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Das Leben auf dem Land und die deutsche Telekom ein Totalausfall


01.03.2016 12:10 - Gestartet von MrDaywalker
Letztens im Radio hörte ich einen Bericht, in dem es hieß, dass es einen neuen Trend gerade junger Familien gibt, aus der Stadt wieder in ländliche Gebiete zu ziehen. Weg vom Straßenlärm, der belasteten Luft und der allgemeinen Hektik. Die Kinder können wieder ohne Angst draußen spielen und Natur erleben. Eine idyllische Vorstellung.
Gewisse Widrigkeiten, wie die schlechtere Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und die eingeschränkteren Einkaufsmöglichkeiten werden bewusst in Kauf genommen. Und für die Anbindung an die Multimediale Welt gibt es ja auch auf dem Land das Internet. Unsere Bundesregierung hat ja immerhin beschlossen, 2 Milliarden Euro unserer Steuergelder für den Ausbau der Netze gerade in ländlichen Regionen in die Hand zu nehmen. So schlimm kann das auf dem Land mit dem Internet dann ja wohl nicht sein.
Soweit die Theorie
Genau in einer solchen ländlichen Region leben wir. Ein Hof mitten im Nichts. Rundherum Feld, Wald und Wiesen. Ruhig und idyllisch. Aber auch wir wollten natürlich nicht auf die Errungenschaften der Modernen Kommunikationstechnik und medialen Inhalte verzichten. 2009 kündigten wir daraufhin unseren alten Telekom-Anschluss mit DSL-Light und ISDN-Telefonie und wechselten zu V.fone LTE. Etwas zähneknirschend betrachteten wir unsere monatliche Rechnung von um die 85€. Naja gut. Auf dem Land leben ist halt manchmal etwas teurer (Autos, Fahrten zur Arbeit usw). Etwas mehr ärgerten wir uns schon über das eingeschränkte Übertragungsvolumen. 15GB monatlich sind in Zeiten von Netflix und Co. in beeindruckender HD-Qualität nicht gerade eine Luxus-Ausstattung. Kommen dann noch Dinge wie Spotify und Video-Telefonie dazu, wird es da schon schnell mal eng. Nun gut, der ISP bietet einem ja die Möglichkeit, für günstige 14,99€ weitere 10GB hinzuzukaufen. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt was ein Panzer kostet. Aber die jährlichen Kosten für Telefon und Internet mal ausgerechnet drängte sich uns immer mehr der Eindruck auf, die Lösung ist nicht optimal. Da muss es doch noch etwas anderes geben. Und so führten uns lange Recherchen zur Telekom. Ein echter ISDN-Anschluss plus 30GB über LTE für 49,95. Für weiter 15€ die Möglichkeit weitere 30GB hinzu zu buchen. Für meine bisherige Gründgebühr bekäme ich bei der Telekom dementsprechend 60GB. Das sollte dicke reichen.
Alles ganz einfach. Anschluss bei der Telekom online beantragt. Hardware war bei mir mit einer Fritz-Box LTE und einer Außenantenne soweit vorhanden. Die alte Kupferleitung von dem damaligen Anschluss existiert. Soweit sollte alles kein Problem sein. Auch die schnell durchgeführte Online-Verfügbarkeitsprüfung fand keine Hindernisse. Daraufhin Post von der Telekom erhalten: Portierungstermin 9.11.2015. Super. Das war ja einfach.
Weit gefehlt.
