Frei Sprechen
31.03.2008 12:54

Die Entscheidung: Vertrag oder Prepaid?

Kleine Entscheidungshilfe für Leute, deren Vertrag ausläuft
teltarif.de Leser Jochen_O2 schreibt:
Viele Leute nutzen heutzutage immer noch einen Mobilfunkvertrag. Früher ergab das durchaus Sinn, denn damals war "Prepaid" gleichbedeutend mit "teuer". Kunden, die sich für 24 Monate an einen Anbieter binden ließen, konnten nicht nur von billigeren Tarifen profitieren, sondern bekamen auch noch hochwertige Handys wesentlich günstiger oder gar umsonst dazu geschenkt.

Diese Zeiten sind vorbei, doch in wenigen Fällen kann sich ein Vertrag noch immer lohnen.

Die Situation hat sich in der Mobilfunkbranche gewaltig geändert: heutzutage telefoniert man ohne Vertragsbindung und mit Prepaid-Abrechung wesentlich billiger als mit langfristiger Vertragsbindung. Die so genannten "Mobilfunk-Discounter" bieten einfache Tarife an, die rund um die Uhr gelten, und deutlich günstiger sind als Vertragskonditionen. Simyo beispielsweise berechnet 9 ct pro SMS und 9 ct pro Minute, rund um die Uhr in alle deutschen Netze - und wie bei diesen Angeboten üblich: ohne Vertragsbindung, jederzeit kündbar, ohne monatliche Fixkosten (also keine Grundgebühren, kein Mindestumsatz).

Die "Mobilfunk-Discounter" bieten zwar nur ein minimales Angebot "ohne Schnickschnack" an, dies reicht für den Normalverbraucher (der hauptsächlich telefonieren will) jedoch vollkommen aus: die Simkarte kann meist nur online bestellt werden, der Kundenservice ist in der Regel eher nicht so gut, Sonderdienste sind meist überteuert. Dafür gibt es jedoch zahlreiche Möglichkeiten, das Guthaben wieder aufzuladen (z.B. online, per Banküberweisung, oder direkt vom Handy aus per SMS), sodass das Telefonieren und Simsen an sich sehr bequem ist. Durch das Abtelefonieren des im voraus bezahlten Guthabens hat man natürlich jederzeit die volle Kostenkontrolle, was insbesondere für Kinder und Jugendliche die ideale Lösung darstellt.

Zwei dieser "NoFrills"-Anbieter sind beispielsweise:

- Simyo: 9 ct/min, 9 ct/SMS, 24 ct/MB Daten. E-Plus-Netz.

- Callmobile: 3 ct/min callmobile-intern, 13 ct/min in die anderen Netze, 12 ct/SMS, 9 ct/online-Minute. D1-Netz.

Wann lohnt sich nun ein Vertrag?

Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, die ich kurz vorstellen will. Fest steht aber: es lohnt sich niemals, einen Vertrag nur deswegen abzuschließen, weil man so ein günstiges neues Handy bekommt - diese Rechnung geht nicht auf! Diese Geräte sind trotz der Subvention, die die Netzbetreiber den Vertragskunden anbieten, rechnerisch ohne Vertrag günstiger zu bekommen: spätestens bei der Nutzung des neuen Handys wird einem das schnell klar; das Handy war zwar "umsonst", dafür zahlt man jedoch 2 Jahre lang eine Grundgebühr oder einen Mindestumsatz, und dazu kommt: die Minutenpreise und/oder SMS-Preise sind in der Regel mehr als doppelt so teuer wie bei einem Discounter. (Natürlich darf man beim Preisverglich für die Handys nicht die Preisliste der Hersteller oder Netzbetreiber betrachten, sondern muss sich online ein gutes Angebot suchen.)

Eine besondere Gefahr liegt in der Nutzung von monatlichen Minutenpaketen: mal ganz davon abgesehen, dass in der Realität niemand in den nächsten 2 Jahren jeden Monat genau die gleiche Anzahl an Minuten verbrauchen wird - weder innerhalb noch außerhalb der Inklusivpakete kommt man rechnerisch auf einen günstigeren Preis als 9 ct/min, und hat über 2 Jahre hinweg (auch wenn gar nicht telefoniert wird) monatliche Fixkosten. Als besondere Kostenfalle entpuppt sich meist der Preis einer Anschluss-Minute außerhalb des monatlichen Kontingents: hier wird man immer bestraft, wenn man sein Handy weiterhin häufig nutzt.

