Benutzer ron's enemy schrieb:
Hallo e, ich habe mal Kommentare zu § 119 gewälzt. Demnach sind zwar Motivirrtümer nicht anfechtbar, wohl aber Irrtümer über den Erklärungsinhalt. Letzteres liegt vor allem dann vor, wenn man sich verschreibt o.ä. Meiner Ansicht nach ist ein Verschreiben vergleichbar mit dem Verwählen am Telefon - unter dieser Voraussetzung wäre ein Verwählen, anders als wir bisher dachten, immerhin nach § 119 anfechtbar. Die Höhe des zu ersetzenden Vertrauensschadens dürfte sich im Verhältnis zu den hohen 0190-Gebühren in Grenzen halten. Was meinst du dazu?
Ron's enemy
Beim Motivirrtum deckt der Wille die Erklärung, aber der Wille wurde auf fehlerhafter Grundlage gebildet. Beim Erklärungsirrtum (Vertippen) fallen Wille und Erklärung auseinander. Der Erklärende äußert etwas anderes, als er eigentlich erklären will (Irrtum in der Erklärungshandlung). Es gibt aber noch den Inhaltsirrtum, bei dem der Erklärende erklärt, was er will, aber nicht weiß, was er damit sagt (Irrtum über die Identität des Geschäftspartners oder des Geschäftsgegenstandes).
Beim Versehentlichen Anwählen eines Premium Rate Dienstes bei TeleTeam Work anstatt der tatsächlich gewollten Sprachtelefonie über einen Billigprovider liegt meiner Meinung nach kein Motivirrtum vor, weil schon der Wille nur auf den Abschluß eines Telefondienstvertrags des Telekommunikationsunternehmens (vgl. § 3 Nr. 16, 19 TKG) gerichtet war, und gerade nicht auf eine "weitere Dienstleistung" eines Premium Rate Dienstes.
Hat sich der Erklärende unbewußt bei der Anwahl vertippt, dann fallen nach meiner Meinung eindeutig Wille (Anwahl Billigprovider zwecks Sprachtelefonie) und Erklärung (Anwahl des Premium Rate Dienstes) auseinander. Daher Anfechtung als Erklärungsirrtum.
Denkbar wäre aber auch der Inhaltsirrtum, denn der Erklärende täuscht sich ja auch idR über den Netzprovider. Er wollte ja nicht über Talkline telefonieren. Wäre aber nur relevant, wenn der Erkärende die 0190er Mehrwertdienstnummer bewußt angewählt hat, aber irrig in der Annahme war, er würde einen anderen Billigsprachtelefonieprovider anwählen.
Vertrauensschaden:
a) Der Schaden wird ermittelt durch die Differenzhypothese:
hypothetische Lage ohne Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung: kein Vertragsschluss mit Erklärendem, keine evtl. Aufwendungen für die Erfüllung eines Vertrages
möglicherweise Vertragsschluß mit einem anderen Telefonie oder Mehrwertdienstkunden
reale Lage: kein Vertrag mit Erklärendem. Aber Vergütungspflicht von Talkline an Tele Teamwork?
Nach meiner Meinung nein, denn die erklärte Anfechtung erstreckt sich auch auf den zwischen dem Kunden und Tele Team Work geschlossenen Vertrag auf "Unterhaltung" (welcher Art auch immer).
§ 139 BGB bestimmt nämlich, daß bei Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäftes das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehemen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
§ 139 BGB ist auch anwendbar (Staudinger, § 123 RN 37, Soergel § 123 RN 36), obwohl es sich strenggenommen ja um zwei verschiedene Rechtsgeschäfte handelt. Beide Vereinbarungen "stehen und fallen" (BGH DB 1976, 1497; BGH NJW 1990, 1474) aber miteinander, der Einheitlichkeitswille einer Partei ist, wenn er von der anderen erkennbar war und hingenommen wurde, schon ausreichend (vgl. hierzu Palandt § 139 RN 5 ff. mwN).
b) Nach § 122 I BGB wird der Schadensersatzanspruch von Talkline auf das begrenzt, was er bei ordnungsgemäßem Vollzug des Telefonievertrags erhalten hätte, also Talklines Gewinn aus dem Televonievertrag.