Da der 9.11. verstrich und ich erstaunlicher Weise weder weitere Post von der Telekom erhalten hatte und ich zudem weiter über meinen VF Anschluss surfen und telefonieren konnte beschlich mich das Gefühl, irgendetwas funktioniert hier nicht. Ran ans Telefon. Zunächst VF. Ja, man hat meine Kündigung erhalten, und ja, der Schaltungstermin musste auf Wunsch der Telekom um einen Monat verschoben werden aus technischen Gründen. Aha. Anruf bei der Telekom-Hotline (erfreulich kurze Wartezeiten muss man ehrlich zugeben). Dort erfuhr ich, dass es tatsächlich Schwierigkeiten mit der Schaltung gibt. Es scheinen „technische Arbeiten“ von Nöten zu sein, um meinen ISDN-Anschluss an der Vermittlungsstelle bereitzustellen. Nun gut. Dank der gesetzlichen Weiterversorgungspflicht in Deutschland behielt mich VF in meinem Vertrag und ich war Gott sei Dank nicht mitten im Nichts von der Außenwelt abgeschnitten. Einige Tage später einen Anruf auf meiner Mailbox. Die Telekom. Mein persönlicher Auftragsbetreuen. Ich solle mich mal melden. Es gäbe da einige Fragen zu klären. Gut, mach ich. Der Rückruf ergab, dass man unsere Adresse nicht finden konnte. Ich müsste mich bei der Bauherren-Abteilung melden, da man uns wohl erst mit einer Anschlussleitung versorgen müsste. Meine Frau hatte bei unserem alten Telekom-Anschuss Gut Müllerhof 0 (nicht unsere richtige Adresse ;-)). Und ich Müllerhof 1. Es gibt ja nur einen. Und außer einem Feldweg gibt es ja auch keine Straße. Nun schön. Das Problem konnte ich der Kollegin am Telefon erklären. Dann sollte es ja jetzt keine Probleme mehr geben. Eine Leitung war ja vorhanden und Telekom-LTE-Empfang hatte ich nach Auswertung meiner Fritzbox-Empfangsdaten hier auch. Sogar besser als bei VF. Und schon wieder irrte ich mich. Wochen später inzwischen Ende Dezember- ein Anruf der Clearing Abteilung (was es bei der Telekom nicht alles gibt). Frau S. aus der Clearing-Abteilung teilte mir mit, dass sie weiterhin Schwierigkeiten habe, mir meinen Anschluss zu schalten. Das System würde ihr eine Fehlermeldung geben, mit der niemand in der Abteilung etwas anfangen konnte.Das System scheine nicht zu wissen, dass es unseren Wohnort überhaupt gäbe. Ich müsste mich weiterhin gedulden. Ich versicherte mehrfach, dass es ihn gibt. Ich wäre mir da ganz sicher. Ich wohne schließlich dort. Naiv dachte ich, man würde „dem System“ jetzt sagen, dass es am Müllerhof 1 einen Anschluss und LTE-Empfang gibt und damit wäre das Problem erkannt und zu lösen. Im weiteren Verlauf dann bis Mitte Januar mehrere Anrufe von der Clearerin Frau S. mit erneutem Abgleich der Adressdaten und den immer wiederkehrenden Beteuerungen, man werde sich kümmern.
Kein weiterer Anruf von Frau S. Ich konnte Telefonieren und hatte Netz. Ich war geduldig. Das änderte sich am 21.2.!!!! Nun konnte ich plötzlich nicht mehr telefonieren und der Internetzugang war tot. Anruf bei VF. Man teilte mir mit, die Übergabe an die Telekom sei erfolgt und mein VF-Anschluss dementsprechend abgeschaltet worden. Soso!?! Mal sehen. Anruf bei der Telekom. Nein, es gäbe weiterhin eine Versorgung über VF. Die gute Frau S. hätte eine Mail an VF geschickt mit der Bitte um Weiterversorgung. Leider sehe es aber so aus, als wäre eine Schaltung bei mir nicht möglich. „Das System“ (schon wieder dieses ominöse System)sagt, das es an meiner Adresse kein LTE gibt. Da könne man leider nichts machen. Wie bitte? Man kann dem System nicht sagen, dass unsere Adresse existiert und dass es Funkempfang an dieser Stelle gibt? So einfach wäre das leider nicht. Er würde sich kümmern (aha, kenn ich schon) und Frau S. würde sich schnellstmöglich bei mir melden.
