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5G-Abdeckung als Scheindebatte


16.01.2024 22:39 - Gestartet von wolfbln
3x geändert, zuletzt am 16.01.2024 23:09
Neuerdings wird der Erfolg einer Industrienation in der Digitalisierung daran gemessen, wieviel der Fläche oder Bevölkerung mit 5G abgedeckt ist.

Sorry, aber das ist aus vielen Gründen eine Scheindebatte. Man nimmt wahllos einen Parameter heraus, der eigentlich überhaupt nichts aussagt. Es kann schon sein, dass er perspektivisch wichtig ist, aber eben bisher eher nicht.

Warum?

1.) Die Mehrzahl der Handynutzer nutzt noch gar kein 5G, wegen Handy, Vertrag oder Abdeckung.

2.) 5G wird dabei nicht näher definiert. Schließt es auch DSS (Sharing mit 4G) ein? Meint man 5G NSA und/oder SA? Das muss man schon genauer sagen, denn unter 5G vereinen sich derzeit technisch sehr verschiedene Sachen mit höchst unterschiedlicher Leistungsfähigkeit.

3.) Die meisten Handys, nicht mal die meisten 5G Handys können das gesamte 5G Netz des Netzbetreibers abdecken. Entweder sie sind für SA nicht freigeschaltet oder sie können keine Lowbands mit 4G im NSA aggregieren, nicht mal die >1000€ teuren iPhones.

Also warum arbeitet man dann überhaupt mit der 5G Abdeckung als Größe?

Hier können die Netzbetreiber einigermaßen Erfolge vorweisen. Während die Schließung der letzten 4G oder 2G-Lücken weiter sehr zäh von sich geht, ist man beim 5G-Aufbau schneller. Das ist auch nicht so schwer, weil vergleichsweise wenig Technik für 5G vor Ort geschafft werden muss. Das meiste geht remote per Software-Update an den schon hängenden Antennen.

Nur das extrem leistungsfähige n78 in den Städten erfordert neue Hardware in Form von Antennen. Das geschah und geschieht auch relativ schnell im Ausbau. Kein Wunder: diese Stationen in den Städten sind die Cash Cows der Netzanbieter. Hier würde auch 4G zuerst an seine Kapazitätsgrenzen stoßen.

Müller hat jedoch mit einer Sache recht: der "digital divide" zwischen Stadt und Land ist größer geworden. Während man jetzt in vielen Städten dreistellige Mbit/s Raten im Download messen kann, dümpelt das Land weiter mit ein paar Mbit/s vor sich hin. Dieser Unterschied hat sich mit 5G eher noch verstärkt.

Das ist auch politisch gefährlich, weil wieder das Gefühl des Abgehängtwerdens sich dort breit macht. Und da zeigt sich der 5G-Parameter als völlig unzureichend.

Viele Anbieter haben ländliche Gebiete mit Lowband im 4G/LTE oft nur auf 800 MHz abgedeckt. Das sind gerade mal 2x10 MHz von über 150 MHz Spektrum das sie haben. Dann kommen jetzt nochmal n28 im 5G Lowband auf 700 MHz dazu. Das Land hat angeblich "5G Abdeckung", kaum ein Handy kann diese mit 4G kombinieren und vom ersteigerten Spektrum wird tatsächlich nur ein lächerljcher Bruchteil verwendet, denn der Rubel oder Euro rollt eben in den Städten.

Wichtig ist es, was vor Ort ankommt und verfügbar ist. Das kann auf 4G oder 5G sein. Eigentlich interessiert es kaum einen Nutzer, ob die 100 Mbit/s die jetzt oft gefordert werden im 4G und/oder 5G erreicht werden. Daher wäre es wichtiger, festzustellen, auf welcher Fläche dieses Ziel erreicht wird, mit welcher Technologie auch immer.
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[1] franjotilsch antwortet auf wolfbln
17.01.2024 05:49
Benutzer wolfbln schrieb:
Neuerdings wird der Erfolg einer Industrienation in der Digitalisierung daran gemessen, wieviel der Fläche oder Bevölkerung mit 5G abgedeckt ist.
Na ja wenn es nur um die Handynutzung ginge gebe ich dir recht. Nur ist mit 5G mehr möglich als nur die Nutzung von Handys. Nur geht es mittlerweile um wesentlich mehr. Schon einmal etwas vom Autonomen fahren, Smart Rail, Smart Farming oder vom Maschinennetz Narrowband IoT.

