Wie im Editorial geschrieben, steht zwar in den Paypal-AGB, dass es ein Zahlungsdienst ist, in der Paypal-Käuferschutzrichtlinie hingegen, dass es sich um eine Versicherung handelt. Entscheidend ist für mich hier der Satz: "Die Erstattung erfolgt unabhängig davon, ob PayPal den Erstattungsbetrag von dem Zahlungsempfänger zurückfordern kann." Da der Widerspruch zwischen Paypal-AGB und Paypal-Käuferschutzrichtlinie zu Lasten von Paypal auszulegen ist, ist also Paypal aus Käufersicht eine Versicherung, kein reiner Zahlungsdienstleister.
Aber eine Versicherung wogegen? Ja, das Produkt von Paypal beinhaltet eine Art Versicherung. Aber es ist eben keine Versicherung gegen alle möglichen negativen Folgen des Vertragsschlusses, sondern einfach nur eine Versicherung gegen Zahlungsunfähigkeit oder sonstige Nicht-Eintreibbarkeit bei bestimmten berechtigten Rückforderungen.
Die Tatsache, dass Paypal eine Versicherungsleistung anbietet, widerspricht in keiner Weise ihrer Funktion als Zahlungsdienst.
Der Händler, der Paypal in die Vertragsabwicklung einbindet (weil die ja mehr machen, als nur die Zahlung, sondern z.B. auch Konfliktmanagement!), verwendet Paypal als Erfüllungsgehilfen, und ist damit für deren AGB-Chaos zu seinem Nachteil haftbar. Gut, es bleibt der Volltext des Urteils abzuwarten, aber aus dem, was aus der Pressemitteilung ersichtlich ist, hat der BGH hier das Problem nur unvollständig durchdrungen.
Die Zahlungspflicht aus dem Kaufvertrag ist eine Bringschuld und an der Lieferung ist Paypal nicht beteiligt. Bei der Erfüllung welcher Schuld soll Paypal hier der Gehilfe des Verkäufers sein?
Verklagen kann man hier nur aufgrund von Vertragsinhalten. Geben die Verträge zwischen Paypal und Verkäufer irgendeine Anspruchsgrundlage her?
Verklagen kann man selbstverständlich auch aufgrund der allgemeinen Gesetze.
Aber nur, wenn es irgendeine vertraglich begründete Schuld gibt, oder halt bei Haftung für verursachte Schäden und in so Ausnahmefällen wie Geschäftsführung ohne Auftrag.
Soweit Paypal an irgendeiner Stelle schreibt: "Wir entscheiden endgültig und der Rechtsweg ist ausgeschlossen", verstößt das natürlich in gröbster Weise gegen den Grundsatz von Treu & Glauben. Dass die Klage gegen Paypal in Luxemburg nach englischem Recht auch für Gewerbetreibende schwierig ist, steht außer Zweifel. Genau deswegen schreibe ich im Editorial, dass die Lösung sein muss, Paypal über die Aufsichtsbehörden dazu zu zwingen, endlich "Farbe zu bekennen" und sich als Versicherung hierzulande zu registrieren. Dann sind sie bei falschen Käuferschutz-Entscheidungen auch sinnvoll verklagbar.
Was für das vermeintliche Problem nichts ändern würde? Auch wenn der Verkäufer Paypal verklagen könnte (und es ist aus meiner Sicht nichtmal klar, ob das nicht auch derzeit schon möglich wäre), verhindert das ja nicht automatisch, dass der Verkäufer halt wahlweise auch den Käufer in Anspruch nehmen kann.
Wenn eine Bank z.B. einen Überweisungseingang auf Betreiben des Zahlers rückgängig machen würde, könnte ich natürlich erfolgreich gegen die Bank klagen, da sie eine nicht autorisierte Belastungsbuchung auf meinem Konto durchgeführt hat. Gleichzeitig käme aber natürlich auch der Zahler bei bestehender fälliger Forderung in Verzug, und ich könnte auch den Zahler erfolgreich verklagen. Je nach dem, was mir erfolgversprechender erscheint (oder auch beides gleichzeitig, wenn ich z.B. bei beiden Bonitätsprobleme sähe).
Ich verstehe Ihre Argumentation nicht: Wenn ein Verkäufer Paypal aus den Bezahlmöglichkeiten rausnimmt, gehen dessen Umsätze doch ebenfalls für Paypal verloren, weil sie künftig über andere Dienstleister abgewickelt werden.
In Einzelfällen mag das der Fall sein, aber gerade auf eBay wird der gleiche Artikel meistens von zahlreichen Anbietern angeboten, und der Käufer interessiert sich nicht für einen bestimmten Händler, sondern für ein bestimmtes Produkt (oder eine Produktklasse). Gerade bei Käufern, die auf Paypal als Zahlungsmethode Wert legen, verschiebt sich der Kauf einfach zu anderen Anbietern, die weiterhin Paypal anbieten. Und Käufer legen Wert auf Paypal wegen des Käuferschutzes. Und damit das auch so bleibt, muss Paypal sein Reputation der Käuferfreundlichkeit aufrecht erhalten.
Angesichts der Marktmacht, die Paypal hat, wird es aus Kartellgründen für Paypal schwierig werden, Verkäufer grundlos auszuschließen. Dass ein Verkäufer die ihm zuständigen Rechte nutzt und die Gerichte anruft, ist aus Sicht des Kartellamts dabei "grundlos", wenn nicht sogar "besonders verachtenswert", wenn Paypal das offensichtlich als Grund für einen Ausschluss nutzt.
Tja, vielleicht. Vielleicht haben sie aber auch keine große Marktmacht, weil es ja viele andere Zahlungsmöglichkeiten gibt? Also, ich weiss nicht, ob ich mich hier darauf verlassen wollen würde, dass Kartellbehörden einschreiten, und noch weniger, dass Paypal das vorsichtshalber gar nicht erst austestet.
Ansonsten folgt ihre Argumentation dem üblichen Schema: "Im Zweifel auf die Kleinen", nämlich die Kunden, die sich am wenigsten wehren können.
Also, wenn der kleine Kunde und der kleine Händler durch den Riesen Paypal ausgenutzt werden, habe ich Schwierigkeiten, dieser Logik zu folgen.