Frei Sprechen
08.02.2010 18:12

Alter Schwede - Nicht mit uns

Vorratsdatenspeicherung kriegt in Schweden keinen Fuss in die Tür
teltarif.de Leser John Bo schreibt:
In der taz Online-Ausgabe war vor kurzem zu lesen, dass die Schweden immer noch nichts daran getan haben, die Direktive der EU zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Das ist erstmal natürlich ein dicker Hund, denn diese Direktive gilt schon seit 2006 und für die gesamte EU.

Die Deutschen haben 2008 betreffende Maßnahmen beschlossen. Hier gilt seit dem 1. Januar 2008 das „Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG“, sogar mit Erweiterung des Einsatzbereiches. Anstatt nur schwere Straftaten verfolgen zu dürfen, ist es auch möglich, die Telekommunikationsüberwachung aufgrund von der Verfolgung von Ordnungsmaßnahmen durchzuführen. Außerdem wird die Speicherung mit der Zuordnung von Anschlusserkennung zu Identität vorgenommen. Das einzige, was Bürger vor der Überwachung ihrer digitalen Kommunikation schützt, ist das Erforderlichkeitsgrundgesetz. Dieses besagt, dass ein „bestimmter, gesetzlich zugelassener Zweck“ vorliegen muss. Tut er das nicht, noch nicht oder nicht mehr, müssen alle bereits gespeicherten Daten gelöscht werden.

All diese Formulierungen sind immer noch vage genug, um besorgt zu sein. Wann kommt man denn in die Lage, einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt werden zu können? Und dann- wird dann direkt die gesamte Telekommunikation, sei es Email, Festnetz, SMS oder Chat, überwacht und abgespeichert? Was dieses Gesetz anbelangt, haben viele Bedenken geäußert und pflegen diese immer noch. Aber anstatt zu warten, bis eine Gesetzesvariante gefunden wird, welche die teilweise ernsten Bedenken zerstreuen kann, wird das Gesetz beschlossen,, über die Köpfe tausender besorgter Bürger hinweg. Aus Angst vor EU-verhängten Konsequenzen.

Wie weit es mit diesen zu befürchtenden Konsequenzen her ist, kann man nun am Beispiel Schweden sehen. Die Nordeuropäer haben sich gegen den Beschluss gewandt und halten an ihrer Meinung fest. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen gibt es auch in Schweden eine Piratenpartei. Diese hat soviel Zuspruch erhalten, dass sie zwei Sitze im EU-Parlament in Schwedens Diensten besetzt.

Den Aufwind hat die Randpartei zwei Diskussionen im Land zu verdanken. Erst natürlich die Debatte um Vorratsdatenspeicherung und dann das FRA-Gesetz. Zweiteres besagt, dass der grenzüberschreitende Emailverkehr durch den militärischen Geheimdienst bewacht werden soll, um terroristische Anschläge zu verhindern.

Die schwedische Justizministerin Beatrice Ask fürchtet noch immer um die Integrität einzelner Mitbürger, und das zurecht, wie ich finde. Darum gibt es in Schweden auch vier Jahre nach dem EU-Beschluss kein Gesetz zur Datenspeicherung. Eine Strafe seitens der EU wurde nicht verhängt, lediglich die Gerichtskosten des nun geführten Falles gegen Schweden muss der Staat tragen, mehr wird nicht verlangt.

Warum kann man nicht auch in Deutschland zunächst die Dinge besprechen und zu einer zufriedenstellenden Lösung kommen, auch wenn die Findung länger dauert? Statt dessen wird ein gefährliches Gesetz über den Zaun gebrochen, mit dem Beweise vor Gericht legitim sind, die noch vor fünf Jahren kein Rechtsanwalt angefasst hätte, weil sie auf illegale Weise beschafft worden wären. Nun können wir uns täglich fragen, ob wir eventuell durch unser Verhalten einen Grund liefern, warum man unsere Kommunikation überwachen sollte.

einmal geändert am 08.02.2010 18:12