Benutzer hrgajek schrieb:
Bei den 00599 Nummern sollen die Gespräche (mit Zustimmung der Zielgesellschaft??) gleich in Europa geblieben sein. Bei einem Testanruf vor zig Jahren , als man noch viel per Satellit verbunden hat, fiel auf, dass die Tonqualität extrem gut war und mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Anrufe nie in Übersee "ankamen".
Richtig, ich erinnere mich dunkel, dass auch manche Gespräche nach Mexiko in Wirklichkeit irgendwo in Berlin landeten. Bei den Fallbeispielen Chile und Hong Kong betrieben die Anbieter aber tatsächlich Partylines in den betreffenden Ländern und hatten dafür auch deutschsprachiges Personal angeheuert.
Heutzutage ist natürlich wirklich alles möglich - durchs Internet, IMS-Plattformen, Trunking mit "CLIP no Screening", VoIP generell. Da kann man als Krimineller problemlos in Peking sitzen, unbedarfte Rentner in Hamburg anrufen und dabei die Festnetznummer der Polizei mitsenden. Jeder Schüler könnte vom Kinderzimmer aus eine Partyline betreiben. Damals hingegen musste man dafür noch zwei bis drei PMX-Anschlüsse und eine teure Telefonanlage von Aspect haben. Da konnten die Investitionen schonmal die Millionengrenze (in DM) knacken.
Frage zum "Bill & Keep"...
Eine "Insel" oder "Ministaat"-Telco hat kaum regulären ankommenden Traffic und möglicherweise auch wenig abgehenden Traffic, d.h. wenn sie nur die lokalen Einnahmen (von Anrufern, die ins Ausland wählen möchten) "behalten", könnte das am Ende nicht "ausreichen"... Oder hab ich da einen Denkfehler? :-)
Nein, das ist natürlich vollkommen richtig mitgedacht. Netzbetreiber, die generell wenig ankommende Rufe haben, sind von diesem Problem betroffen. Daher müssen diese Gesellschaften dann für eingehende Rufe von ihren Kunden Geld nehmen. Man zahlt also nicht nur für abgehende Rufe, sondern auch für eingehende Rufe. Im Prinzip, wie man es vom Roaming kennt.
In den USA gilt Bill&Keep. Dort zahlt man entweder jede eingehende Minute oder bucht einen Plan mit einem Kontingent oder Unlimited. Auf jeden Fall muss man immer schauen, was für einen Outbound-Plan und auch *Inbound-Plan* man nimmt. Bei den Mobilfunkverträgen ist eine Incoming Airtime enthalten. Für Kunden, die sich damit nicht auseinandersetzen wollen, gibt's natürlich Verträge wie Sand am Meer, wo alles mit drin ist.
Deswegen funktionieren in den USA auch keine Shared Cost Nummern, und es gibt auch keine Anbieter, die von den IC-Charges leben. Ein Geschäftsmodell wie das von Sipgate gibt's dort nicht. Man findet also keinen Anbieter, der eine kostenlose Telefonnummer bietet, sich dann aber von eingehenden Rufen finanziert. Man muss als Kunde immer irgendwie bezahlen: Entweder nur für die Rufnummer, oder für die Rufnummer mit einem eingehenden Kontingent oder nur für die eingehenden Rufe.
Ein Inselstaat, der weder viele eingehende noch abgehende Rufe hat, müsste folglich eine sehr hohe Grundgebühr nehmen. Die Sache ist eigentlich ganz einfach.
Sipgate müsste, so leid es mir tut, dann eine Grundgebühr für die geografischen Rufnummern nehmen und/oder für eingehende Rufe Geld verlangen. Ein Beispiel, wie das in den USA aussieht, findet man beim VoIP-Anbieter Callcentric:
https://www.callcentric.com/rate/plans/
Pakete / Tarife für abgehende Gespräche
https://www.callcentric.com/did/
Pakete / Tarife für eingehende Gespräche (mit geografischer Rufnummer inkludiert)
Man braucht dann auch keine eigenen Vorwahlen für Mobilnetze mehr, weil ja sowieso jedes Gespräch gleich viel kostet. Wenn ein Mobilnetzbetreiber Geld für den Ausbau seines Netzes benötigt, muss er dieses von *seinen* Kunden einsammeln, und nicht als geheime Subvention per hoher Interconnection-Gebühren, wie es in Deutschland jahrzehntelang der Fall war. Sogar mit Zuschlag für die E-Netze, weil diese ja mehr Stationen bauen mussten. Irrsinn hoch zehn!
Die Interconnection-Gebühren für die damaligen E-Netze waren seinerzeit derartig überhöht, dass solche Angebote wie "Loop Easy Money" erst entstehen konnten. Dabei handelte es sich bekanntlich um ein Geschäftsmodell, bei dem der Kunde an den hohen Einnahmen für eingehende Rufe beteiligt wurde. Und was passierte? Studenten riefen sich über Anbieter wie "Americom *0#" selbst an, um Geld zu verdienen. Americom-Gespräche gingen über Deutschland-
USA-Vietnam-Deutschland; die Qualität war so schlecht, dass man nichts verstehen konnte, aber das war ja egal! Hauptsache das Ungleichgewicht der IC-Charges passte, so dass man mit Telefonaten einmal um die Welt legal Geld verdienen konnte.
Ich wäre sehr froh, wenn - zumindest in Deutschland - endlich Bill&Keep eingeführt werden würde. Das wäre wirklich transparent. Anbieter mit Geschäftsmodell wie Sipgate müssten dann allerdings radikal umdenken.