Benutzer blumenwiese schrieb:
Nun ja, Deutschland hat sehr hohe Mobilfunkpreise, wenn man diese mit anderen europäischen Ländern vergleicht. Das hat zum großen Teil damit zu tun, dass diese Situation ja nicht vom Himmel gefallen ist. Wir haben in Deutschland drei beziehungsweise vier Netzbetreiber. Dazu kommen Tausende von Resellern. Fehlender Wettbewerb ist es eher weniger.
Wir haben im Endeffekt momentan 3 Netzbetreiber, ein 4. ist noch nicht gestartet. 2 Service Provider (1&1 und Freenet), die von Netzbetreibern abhängig sind und weitere Reseller, die aber auch nur die Netzbetreiber oder Service Provider resellen. d.h. es hängt alles an den 3 Netzbetreibern.
Natürlich könnte der Wettbewerb noch besser ausfallen, hätte der Staat nicht etwas versteigert oder schlicht verkauft, was ihm nicht gehört, nämlich Frequenzen. Der Staat hat die Aufgabe Frequenzen zu koordinieren, damit sich Dienste nicht gegenseitig stören. Das ist durchaus sinnvoll. Es ist nicht seine Aufgabe, Mobilfunkkonzerne mit milliardenschweren Steuern zu belegen, die der Staat dann Versteigerungserlöse nennt.
Da kommen immer die Leute und sagen, das mit der Auktion sei ja sowas gegen freien Markt und sowas. Dabei wurde das Prinzip von Kapitalisten entwickelt.
Also nochmal, da das Geschäft in Deutschland mit Mobilfunk so lukrativ ist und der Markt so groß, gibt es auch großes Interesse an Lizenzen, damit man bestimme Spektren nutzen kann. Diese Nachfrage übersteigt meist das Angebot, das technisch und regulativ beschränkt ist. Es soll ja auch noch anderes übertragen werden. Die Aufgabe der Koordination muss der Staat schon haben, denn da sind auch Frequenzen für Militär, TV, Radio, Funktelefone oder Veranstaltungstechnik.
Nun sagen die Kapitalisten, dass ein probates Mittel knappe Güter so zu verteilen, es sei, sie meistbietend unter den Interessenten zu versteigern. Wer am meisten dafür zahlt, ist auch am ehesten bereit, sie gewinnbringend zu nutzen. Ob das letztlich dem Gemeinwohl dient, ist Kapitalisten weniger wichtig als dass es zu keiner Fehlallokation führt.
Bisher gibt es viele Vorschläge das anders zu machen, aber alle sind nicht überzeugender. Vergaben haben immer den Geruch der Korruption und nächstes Mal haben wir auch einen neuen Player, der auf dem Markt Fuß fassen will, darum können sie auch nicht einfach verlängert werden.
Also wie soll es besser passieren? Die Weiterentwicklung sind jetzt - analog zur sozialen Marktwirtschaft - Gemeinwohlaspekte mit in die Auktion zu integrieren. D.h. dass der Anbieter auch z.B. einen Quality of Service und Abdeckung erreichen muss.
Denn diese Milliarden und aber Milliarden an quasi Sondersteuern bezahlen natürlich wir als Kunden. Nicht die Unternehmen. Und entsprechend höher fallen dann die Preise aus.
Die Lizenzgebühren wirken wie Sondernsteuern. Nach der wirklich sehr teuren Versteigerung vor 22 Jahren von UMTS, waren aber die LTE-Frequenzen sehr günstig in Deutschland. Schon weil es die Drei untereinander ausmachten. In den Ländern die ich genannt habe, war LTE teurer pro Kopf; in Italien auch 5G pro Kopf. Dass es absolut in Deutschland teurer ist mit Lizenzen ist kein Wunder, denn der Markt ist in Europa am größten. Man muss das schon auf den Nutzer runterbrechen und da sind hier auch am meisten ggü. anderen EU Ländern.
Und wenn dann der Staat auch noch Tarife und Dienstleistungen, die von den Kunden nachgefragt und angenommen wurden, verbietet, weil er natürlich besser weiß, was wir als Kunden zu wünschen haben, dann muss man sich wirklich schon den Hosenstall mit einer Kneifzange zumachen, um anzunehmen, dass dadurch Preise sinken. Auf solch eine Idee können nur Politiker kommen. Dort ist Dummheit beziehungsweise komplette Irrationalität ja bekanntlich Einstellungsvoraussetzung.
Der Telekommunikationssektor ist sehr stark reguliert, wie kaum sonst ein Sektor. Diese Spielregeln kennen die Konzerne und darin bewegen sie sich. Welche Tarife und Dienstleistungen nachgefragt werden, kann ein Anbieter durch seine Preisgestaltung sehr stark mitbestimmen. Dieser von dir konstatierte Kundenwunsch nach Zero-Rating ist doch künstlich erzeugt, weil es eben keine freien unlimitierten Datenflats zu vernünftigen Preisen von diesen Anbietern gibt.
Ich glaube auch nicht, dass durch den Verbot von Zero Rating die Preise auf breiter Ebene fallen. Das hat so auch keiner behauptet, auch nicht der Mensch von der BNetzA. Das wird ihm unterstellt und falsch wiedergegeben. Ich z.B. behaupte lediglich, dass die im internationalen Vergleich sehr hohen Preise für große Pakete und unlimitierte Datenflats dann sinken werden. D.h. weil jetzt nicht mehr 50% der Netzleistung "gratis" herausgegeben wird, kann das Netz für alle anderen, die diese Priviligierung nicht mitmachten oder wollten etwas günstiger werden. Natürlich nicht für Edeka Smart mit 2 GB.
Was Telekom und Vodafone machten, war, dass sie im Datensupermarkt bestimmte Artikel verschenken, andere waren deshalb extra teurer, um das wieder reinzuholen. Was würdest du denn sagen, wenn bei Edeka oder Kaufland die das auch so machten? Also beispielsweise im Getränkemarkt alkoholische Getränke gratis, aber Wasser für 5€ der Liter, um das wieder reinzubekommen? Nicht jeder streamt über die Portale oder nimmt die bevorzugten Messengers. Und nicht jeder trinkt Alkohol - wo ist dann eure Sympathie für die Wasser oder Soft Drink Trinker?
Was ich damit sagen will. Es sind doch alles nur Bits und Bytes ob Spotify im Zero-Rating oder z.B. das Online-Banking ohne. Warum soll denn der Kunde für das erste nix zahlen und für das zweite umso mehr pro MB. Wo ist da der Gleichheitsgedanke? Wieso soll ein Kunde mit Spotify und Facebook besser gestellt sein als jemand, der sein Baby Phone oder seine Videoalarmanlage überwacht? Das erschließt sich mir einfach nicht.
Darum hat die EU den Gedanken der Netzneutralität in den Vordergrund gestellt. Es ist egal, ob die Pornos guckst oder Bildungsfernsehen. Wenn du Erwachsener bist, hat das deinen Anbieter nicht zu interessieren und es auch nicht (für die Übertragung) verschieden zu berechnen. Dass bestimmte Dienste für Notfälle oder Telemedizin vielleicht bevorzugt werden, kann man da jetzt nicht als Abkehr davon werten.