Wenn es sich nicht gerade um das "iPhone" handelt, ist man also immer billiger dran, sich ein Handy separat zu kaufen, und dann die Simkarte eines Mobilfunk-Discounters zu nutzen. Generell ist also von einem Vertrag eher abzuraten.

1) Eine Vertragsbindung kann sich lohnen, wenn der Vertrag bestimmte Merkmale oder Dienstleistungen beinhaltet, auf die der Kunde nicht verzichten will, und die bei den Discountern entweder gar nicht oder nur überteuert angeboten werden. Beispiele für solche Sonderwünsche sind: "Papier-Rechnung", "Reiseversprechen" für günstige Auslandstelefonate, "Surf-and-E-Mail Flatrate", "Multi-SIM", "Weekend-Flatrate" oder "Zuhause-Bereich". Hier muss jeder selbst im Einzelfall entscheiden, ob und in wie weit sich das ganze rentiert, und was man bereit ist, für diese Sonderdienste auszugeben.
Speziell zum Heimbereich möchte ich noch folgende Anmerkungen machen: im Zuhause-Bereich kann der Kunde nicht nur günstig ins gesamte deutsche Festnetz telefonieren, sondern ist auch unter einer zusätzlichen Festnetz-Rufnummer auf dem Handy erreichbar. Wer also auf den herkömmlichen T-Com-Festnetzanschluss verzichten kann (ca. 15 Euro Grundgebühr pro Monat), der ist mit einem Handy-Vertrag mit Heimbereich unter Umständen deutlich günstiger dran. Man beachte aber, dass außerhalb des Heimbereichs immer wesentlich höhere Preise gelten, und man sich genau überlegen muss, ob sich der Vertrag mit Heimbereich unterm Strich lohnt. Meine Empfehlung wäre: den grundgebührfreien Vertrag "O2 Genion S Online (ohne Handy)" buchen, und im Heimbereich ein altes Handy nutzen und hier von den günstigen Genion-Preisen profitieren, für unterwegs allerdings ein Zweithandy anschaffen, um auch außerhalb der Homezone preiswert telefonieren zu können.
Ein Vertrag "lohnt sich" also hier in den meisten Fällen nur dann, wenn man bereit ist, für gewisse Dienstleistungen etwas mehr Geld auszugeben. Dafür muss man dann an anderer Stelle mehr bezahlen, wie z.B. teurere Minuten- und SMS-Preise, außerdem muss man eine lange Vertragslaufzeit in Kauf nehmen. Ob das dann finanziell eine gute Entscheidung ist, muss jeder selbst durchrechnen.

2) Einen oder mehrere Verträge bei einem Drittanbieter abzuschließen kann sich dann finanziell lohnen, wenn man die Simkarten eigentlich gar nicht nutzen will. Viele Vermittler von Handy-Verträgen werben als Sonderangebot mit "Geschenken", die es bei Vertragsabschluss gratis dazu gibt. Man kann sich hier mit diesen "Bundles" (Vertrag plus Zugaben) oftmals ganz leicht einen kleinen Gewinn erwirtschaften, fürs Telefonieren sind die Simkarten jedoch absolut ungeeignet. Es muss äußerste Vorsicht an den Tag gelegt werden, da es leider unter den Anbietern auch viele schwarze Schafe gibt, und die unseriösen nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Hält der Vermittler jedoch sein Versprechen, und liefert die versprochenen Dinge (Beispiele: Notebook, Motorroller, Handys, Playstation, ipod, Nintendo DS,...), dann kann durch den Verkauf dieser Gegenstände in den meisten Fällen ein höherer Preis erzielt werden, als die monatlichen Grundgebühren kosten. So kann man einen profitablen Gewinn erwirtschaften, jedoch sollte man auf keinen Fall vergessen, den oder die Verträge fristgerecht zu kündigen. Generell rate ich hier vom Gebrauch der Simkarten ab: die Minutenpreise sind sehr überteuert, es besteht die Gefahr in eine Kostenfalle zu tappen. Also das Angebot einfach vorher gut durchrechnen (was sind die Fixkosten in 2 Jahren, wie viele Verträge muss man abschließen, was bringt der Verkauf der Beigaben), und dann den Gewinn gut anlegen, die Simkarten aber lieber nicht benutzen und sofort die Kündigung(en) schreiben.