https://www.vodafone.de/multilayer/vodafone_sachsen.pdf

https://www.deutschland-spricht-ueber-5g.de/magazin/sein-zug-faehrt-ferngesteuert-ueber-5g-mit-video/

https://www.connect-professional.de/office-kommunikation/vodafone-schickt-den-zugfuehrer-ins-home-office.298407.html
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[1.1] wolfbln antwortet auf franjotilsch
17.01.2024 11:59
Benutzer franjotilsch schrieb:
Benutzer wolfbln schrieb:
Neuerdings wird der Erfolg einer Industrienation in der Digitalisierung daran gemessen, wieviel der Fläche oder Bevölkerung mit 5G abgedeckt ist.
Na ja wenn es nur um die Handynutzung ginge gebe ich dir recht. Nur ist mit 5G mehr möglich als nur die Nutzung von Handys. Nur geht es mittlerweile um wesentlich mehr. Schon einmal etwas vom Autonomen fahren, Smart Rail, Smart Farming oder vom Maschinennetz Narrowband IoT.

https://www.vodafone.de/multilayer/vodafone_sachsen.pdf

https://www.deutschland-spricht-ueber-5g.de/magazin/sein-zug-faehrt-ferngesteuert-ueber-5g-mit-video/

https://www.connect-professional.de/office-kommunikation/vodafone-schickt-den-zugfuehrer-ins-home-office.298407.html


Das sind alles interessante Anwendungsbereiche, auch von 5G, eher schon 6G, aber Zukunftsmusik.

Dazu bräuchte es komplett abdeckendes Netz aller landwirtschaftlichen Flächen oder aller Straßen, die wir in Deutschland so nie erreichen werden. Vielleicht denkbar mit Satelliten Backup. Wir haben gerade die Autobahnen erreicht, arbeiten gerade an Bundes- und Landstraßen bei einem Betreiber unter Anrechnung der anderen. Die Kreisstraßen wird es in diesen Jahrzehnt nicht mehr geben.

Bei Firmen gibt es Insellösungen und die stehen in Konkurrenz zu anderen Systemen. Die brauchen aber die Abdeckung auf ihren Firmengelände und nicht woanders, außer vielleicht Speditionen und Lieferdienste.

Bleiben wir bei Äckern und Straßen. Es nützt nicht, wenn der Acker etwas Abdeckung hat, er muss voll abgedeckt sein. Sonst kann der Bauer die Datei auch zu Hause auf seinen Traktor ziehen, weil er dann den Acker komplett hat.

Auch bei autonomen Fahren muss die komplette Straße abgedeckt sein und nicht der Empfang in einer Kurve abbrechen. Das wäre lebensgefährlich. Jetzt haben wir noch die Anrechnung der Anbieter, d.h. unterschiedliche Abdeckung. Denkst du das Auto macht dann erstmal Netzsuche, bis es weiterfährt?

Wer mit den 3 deutschen Netzen und Streaming auf dem Land unterwegs ist, weiß dass wir da noch Lichtjahre davon entfernt liegen.

5G als Zukunftsperspektive ist ja schön. Auch als Erweiterung von 4G. Die meisten Bekannten sind von 5G enttäuscht. Im Handy ist es nicht der Sprung wie von 2G nach 3G oder 3G nach 4G. Es hat ein paar Vorteile, bei intensiver Nutzung, schnellen Latenzen oder in Hochnutzungsgebieten wie auf Events und in Stadien. Das ist es auch schon für den Privatnutzer.

Bei gewerblichen Nutzern ist mehr drin. Das ist richtig. Aber bisher nur in der Pilotphase.
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[1.2] an0n antwortet auf franjotilsch
17.01.2024 12:46

einmal geändert am 17.01.2024 12:55
Benutzer franjotilsch schrieb:
Schon einmal etwas vom Autonomen fahren, Smart Rail, Smart Farming oder vom Maschinennetz Narrowband IoT.

Das ist ja grundsätzlich alles nicht falsch und es ist ja auch gut dass die Infrastruktur dafür hingestellt wird. Aber effektiv gibt es halt so gut wie keine Anwendungen dafür. Ist 99% Zukunftsmusik.

Der selbst fahrende Trecker braucht keine 1000MBit/S mit 10ms Latenz auf dem Acker. Das selbst fahrende Auto darf gar nicht außerhalb der Teststrecke fahren. Die über Mixed Reality kontrollierbare Heckenscherendrone existiert als exakt 1 Prototyp für irgendeinen technophilen Milliardär, welcher sich bewusst gegen den effektiv günstigeren Gärtner entschieden hat.

Edit: Ich schließe nicht aus, dass ich hier falsch liege und es tatsächlich tonnenweise Anwendungen gibt. Falls das so ist: bitte korrigieren - fände ich hochinteressant.