2 Tage später ging mein VF-Anschluss wieder.
Nun das große Finale. Am 29.2. Ein Anruf eines Telekom-Mitarbeiters aus der Abteilung für Kommunikation zwischen den Netzbetreibern. Aha. Hatte das Gefühl, schon einen Großteil der Telekom-Abteilungen durchlaufen zu haben. Der Kollege am Telefon sagte, er müsse mir eine traurige Mitteilung machen (das klang irgendwie wie ein Polizist in einem schlechten Krimi). Es wäre leider nicht möglich, mir den beauftragten Anschluss zu liefern. Meine Geduld schin sich innerhalb von Sekunden in Luft aufzulösen. Es folgte die logische Frage meinerseits, wo denn das Problem liege? Das wäre schwierig zu erklären und ich würde es wohl nicht verstehen. Die nicht mehr vorhandene Geduld wurde ersetzt durch langsam anschwellende Halsvenen. Der Bitte, er solle es doch wenigstens mal versuchen folgten wirre Erklärungsversuche.Erstmal wurde wieder auf die falsche Adressangabe hingewiesen. Unter der „alten“ Adresse gäbe es ja eine Leitung, unter neuen eben nicht. Ok, verstehe. Also Ändern wir die Adresse im Auftrag und alles geht!?!So einfach wäre es nicht. Es gäbe Computerprogramme, die für die Einrichtung verantwortlich wären (dahinter steckt wohl dieses ominöse „System“), und wenn diese sagen, es würde nicht gehen, dann wäre das so. Oh, habe ich schon mal gehört. Meine Frage, warum man den Programmen nicht einfach sagt, dass es geht wurde mit dem Hinweis beantwortet, man müsse erst mal eine Leitung zu unserem Hof legen! Bitte was? Frage: Wofür braucht man für LTE eine Leitung? Das is doch Funk! Nein, bei der Telekom benötigt jeder Anschluss, also auch Call und Surf via Funk eine fest installierte Leitung. Ja, das ist gut, die haben wir ja . Kann ich anfassen. Sehen. Ist vor einem Jahr nach einem Schaden erst repariert worden (meine Schwiegereltern, welche ebenfalls hier wohnen nutzen diese nämlich auch). Somit haben wir die Voraussetzungen für ISDN. Meine Beteuerungen, dass ich hier auch eine vollkommen ausreichende Netzstärke des Telekom-LTE habe (Messwerte der Fritzbox) verliefen im Sand. Das würde aber nicht den Qualitätsansprüchen des Unternehmens genügen. Mir schien, wir begeben uns auf die nächste Ebene der Argumentation. Fast flehend sagte ich dem argumentativ deutlich schwimmenden Mitarbeiter, dass mir eine nicht vollständige Bandbreite von sagen wir mal 15-20 Mbit anstatt der versprochenen 100Mbit vollkommen reichen würde. Er müsse sich da keine Gedanken machen. Ich bräuchte nur eine SIM und die Zugangsdaten. Bitte! So einfach wäre das leider nicht (schon wieder). Er hätte bei IT-Deutschland angerfragt (wohl eine weitere Ateilung in meiner Telekom-Kariere) und hätte die Antwort erhalten, dass eine „Umberatung“ zu erfolgen hätte. Hä? Umberatung? Wohin? In Richtung Steinzeit-DSL-light-ISDN-Anschluss? Wenn ich das gewollt hätte, hätte ich wohl nicht gekündigt und einen Auftrag an die Telekom erteilt. Nun ja, etwas anderes könne er mir nicht anbieten (es folgte noch ein kurzer Hinweis, dass die Telekom ja auch gar nicht verpflichtet sei, mich mit dem entsprechenden Produkt zu versorgen). Dieser Kommentar forderte mir zugegeben schon einiges an Selbstbeherrschung ab, zeigte aber deutlich, wie sehr die Telekom an mir als Landbewohner interessiert ist. Mit der inzwischen errungenen Sicherheit, das dieses Telefonat und auch alles weiteren keinen Weg zum Erfolg darstellen kündigte ich an, meinen Anschluss zu stornieren und mich um Alternativen zu bemühen.
Nach dieser doch etwas ernüchternden Erfahrung stellen sich mir einige Fragen, welche ich gerne mal zur öffentlichen Diskussion stellen würde.
Als Steuerzahler frage ich mich, warum wir 2 Milliarden Euro Subventionen an die Netzbetreiber zahlen, wenn diese dann nicht einmal in der Lage sind, vorhandene Infrastruktur sicher zu beherrschen und den Kunden verfügbar zu machen.
Eine weitere Frage ist, ob die Telekom wohl der Herrschaft einer künstlichen Intelligenz unterworfen ist (diesem ominösen System), welches den Mitarbeitern sagt, was geht und was nicht anstatt umgekehrt. Kontrollverlust? Stehen wir kurz vor der Weltherrschaft dieses Systems?
Und zuletzt etwas allgemeiner gefragt. Kommt man sich als Landbewohner nicht ein wenig vor wie Multimediamensch zweiter Klasse und Melkkuh der Telefonanbieter. 85€ für 21Mbit mit 15GB Übertragungsvolumen. Da lachen sich die Städter halb krank. Und wir dürfen uns am Telefon dann Diskusionen anhören, welche sich unter „friss oder stirb“ zusammenfassen lassen. Sie sind ja nicht gezwungen, zu uns zu kommen. Wahnsinn.
Nun gut, soweit meine Erfahrungen mit dem Landleben und den modernen Errungenschaften der Kommunikationstechnik.
Freu mich auf rege Diskussion
MfG
T.Schröder