Drum prüfe wer sich ewig bindet...
Wochenlange Unterbrechung des Internet-Zugangs möglich
Wer den DSL-Provider wechselt, muss sich zunächst einmal auf einige Wochen oder gar Monate ohne Internet-Zugang über DSL einstellen. Das Problem besteht darin, dass die so genannte "letzte Meile", also die Leitung von der Telefondose des Kunden bis hin zur ersten Vermittlungsstelle, in fast allen Fällen noch der Telekom gehört und von den verschiedenen Provider nur angemietet wird. Diese können die Leitung jedoch nicht einfach an einen "Nachmieter" weiterreichen, sondern müssen sie zum Ende der Vertragslaufzeit zunächst an die Telekom zurückgeben. Bis der Provider einen solchen Antrag auf Freigabe des DSL-Ports stellt und die Telekom diesen dann auch bearbeitet, kann einige Zeit vergehen. Der Kunde selbst hat in dieser Zeit jedoch bereits keinen Zugriff mehr auf das Internet, da seine Zugangsdaten pünktlich zum Ablauf des Vertrages ungültig werden. Der neue Provider allerdings, der - neben dem Kunden selbst - als einziger Beteiligter ein Interesse an der schnellen Bearbeitung der Vorgangs hat, muss derweil noch warten: Solange der DSL-Port des Kunden belegt ist, kann er seinen eigenen Antrag zu dessen Anmietung noch nicht stellen. Ist diese Hürde schließlich genommen, wird der neue Auftrag von der Telekom am Ende der Warteschlage für DSL-Neuschaltungen eingereiht, und wieder können einige Wochen vergehen, bis dieser schließlich bearbeitet wird, so dass der Kunde davon ausgehen muss, mehrere Wochen auf den gewohnten DSL-Komfort verzichten zu müssen. Lediglich ein Wechsel von der Telekom bzw. zur Telekom als DSL-Provider läuft oft wesentlich reibungsloser ab, da hierbei nur zwei statt drei Parteien an der Umstellung beteiligt sind.Portierung der Festnetz-Rufnummer nicht immer möglich
Bei so genannten "entbündelten" DSL-Anschlüssen, bei dem der Kunde keine eigene Festnetz-Telefonleitung mehr erhält, sondern alle Gespräche über das Internet vermittelt werden, ist zu beachten, dass mit der vorübergehenden Abschaltung des DSL-Zugangs auch die Möglichkeit zum Telefonieren im Festnetz entfällt, man also unter Umständen über einen längeren Zeitraum nur noch per Handy telefonieren kann bzw. telefonisch erreichbar ist, was zu erheblichen Mehrkosten führen kann.
Was im Mobilfunk seit langem kein Problem mehr darstellt, ist bei der internet-vermittelten Telefonie leider keine Selbstverständlichkeit, nämlich die Mitnahme der bestehenden Telefonnummer zum neuen Provider: Wer zum Beispiel bisher einen "komplett"-Tarif des Providers freenet nutzt, kann die dort geschalteten Rufnummern zur Zeit noch nicht zu 1&1 mitnehmen. Ein Kunde bei 1&1 andererseits steht vor dem gleichen Problem, wenn er seine Rufnummer zu Arcor übernehmen möchte, usw. - Hier scheint es entweder technische oder vertragliche Probleme zwischen den einzelnen Anbietern zu geben, so dass man sich darauf einstellen sollte, bei einem Provider-Wechsel auch seine bestehende Festnetz-Rufnummer aufgeben zu müssen. Das kann einigen Aufwand bedeuten, weil man die neue Rufnummer zunächst an seine privaten und geschäftlichen Kontakte weitergeben oder in online hinterlegten Kontakt-Profilen aktualisieren muss. Eventuell müssen sogar Visitenkarten, Briefbögen oder andere Schriftstücke, auf denen die Rufnummer vermerkt ist, neu gedruckt werden.
Bestandskunden - Kunden zweiter Wahl?
