Endlich kündigen!
Aber warum will ich überhaupt kündigen? Ist die Technik des Anbieters mangelhaft, wurde ich über den Tisch gezogen? Weder noch. Wenige Tage nach meiner Bestellung erhielt ich den Termin für die Freischaltung, die etwa drei Wochen später dann auch wie angekündigt stattfand. Seither funktioniert alles zuverlässig; die Gelegenheiten, bei denen die Einwahl ins Internet in den anderthalb Jahren nicht sofort klappte, kann ich an den Fingern einer Hand abzählen, und ich nutze das Internet viel.
Trotzdem will ich kündigen, seitdem ich im vergangenen Herbst erstmals auf die Angebote aufmerksam wurde, mit denen das Unternehmen inzwischen wirbt. Als ich eines davon sah, freute ich mich zuerst und dachte: hey, ich muss sofort den Tarif wechseln! Was ich habe, gibt es ja inzwischen fast zum halben Preis! Aber es war nichts mit Wechseln; natürlich handelte es sich um Angebote für Neukunden. Nur für Neukunden.
Moment. Seit anderthalb Jahren zahle ich brav und pünktlich meine monatliche Rechnung und habe der Firma mehrere Hundert Euro Umsatz beschert, und zum Dank bin ich von den regelmäßigen Preissenkungen der Telekommunikationsbranche ausgeschlossen? Gab es nicht früher einmal Begriffe wie "Treuerabatt" oder "-bonus"? Und heute gibt es Treuestrafen?
Wobei ich natürlich zugeben muss, wenn ich ehrlich bin, dass mein bisheriger Verbleib bei dem Anbieter nicht an meiner besonderen Treue liegt, sondern zunächst an meiner Bequemlichkeit und später dann am Vertrag. Und genau das ist es, was sie mir jetzt mit ihrer Preisgestaltung unter die Nase reiben: Da du einen Vertrag unterschrieben hast, haben wir dich im Sack und brauchen dich nicht zu umwerben.
Okay, könnte man sagen, das sind ja auch die Fakten. Aber als Kunde würde ich mich doch wohler fühlen in dem Bewusstsein, dass ich in einem Vertragsverhältnis stehe, weil ich es möchte, und nicht, weil mich jemand im Sack hat. Und spätestens, wenn ich bedenke, dass sich der Vertrag um 12 Monate verlängert, falls ich nicht kündige, dass ich also noch ein weiteres Jahr meinen Tarif bezahlen soll, der Anno 2006 mal ein guter Deal war, während dahergelaufene Neukunden heute für die Hälfte einen dreimal so schnellen DSL-Zugang und, wenn sie nicht schnell genug laufen, noch einen iPod Nano hinterhergeschmissen bekommen, ist klar, dass ich nur eins tun kann: kündigen.
Obwohl ich mit der gelieferten Qualität zufrieden bin. Obwohl ich gar keinen iPod Nano will. Und obwohl ich nicht weiß, wo ich dann mein DSL herbekomme, zumal es mich immer wieder gruselt, wenn ich lese, dass manche Leute heutzutage mehrere Monate auf die Freischaltung warten. Denn nachdem ich gekündigt habe, kann ich wieder wählen und werde das gute Gefühl haben, in erster Linie deshalb Kunde eines bestimmten TK-Unternehmens zu sein, weil dessen Angebot mir gefällt und ich mich dafür entschieden habe - und nicht, weil es mich im Sack hat.
Wenigstens für ein paar Monate.