Benutzer SoloSeven schrieb:
[...] Als rückständig empfinde ich es nicht, einen persönlichen Kontakt zu pflegen. Insbesondere wenn ich unterwegs sehe, wieviele Vollpfosten andauernd damit beschäftigt sind, SMSs zu schreiben und dabei den danebensitzenden/stehenden Freund/in gar nicht beachten.
Ich würde nicht generell ausschließen, dass Leute einen persönlichen
Kontakt auch per SMS pflegen können. Allerdings werde ich persönlich
nicht auf diese Form der elektronischen Kommunikation zurückgreifen, solange ich mindestens eine "hochwertigere" Alternative habe, die von den Kosten her vergleichbar oder günstiger ist.
Vielleicht hilft ein Blick zurück, um meine eigene Sichtweise und die
entsprechenden Präferenzen in Bezug auf die "persönlichen Formen der Kommunikation" zu erklären.
Ich habe Anfang der Neunziger Jahre damit begonnen, das Internet zu nutzen. Damals war es mein Anliegen, Kontakt mit einigen Freunden und Bekannten im Ausland zu halten und zu pflegen. Auslandsgespräche waren zu jener Zeit noch unheimlich teuer (insbesondere in andere Kontinente) und Briefe kamen teilweise erst nach mehreren Wochen an oder gingen ganz verloren.
Für mich war es ein Quantensprung, als ich plötzlich Textnachrichten in Form von E-Mails zu einem sehr überschaubaren Preis innerhalb von Sekunden rund um die Welt versenden und empfangen konnte.
Als ich dann lernte, was ein IRC (Internet Relay Chat) ist, kam die nächste Ebene. Jetzt konnte ich mich mit den weit entfernt lebenden Freunden in Echtzeit unterhalten. Es war zwar nur in Textform und es gab teilweise Verzögerungen (Stichwort "lag") bei der Übertragung, aber aus einem Monolog (E-Mail) war ein echter Dialog geworden.
Schon zu jener Zeit Stand die Frage im Raum, ob man irgendwann mit Bild und Ton am Rechner miteinander kommunizieren könnte. Aber das Telefon war schneller: Internationale Telefonkarten machten Auslandsgespräche für mich halbwegs erschwinglich, später sanken die Tarife mit der Einführung von Call-by-Call noch weiter und es wurde für mich relativ normal, ab und an mit Freunden in aller Welt zu sprechen.
Schließlich wurde mit den "Instant Messengern" die ursprüngliche Vision wahr und man konnte sich tatsächlich in Bild und Ton am Rechner mit Freunden unterhalten, wenn auch anfangs in ziemlich spärlicher Qualität.
Ich denke, die Art und Weise, wie ich selbst über die Jahre hinweg die Entwicklung der elektronischen Kommunikation erlebt habe, schlägt sich auch in meinen Präferenzen bezüglich der eigenen persönlichen
Kommunikation nieder:
1. Es gibt nichts besseres, als sich mit Freunden in der realen Welt
zu treffen, sich zusammen zu setzen und zu unterhalten. Kein Smartphone ist smart genug und keine Rechnerpower stark genug, um das menschliche Grundbedürfnis nach echten sozialen Kontakten zu ersetzen.
2. Wenn ein "echtes" Treffen an der räumlichen Entfernung scheitert, dann finde ich es zumindest schön, mich mit Freunden in Wort und Bild zu unterhalten. Auch wenn die Verbindung beim Video-Voice-Chat manchmal hakeln mag, empfinde ich es als angenehm, über die reine Sprache hinaus auch Gesten und Mimik des Gegenübers wahrnehmen zu können. (Beim Handy kann ich allerdings getrost auf "Bildübertragung im Briefmarkenformat" verzichten.)
3. Wenn kein Video-Voice-Chat in Frage kommt, dann möchte ich wenigstens mit den Leuten sprechen (egal ob Festnetzgerät, Handy oder Sprachchat).
4. Die nächst tiefere Ebene ist für mich der Text-Chat. Für mich die "spartanischste" Art eines Gespräches, aber immerhin noch ein Dialog.
5. Ab hier beginnen die Monologe in Form von Benachrichtigungen.
Am Liebsten sind sie mir in Bild- und Tonform (z.B. E-Mail mit Video
im Anhang, MMS, etc.).
6. Monolog in Form gesprochener Nachricht (Anruf auf Mailbox, E-Mail mit Sprachanhang, etc.).
7. Die primitivste Form der persönlichen Kommunikation mit Freunden ist für mich der Monolog in Form getexteter Nachricht (E-Mail, SMS).
Das soll nicht heißen, dass ich mich nicht auch über reine Text-Mails
oder eine SMS von Freunden freuen kann oder nicht auch 'mal selbst eine Mail aus reinem Text an Freunde schicke. Aber wenn es sich irgendwie einrichten lässt, umgehe ich diese Form der Kommunikation mit Freunden und ersetzte sie durch die Varianten 1-6.
Vielleicht können andere Leute jetzt nachvollziehen, warum ich nie auf die Idee käme, Freunden eine SMS zu schicken, wenn ich sie auch anrufen kann. Ich würde es als technischen Rückschritt empfinden, als wenn ich in der Geschichte der elektronischen Kommunikation um Jahre zurückgeworfen worden wäre.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass ich das Twittern oder
etwa das Verfassen von Beiträgen in Foren (wie diesem) hier nicht
aufgeführt habe, da es sich dabei meiner Meinung nach nicht um
"persönliche Kommunikation" handelt. (Der Sender der Botschaft hat
keinerlei Kontrolle darüber, wer diese liest oder darauf antwortet).
Für mich ein anderes Kapitel der Kommunikation...
Gruß,
]B^)=