Während Neukunden mit allerlei Einsteiger-Angeboten geködert werden, wie z.B. subventionierter Hardware, Wechselprämien oder einer vergünstigten Grundgebühr in den ersten Monaten, wissen die Provider offenbar genau um die oben geschilderten Nachteile eines Wechsels, denn ein Bestandskunde, der sich dieser Probleme bewusst wird, überlegt sich vermutlich zweimal, ob er nicht doch einfach einen bestehenden Vertrag weiterlaufen lässt. Zu diesem Zeitpunkt zeigen einige Provider dann jedoch ihr "wahres Gesicht": Ein Angebot neuer, vergünstigter Hardware bei der Vertragsverlängerung, wie man es von Mobilfunk-Verträgen her kennt, ist hier keinesfalls üblich. Und selbst ein Tarifwechsel ist oft nur eingeschränkt möglich: Verglichen mit den Neukunden-Angeboten des gleichen Providers sind die Tarife, die Bestandskunden zum Ende der Mindestvertragslaufzeit angeboten werden, oft schlechter, d.h. bieten weniger Leistung für das gleiche Geld, oder aber man hat nur die Möglichkeit, in einen Tarif mit höherer Grundgebühr zu wechseln, obwohl man die darin zusätzlich enthaltenen Leistungen vielleicht gar nicht benötigt. - Ein Wechsel in einen Tarif mit niedrigerer Grundgebühr ist oft ohnehin nicht möglich. Daher sollte man sich im Klaren darüber sein, dass ein Tarif mit hoher Grundgebühr, bei der man als Neukunde zunächst einige Monate lang einen Rabatt erhält, nur dann rechnerisch gleichwertig mit einem Tarif mit konstanter, aber entsprechend geringerer Grundgebühr ist, wenn es tatsächlich bei 24 Monaten Vertragslaufzeit bleibt. Anderenfalls bezahlt man letztlich unter Umständen deutlich mehr.Vorbeugen hilft
Möchte man sich diese Behandlung durch die Internet-Provider nicht gefallen lassen und seinen Anbieter trotz der genannten Hindernisse wechseln, gibt es mehrere Möglichkeiten zur Vorbeugung von Nachteilen bzw. zur Überbrückung von Ausfallzeiten, die man jedoch rechtzeitig vorbereiten sollte; spätestens zu dem Zeitpunkt, wenn man eine Kündigung des bestehenden Vertrages ausspricht.Zunächst einmal kann es ratsam sein, sich eine Festnetzrufnummer bei einem unabhängigen Anbieter zuzulegen, die dann auch bei einem Wechsel des DSL-Providers erhalten bleibt, so dass man sie bedenkenlos an wichtige Gesprächspartner weitergeben oder auf Visitenkarten drucken kann. Carpo z.B. bietet die Zuteilung einer solchen Rufnummer kostenlos und ohne weitere Verpflichtungen an. (Tipp: Bei Anmeldung über Lidl erhält man beim gleichen Anbieter bessere Tarif-Konditionen!) - Nachteil: Will man später eine Telefon-Flatrate beim neuen DSL-Providers nutzen, muss zunächst einmal die verwendete Hardware die gleichzeitige Verwaltung mehrerer Telefonie-Anbieter unterstützen (diese Voraussetzung erfüllen z.B. alle aktuellen Modelle der AVM Fritz!Box mit Anschlussmöglichkeit für ein Telefon). Außerdem können abgehende Telefonate dann nicht über die unabhängige Rufnummer geführt werden, da sonst der entsprechende Tarif für das Gespräch berechnet wird.
Auch bei der Nutzung von kostenlosen Beigaben wie E-Mail-Konten sollte man sich vorab gut überlegen, ob man das Angebot des DSL-Providers annimmt, oder lieber auf einen der zahlreichen kostenlosen E-Mail-Anbieter ausweicht, denn mit der Kündigung des DSL-Vertrages fallen üblicherweise auch alle Zusatzleistungen weg, und damit auch die alle dort angelegten E-Mail-Adressen.
Wartezeiten überbrücken
Hat man sich tatsächlich zu einem Wechsel entschlossen und ist der DSL-Anschluss aufgrund eines Providerwechsels schließlich vorübergehend abgeschaltet, gilt es, die Wartezeit bis zur Aufschaltung durch den neuen Provider so gut wie möglich zu überbrücken.Mit einem alten Handy und dem Tarif eines Mobilfunk-Discounters, über den man für einmalig 5 bis 10 Euro Anschlussgebühr und ab etwa 9 Cent pro Minute deutschlandweit in alle Netze telefonieren kann, lässt sich zum Beispiel das Festnetztelefon für 1 bis 2 Monate ersetzen. Für Vieltelefonierer gibt es inzwischen bei einigen Anbietern auch geeignete Flatrates für etwa 15 Euro pro Monat, die jederzeit wieder kündbar sind. - Nachteil: Man ist für andere nicht zu günstigen Festnetztarifen erreichbar. - Hierzu lässt sich z.B. die oben genannte Festnetzrufnummer bei Carpo nutzen, zu der ein ebenfalls kostenloser, virtueller Anrufbeantworter konfiguriert werden kann, so dass Anrufer zumindest eine Nachricht hinterlassen können, die dann per E-Mail zugestellt wird. Man kann diese Rufnummer bei Bedarf auch auf eine beliebige andere Rufnummer weiterleiten lassen, bezahlt dann jedoch den aktuell gültigen Tarif für diese zusätzliche Verbindung selbst, was bei der Weiterleitung auf eine Mobilfunk-Rufnummer schnell teuer werden kann. - Der Genion-S-Tarif von O2 bietet hier leider nur begrenzt eine Alternative: Für eine Grundgebühr von 2,13 Euro im Monat (bei Online-Abschluss) und einer Kündigungsfrist von nur 6 Wochen zum Monatsende erhält man zwar eine Festnetzrufnummer zugeteilt, über die man preiswert erreichbar ist, und kann selbst innerhalb der "Homezone" für vergleichsweise günstige 3 Cent pro Minute ins deutsche Festnetz telefonieren, jedoch muss man hierfür zunächst knapp 30 Euro Anschluss-Gebühren und Versandkosten bezahlen, was das Angebot als kurzfristige Lösung nicht sonderlich attraktiv macht. Vergessen sollte man aber nicht, dass man in dieser Zeit keine Gebühren für einen DSL-Anschluss mehr bezahlt, so dass die effektiven Mehrkosten sich trotzdem in Grenzen halten.
