Thread
Menü

Eigene Erinnerung an das B-Netz


17.01.2022 10:07 - Gestartet von Canopus
Hallo,

vielen Dank an Henning Gajek für diesen tollen Artikel, ich kann das, was Henning beschreibt, 1 zu 1 aus meinen Erinnerungen holen. In den frühen 80er Jahren hatte mein Onkel ein solches Gerät im Auto verbaut und ich dufte als Jugendlicher ab und zu mal ein kurzes Gespräch führen. Das war echt spannend, weil angerufene Freunde das sehr "außerirdisch" fanden. Die Gesprächsqualität war etwas unter dem analogen Festnetz, aber eigentlich prima. Analoge Schallübertragung empfindet das Ohr ohnehin angenehmer als digitale, weshalb man die ersten D-Netz-Geräte von der Akustik her grauenhaft fand. Heute mit VoLTE ist das natürlich besser geworden.

Darf ich kurz etwas "klugscheißern"?

Ich habe mal recherchiert, wie viel Euro die damaligen DM-Preise heute ausmachen würden, Inflation einberechnet:

Die Grundgebühr 1972 i. H. v. 270 DM würde heute 490 € ausmachen.
Bezogen auf das Jahr 1990 wären das noch 249 € heutiger Kaufkraft.

Erst Februar 1991 wurden die Grundgebühren im B- und C-Netz auf 65 DM gesenkt (heute 58,31 €).

Anschaffungspreis 1972 i. H. v. 15.000 DM = heute 27.175 €

Quelle der Umrechnungen: https://www.altersvorsorge-und-inflation.de/euro-rechner.php?richtung=XXX_EUR&waehrung=DM

Ich habe damals in West-Berlin gelebt. Das Besondere in der geteilten Stadt war, dass das B-Netz natürlich nur im Westteil verwendet werden durfte und es zwei (!) Rufbereiche gab. Die Vorwahl 030 05 galt natürlich für beide. Rufbereich 1 war das Gruppenfreisignal 1 (bzw. bei B2-Geräte 01) und der Sendemast befand sich auf dem rd. 360 m hohen Funkmast am Golfplatz in Frohnau. Bereich 2 (Gruppenfreisignal 2 oder 02) stand auf dem Heizkraftwerk am Bäkeufer in Lichterfelde Süd. Damit wurde eine "riesige" Reichweite erzielt, die teilweise bis kurz vor Leipzig ging.

Wenn man von West-Berlin in die Bundesrepublik über die Transitstrecke gefahren ist, musste man das Autotelefon rechtzeitig vor der Grenze ausschalten und den DDR-Grenzkontrolleuren die Zulassungsurkunde der Bundespost vorzeigen. Das hat dann 5 DM Gebühr für das Mitführen durch das Gebiet der DDR gekostet. Jedes Mal. Telefonieren durfte man keinesfalls, obwohl das technisch sehr gut rd. 30 km von Berlin entfernt noch möglich war. Nach dem Mauerfall hat das im "wilden Jahr" 1990 dann kaum noch einen interessiert. Im März 1990 - habe ich mal gelesen - hat die Bundespost in Leipzig eine C-Netz-Zelle zur Messe eingerichtet. Ging ja also schnell.

Als die Mauer fiel, haben sich tatsächlich einige ein gebrauchtes B-Netz-Telefon gekauft, um das fehlende Telefon im Ostteil zu ersetzen. In den Jahren 1991/92, wo das C-Netz immer stärker überlastet war, weil die Teilnehmerzahlen unerwartet schnell in die Höhe gingen, hatte man mit dem B-Netz durchgängig bessere Erreichbarkeit, kam besser durch. Ich hatte damals (eher zufällig) ein B-Netz mit einem gebrauchten Auto gekauft, was ich kurz (ich glaube nur so drei Monate) selbst benutzt hatte. Ach so, kaufen, einschalten, los geht's war damals nicht! Ab in den Telefonladen (so hießen diese Shops der Bundespost), in welchem man so einen durchschreiben Antrag ausfüllen durfte. Dann auf Post von der Post mit der Einladung warten, sein Gerät in der Winterfeldtstr. (Fernmeldeamt 1) zur technischen Abnahme (65 DM) vorzuführen. Wenn das rund lief, durfte man teur lostelefonieren.

Auch kurios: bis Ende 1994 haben ankommende Gespräch im B-Netz gekostet. Im C-Netz anfangs auch, ich glaube Anfang 1987 wurde das im C-Netz gestrichen.

Auch komisch: in den Richtlinien der Bundespost zur Benutzung stand bzgl. Auslandsaufenthalte drin: in Frankreich eine gebührenpflichtige Genehmigung von der dortigen Telekombehörde einholen, in Rumänien muss es verplombt werden und im südlichen Dänemark durfte es gegen schriftliche Voranmeldung und Erlaubnis dort sogar benutzt werden. Andere Länder waren nicht erwähnt, also scheinbar ganz besondere Besonderheiten in diesen genannten.