nachbessert. Fortgeschrittene Internet-Nutzer dürften die Nutzung des E-Postbriefs und künftig auch von De-Mail schon deswegen verweigern, weil sie bereits über ein Verschlüsselungsverfahren wie PGP verfügen. Viele hätten sich gewünscht, dass diese Schlüssel endlich offiziell anerkannt und breiter einsetzbar wären.

Kritiker geben zu bedenken, dass der Staat wohl kein großes Interesse an einer wirklich voll verschlüsselten und nicht knackbaren User-zu-User-Kommunikation besitzt, da man dadurch im Ernstfall nicht mehr mitlesen könnte. Die Sicherheitsbehörden sollten sich allerdings im Klaren darüber sein, dass Menschen mit bösen Absichten ihre Kommunikation ohnehin so absichern, dass Unbefugte entweder nichts davon mitbekommen oder den Inhalt schlicht nicht verstehen können.

De-Mail ist zur Zeit noch gar nicht nutzbar, lediglich unverbindliche Vorregistrierungen bestimmter Adressen bestehend aus Vorname und Nachname sind bei den zukünftigen Betreibern möglich. Dies liegt darin begründet, dass die De-Mail-Anbieter noch auf das passende Gesetz warten. Daher ist das Vorpreschen der Deutschen Post wohl dem Ziel geschuldet, einen als lukrativ angesehenen Markt möglichst schnell zu erobern, solange die Konkurrenz nur untätig abwarten kann. Für diese Theorie spricht auch, dass die klassische Brief-Post immer mehr Rückgang verzeichnet. Neue Spieler wie die Telekom und United Internet (GMX, Web.de) stellen eine neue Konkurrenz dar, die man liebend gerne so weit wie möglich von diesem Markt fernhalten möchte.

Konkurrenz zeichnet sich aber auch bei der Verknüpfung der klassischen Papier-Post und E-Mails ab, wie das Beispiel G-mail zeigt. Das Mini-Unternehmen hat schon den Suchmaschinen-Riesen Google vor Gericht das Fürchten gelehrt: Google muss hierzulande auf die Domain "gmail.de" verzichten. Die hinter G-Mail stehende deutsche Firma P1 Privat GmbH aus Itzehoe wirbt mit dem Slogan "Echte Briefe kostenlos verschicken". Für die gelbe Post, die für jeden E-Post-Brief 55 Cent haben will, stellt ein solches Angebot einen wahren Alptraum dar.