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Kein Thema


20.08.2009 12:33 - Gestartet von der_inquisitor
Bislang herrscht laut Koch unter Juristen die Ansicht, dass ein Preis an sich kein Angebot, sondern nur eine Einladung zu einem Vertrag ist. Dieser kommt erst mit der Bestätigung des vom Käufer akzeptierten Preises durch den Verkäufer zustande.

Diese "Ansicht" ist völlig unstrittig. Produktangebote in Online Shops stellen ebenso wie die Auslage in jedem Ladengeschäft eine sog. "invitatio ad offerendum" (Aufforderung zur Abgabe eines Angebots) dar und sind zunächst nicht bindend.
Die darauf folgende Bestellung des Käufers stellt dann ein verbindliches Vertragsangebot dar, das der Verkäufer annehmen muß damit ein verbindlicher Vertrag zustandekommt. Erst wenn der Verkäufer _vorbehaltslos_ die Annahme erklärt hat und somit ein Vertrag begründet wurde, besitzt der Käufer Anspruch auf die Lieferung der Ware gegen Zahlung des ausgewiesenen Kaufpreises.
Die Annahme des Versandhändlers besteht dabei meist in einer Auftragsbestätigung, Zahlungsaufforderung oder spätestens in der Lieferung der bestellten Ware.
Diese unstreitige Ansicht vertrat das Gericht auch offensichtlich:

>"Das Gericht legte den Schwerpunkt darauf, dass dadurch, dass
>der Preis so eingestellt und eine Bestätigung herausgeschickt
>wurde, ein Vertrag zustande kam und der Versandhändler daran
>gebunden bleibt", erläuterte Koch.

Die Problematik in den Fällen der falschen Preisauszeichnung liegt also nicht wie im Artikel falsch dargestellt im Vertragsschluß, sondern in der irrtumsbedingten Anfechtung nach § 119 BGB. Wenn eine der Vertragsparteien bei Abgabe der Willenserklärung (Angebot bzw. Annahme) im Irrtum über den Inhalt der Erklärung (insbesondere des Preises) war, kann sich diese durch Anfechtungserklärung vom Vertrag lösen. Allerdings muß diese Anfechtungserklärung gem. § 121 Abs. 1 BGB _unverzüglich_ erfolgen, was im vorliegenden Fall versäumt wurde.
Hilfsweise zur Anfechtung wird seitens der beklagten Partei im Prozeß auch regelmäßig bestritten, daß vollautomatische Bestellbestätigungen mangels menschlicher, willentlich bestimmter Einwirkung überhaupt eine Willenserklärung darstellen, eine Annahme des Vertragsangebots und somit ein Vertrag also nicht vorläge. Diese Ansicht wird jedoch abgelehnt, denn wer vollautomatische Bestellbestätigungen einrichtet, der erklärt damit, daß er alle Bestellungen vorbehaltlos annehmen möchte.
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[1] Diplomarbeitsthema?
GrößterNehmer antwortet auf der_inquisitor
20.08.2009 22:11
Benutzer der_inquisitor schrieb:
Hilfsweise zur Anfechtung wird seitens der beklagten Partei im Prozeß auch regelmäßig bestritten, daß vollautomatische Bestellbestätigungen mangels menschlicher, willentlich bestimmter Einwirkung überhaupt eine Willenserklärung darstellen, eine Annahme des Vertragsangebots und somit ein Vertrag also nicht vorläge. Diese Ansicht wird jedoch abgelehnt, denn wer vollautomatische Bestellbestätigungen einrichtet, der erklärt damit, daß er alle Bestellungen vorbehaltlos annehmen möchte.

Sehe ich ganz genauso. Unter anderem um solche Fälle zu vermeiden existiert diese Regelung ja. Mal andersrum überlegt: was wäre wenn der Verkäufer nachträglich noch den Irrtum erklären könnte? Da ja auch Zahlvorgang und Versand automatisch ablaufen könnten, könnte der Verkäufer ja nach dem "Automatisch-Argument" sogar noch eine Zeit nach dem Versand den Irrtum erklären (mal auf die Spitze getrieben). Dadurch wäre bei Waren mit stark schwankenden Preisen ein völlig neues Geschäftsmodell möglich: Ware zum günstigen Preis verkaufen und wenn der Marktpreis in der Zeit nach dem Kauf ansteigt einfach den Irrtum erklären und die Artikel noch mal teurer verkaufen.

Ist ja andererseits auch einzusehen, dass gerade große Händler nicht jeden Kauf von Mitarbeitern auf Korrektheit prüfen lassen können und Fehler passieren halt immer. Aber das ist halt Geschäftsrisiko, das über die Marge zu decken ist.

Das Problem ist ja hier der hohe Verlust den Quelle durch den Fehler erlitten hat (und sicher noch mal anständig durch Gerichts- und Anwaltskosten erhöht hat). Das wiederum hätte aber auch in einem automatischen Prozess von Software verhindert werden können. Wäre sicherlich eine nette Diplomarbeit für einen (Wirtschafts-)Informatiker: wie kann ich durch Softwareunterstützung solche Fälle vermeiden oder vermindern? Z.B. ab einem Warenwert von x , einer Abweichung vom UVP um x%, bei auffällig vielen Bestellungen eines neu eingestellten Artikels in kurzer Zeit,... die Bestellung durch einen Mitarbeiter prüfen lassen. Finde ich ein superspannendes Thema. Abhängig von Warengruppe etc. die Wahrscheinlichkeit eines falsch eingestellten Preises zu berechnen und alle Werte größer x% werden von einem menschlichen Kollegen geprüft. Ich würde sogar wetten, dass so eine Software bei einigen großen Händlern (vielleicht Amazon) schon existiert.

Also Diplomanten: fragt eure Profs! Mit Arcandor (Mutterkonzern von KarstadtQuelle) hätte man bestimmt schon einen interessierten Unternehmenspartner... :)

Gruß
GrößterNehmer