"lowtechdesign" schrieb:
VoIP ist eine Technologie, und kein Produkt oder Dienst.
Also ist es auch egal, wo im Call die Technologie eingesetzt wird.
Diese Folgerung ist für mich nicht logisch, denn ...
Man spricht auf vom volldigitalisierten Telefonnetz (seit 1998 auch in Deutschland), obwohl es noch Millionen von analogen Teilnehmeranschlüssen gibt.
... gerade Dein Beispiel zeigt sehr schön, worauf es mir ankommt! Ich erkläre das gleich.
Unser Telefonnetz ist nämlich nur _beinahe_ volldigital. Denn die "letzte Meile" zum Kunden wird ja oft noch analog betrieben! Deshalb unterscheidet die T-Com ja zwischen analogen T-Net-Anschlüsse und digitale T-ISDN-Anschlüssen; nicht nur ein großer technischer Unterschied, sondern auch ein Unterschied im Grundpreis und (zumindest früher mal) in deren Tarifen.
Es ist also absolut sinnvoll, zu sagen: "Ich führe ein Analoggespräch" oder "Ich führe ein ISDN-Gespräch" (man könnte ja sogar beide Anschlussarten zugleich im Haus haben, wenn man wollte).
Gemeint ist immer, auf welchem Weg das Gespräch das Haus verlässt und "raus" ins Netz geht!
Da ist es für den T-Net-Kunden völlig irrelevant, dass seine Gespräche ab der Vermittlungsstelle volldigital vermittelt werden. Für ihn ist sowohl technisch als auch tariflich nur relevant, dass er T-Net hat: das ist entscheidend für die anschließbaren Telefone oder TK-Anlagen, das bestimmt die zur Verfügung stehenden Dienstmerkmale, das bestimmt sein Kosten mit.
Genau in diesem Sinne halte ich es für logisch, nur dann von einem VoIP-Telefonat zu sprechen, wenn das Gespräch mein Haus per Internet verlässt!
Wie im Vorgängerbeispiel T-Net vs. T-ISDN brauche ich auch hier wieder ein zur Technik passendes Endgerät (in diesem Fall also ein Softphone, einen ATA oder direkt ein VoIP-Telefon) und habe eng mit der Technik verbundene eigene Tarife (kostenlos bei reinen Internet-Gespräche oder entsprechend des gewählten VoIP-Anbieters).
Als vierte und fünfte Technik könnte man noch die Handynetze (= GSM-Telefonie) und Satelliten-Telefonie nennen. Jeweils brauche ich die passenden Endgeräte, die Gespräche verlassen "mein Haus" auf technisch unterschiedlichen Wegen und es gibt spezifische Nutzungskosten.
Oder ist dann ein über ATA angeschlossenes DECT Telefon auch kein VoIP?
Doch, ist es (nach meiner Sichtweise) immer noch, da das entscheidende die Schnittstelle von mir ("mein Haus") nach draußen ("das Netz") ist. Weil das Gepräch per Internet raus geht, ist es ein VoIP-Gespräch.
Nach Deiner Sichtweise dürfte übrigens ein GMX-VoIP-Telefonat zu einer Festnetznummer gar nicht VoIP genannt werden, weil ja ein Teil der Verbindung, nämlich von GMX bis zum Zielteilnehmer, mit konventioneller Technik erledigt wird. Nach meiner Sicht sind diese Details der Vermittlungstechnik eben egal; entscheidend ist, dass das Gespräch von mir weg (und hin zu GMX) per Internet läuft und ich deshalb von einem VoIP-Telefonat sprechen kann.
Ein Bekannter von mir war übrigens mal per DECT am Anschluss eines Freundes "beteiligt", von dem er dann monatlich eine kleine Privatrechnung über seinen Telefonkostenanteil bekam. Hier hätte ich dann tatsächlich aus Sicht des Bekannten von DECT-Telefonaten gesprochen :-)
Neue Dienste nutzen VoIP als Marketing-Begriff, um z.B. günstige Tarife zu suggerieren. Damit verändert sich die Art, wie der Begriff verstanden und eingesetzt wird. Flatrates sind ja auch nicht flat. Wo liegt das Problem?
Ich denke, wenn Werbung und Marketing technische Begriffe ungenau oder sogar falsch verwenden, ist das zum Schaden aller!
Dass ein Begriff falsch verwendet wird, macht es doch nicht automatisch richtig, oder? Wenn irgendeine Firma eine Volumenpauschale fälschlich als "Volumenflatrate" bezeichnet und damit jedem etablierten Begriff von Flatrate (= Fixbetrag pro Monat, egal wie lange und wie viel genutzt - eben ohne Grenzen) widerspricht, dann verliert das Wort Flatrate dadurch nicht gleich seine Bedeutung! Es bleibt einfach eine Falschnutzung des Wortes - und teilweise würde ich sowas sogar im Bereich bewusste Kundentäuschung ansiedeln ...
Ungenauigkeiten und Falschnutzungen bei technischen Begriffen (gezielt oder aus Unwissen, egal) führen nur dazu, dass Werbung missverständlich oder sogar irreführend wird. Das hilft kundenunfreundlichen Unternehmen, Abzokkern und Betrügern! Was Gutes kann ich nicht darin sehen ...
Je klarer und genauer die Begriffe verwendet werden, desto leichter kann sich der Kunde informieren und informiert entscheiden!
Deshalb ist meine Bitte (auch an teltarif.de): Lasst uns nicht vor Werbung & Co. kapitulieren! Wenn weiterhin als falsch oder irreführend angekreidet wird, was falsch oder irreführend ist, hilft das uns allen!
Ciao,
__ Martin