Bleibt noch die Frage nach Möglichkeiten des Internetzugangs in der Übergangszeit zu klären: Auch hierzu gibt es inzwischen interessante Angebote der Mobilfunk-Discounter. Alle setzen jedoch voraus, dass man den PC mit dem Netz des gewählten Mobilfunk-Providers verbinden kann. Das geht entweder mittels eines datenfähigen Handys, das man per Bluetooth oder USB-Datenkabel mit dem PC verbindet, oder aber mit Hilfe spezieller Hardware, wie z.B. einem USB-Datenstick. Straßenpreise für Starter-Pakete, die einen solchen "Datenstick" und eine geeignete SIM enthalten, beginnen derzeit bei ca. 50 Euro. Oft erlaubt die mitgelieferte Software dann allerdings nur die Verwendung mit der SIM-Karte des entsprechenden Providers, ähnlich wie beim SIM-Lock von Prepaid-Handys. Die alternative Verwendung von Freeware als Zugangssoftware (z.B. das Programm MWconn) kann hier eventuell Abhilfe schaffen, ist jedoch nur für technisch versierte Nutzer empfehlenswert. Auch wenn mehrere PCs einen Zugang zum Netz benötigen, sind entsprechende Fachkenntnisse notwendig, sofern man nicht für jeden einzelnen Rechner eigene Hardware anschaffen möchte. Erwähnt werden sollte außerdem, dass je nach Netzbetreiber, Tarif und Standort zum Teil erhebliche Einschränkungen gegenüber den heute üblichen DSL-Geschwindigkeiten in Kauf genommen werden müssen: Über UMTS stehen im Netz von T-Mobile und Vodafone zwar bundesweit 3,6 MBits/s Downloadgeschwindigkeit zur Verfügung; ist jedoch keine UMTS-Datenverbindung möglich, weil diese Technik vom Provider generell, von der Hardware oder am Wohnort des Kunden nicht unterstützt wird, muss man mit Datenraten von unter 0,3 MBit/s vorlieb nehmen, was aber immer noch einer vielfachen ISDN-Geschwindigkeit entspricht.
Welchen Tarif man für die Übergangsphase wählen sollte, hängt letztlich vom individuellen Nutzungsverhalten ab: Reicht in dieser Zeit ein gelegentlicher Abruf und Versand von E-Mails aus, ist also keine ständige Verbindung erforderlich, bieten sich volumen- oder zeitbasierte Tarife der Mobilfunk-Discounter an, die einen Internetzugang ab etwa 24 Cent pro Megabyte (z.B. Simyo oder fonic) oder 9 Cent pro Minute (z.B. Callmobile) ermöglichen. Benötigt man den Internetzugang nur an einigen wenigen Tagen, dann aber intensiv, kann man mittels so genannter Tagesflatrates für einen Festpreis den Internetzugang für einen ganzen Kalendertag (z.B. fonic für 2,50 Euro) oder 24 Stunden (z.B. Vodafone für 4,95 Euro) nutzen, wobei meist lediglich die Nutzung einiger weniger Dienste wie VoIP oder File-Sharing explizit ausgeschlossen ist. Eine Vertragsbindung oder eine Mindestnutzung besteht bei diesen Angeboten nicht. Schließlich gibt es inzwischen auch monatlich kündbare Volumentarife oder Flatrates für den Internetzugang per Mobilfunk. Als Beispiele sei der 1GByte-Tarif von Simyo für 9,90 Euro, der 500-MByte-Tarif von Tchibo für 9,95 Euro oder die Daten-Flatrate für 19,95 Euro (ebenfalls von Tchibo) genannt, wobei neben dem Preis auch die verfügbare Geschwindigkeit des gewählten Netzes berücksichtigt werden sollte.
Fazit
Aus Kundensicht wäre es sicherlich wünschenswert, wenn ein Wechsel des DSL-Providers unterbrechungsfrei durchgeführt werden könnte: Warum sollte es nicht möglich sein, Freigabe und Neuschaltung des DSL-Ports miteinander zu koordinieren und am gleichen Tag durchzuführen? Ebenso unverständlich erscheint, dass die Portierung von Festnetzrufnummern noch nicht in jedem Fall möglich ist: Das Beispiel Mobilfunk zeigt, dass es auch anders geht.Bis diese Probleme jedoch gelöst sind, sollte man sich als Kunde genau überlegen, welchem Provider man seinen DSL-Anschluss anvertraut, da die Vertragsbindung zwar in der Theorie nur 2 Jahre beträgt, sich in der Praxis aber oft eine deutlich längere Laufzeit ergibt, wenn man nicht bereit ist, zumindest vorübergehend erhebliche Nachteile in Kauf zu nehmen oder sich mit umständlichen Übergangslösungen zu behelfen. - Drum prüfe, wer sich ewig bindet...