Benutzer preisspecht schrieb:
Leider konnte ich einen Punkt in den Ausführungen von Gerichtpräsidenten Papier nicht genau interpretieren. Für IP-Adress-Abfragen liegt die Schwelle deutlich niedriger, nicht schwere STRAFTAT, sondern schon schwere ORDNUNGSWIDRIGKEIT soll hier genügen. Heisst das, dass der private User, der sich ggf. mit Filesharing eine Datei illegal runterlädt nur für sich selbst nicht per IP-Adresse ermittelt werden darf, derjenige, der das aber über seinen Rechner in -zig facher Weise verbreitet, schon?
Eine Beauskunftung der Adressdaten anhand der IP-Adresse ("Bestandsdatenauskunft", "mittelbare Verwendung von Verbindungsdaten") war und ist bei beliebigen Straftaten ohne richterlichen Beschluss möglich. Das liegt daran, dass hier nur Adressdaten anhand einer schon bekannten IP-Adresse herausgegeben werden, keine Verbindungsdaten selbst. Die Postadresse ist unabhängig von konkreten Verbindungen und unterliegt nicht dem Fernmeldegeheimnis und etwas anderes wird nicht übermittelt. Immerhin bringt das Urteil hier die kleinen positiven Neuigkeiten, dass
- im Bereich der Strafverfolgung ein Anfangsverdacht, also die Voraussetzung zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, oder im Bereich der Gefahrenabwehr eine konkrete Gefahr vorliegen muss,
- bei bloßen Ordnungswidrigkeiten ein Zugriff ausdrücklich bei der jeweiligen Ordnungswidrigkeit, die "gewichtig" sein muss, geregelt sein muss,
- der Betroffene über eine Beauskunftung künftig benachrichtigt werden muss.
Das Verbreiten auch einzelner Raubkopien beim Filesharing ist eine Straftat, damit bleibt eine Identifizierung zulässig.
Das Kriterium des "gewerblichen Ausmaßes", das du wahrscheinlich meinst, spielt nur insoweit eine Rolle, als dann nicht nur die Staatsanwaltschaft identifizieren darf, sondern auch der Rechteinhaber direkt (§ 101 UrhG). Beides dürfte meist aufs Gleiche hinauslaufen, denn erstens hat die Rechtsprechung das Erfordernis des gewerblichen Ausmaßes schon kräftig ausgehöhlt und sieht es teils schon bei Verbreitung eines einzelnen Films als gegeben an, zweitens können die Rechteinhaber auch ohne eigene Auskunft die Daten im Wege der Akteneinsicht erfahren (so lief es bis 2008 nur).
Wer sich dagegen schützen möchte, braucht einen VPN-Anonymisierungsdienst, möglichst ohne Vorratsdatenspeicherung und/oder im Ausland und/oder nicht kooperierend. Das ist legal. Beim Filesharing sind außerdem meist Portweiterleitungen nötig wegen NAT (eingehende Verbindungen müssen beim Rechner landen; VPN-Dienste verwenden meist Sammel-IPs für viele Nutzer, so dass eine Zuordnung nicht ohne Weiteres klappt und dann viele Tauschclients ausscheiden). Die meisten Surfer scheinen das aber nicht zu kapieren und ausgesprochen gern abgemahnt zu werden; letztens habe ich einen Torrent-Client gesehen und soweit ersichtlich war die IP keines - auch deutschen - Uploaders verschleiert.
Wobei bis zum Schaffen eines neuen Gesetzes theoretisch erst mal nur Abrechnungsdaten gespeichert werden dürfen. Dazu zählen IP-Adressen nicht. Es gibt keinen Tarif, in dem nach IPs abgerechnet wird. Die meisten ISPs die T-Online, Arcor, Hansenet usw. speichern sie aber trotzdem rechtswidrig, wenn auch nicht 6 Monate, so dass der Wegfall des Zugriffs auf die (nicht mehr existenten) Vorratsdaten sich praktisch nur begrenzt auswirken dürfte.
Ausführliche Pressemitteilung:
Verbindlich ist das Urteil, nicht die Pressemeldung.