Seriöse Anbieter wären hier beispielsweise Eteleon, Obocom oder Hitseller - einfach mal nach den Sonderangeboten Ausschau halten. Manchmal werden auch die kompletten Grundgebühren für 2 Jahre direkt nach Vertragsabschluss aufs Bankkonto erstattet, und es gibt trotzdem noch ein günstiges Handy oder ein anderes Geschenk dazu.

3) Verträge mit Sonderkonditionen sind dann rentabel, wenn sie dem Verbraucher-Verhalten für die nächsten 2 Jahre genau entsprechen. Viele Verträge gibt es (auch direkt beim Netzbetreiber) immer wesentlich günstiger als offiziell beworben. Beispielsweise gibt es besondere Tarife für Studenten, oder man handelt über eine Vertragsverlängerung Sonderkonditionen aus (z.B. monatliches Gesprächsguthaben). Auch bei Online-Verträgen kann man sparen und beispielsweise monatliche Frei-SMS bekommen. Wird hier ein rundum attraktives Angebot geschnürt, so kann man damit durchaus günstiger telefonieren als mit einem Discounter - das Telefonierverhalten darf sich dann jedoch während der nächsten 2 Jahre nicht ändern, sonst geht die Rechnung nicht auf.

Als erstes Beispiel zu nennen wäre hier die "Zehnsation Classic Online" von E-Plus, hier zahlt man an sich schon günstige Minutenpreise, und bekommt (durch Online-Vertrag) noch 50 Frei-SMS dazu. 100 Minuten und 50 SMS kosten hier also rechnerisch 10 Euro, das ist etwa ein Drittel günstiger als bei Simyo. Wenn der monatliche Mindestumsatz von 10 Euro sowieso erreicht wird, und man nicht mehr als 50-60 SMS pro Monat verschickt, ist man hier billiger dran als bei jedem Discounter. Zusätzlich kann man die kostenlose "Family & Partner"-Option buchen, und mit bis zu fünf anderen Simkarten (die unter der gleichen Rechnung laufen müssen) kostenlos telefonieren, was gegenüber den Discountern eine echte Ersparnis bringen kann (bei Callmobile kostet eine ähnliche Flatrate immerhin 3,95 Euro monatlich). Weiterhin ist es natürlich von Vorteil, direkt Kunde beim Netzbetreiber zu sein (höhere Priorisierung im Netz, Handysubvention optional möglich gegen monatlichen Aufpreis, diverse weitere Optionen buchbar, etc).

Weiteres Beispiel (für Studenten) wäre noch der Tarif "T-Mobile Relax 50 Student", bei dem man für nur 7,50 Euro 50 Frei-Minuten in alle Netze bekommt - und noch dazu ein günstiges oder sogar kostenloses Handy erhält. Wenn man dieses Minutenpaket immer ziemlich genau ausnutzt, das Handy aber wieder verkauft, sind die 50 monatlichen Freiminuten unterm Strich billiger als bei jedem Discounter. Doch hier liegt eben die Gefahr: verbraucht man mal nur 20 Minuten, im nächsten Monat aber 80, geht die Rechnung nicht auf, denn die Anschlussminuten sind wesentlich teurer.

Fazit:

In den meisten Fällen lohnt sich eine Handy-Vertrag heute nicht mehr, die Discounter sind wesentlich günstiger (sogar Handy-Flatrates sind hier schon teilweise buchbar) - der Hauptvorteil ist jedoch, dass man sich nicht 2 Jahre lang an den Anbieter binden muss und jederzeit wieder kündigen kann, sollte sich das Telefonierverhalten ändern oder sich ein neues, attraktiveres Angebot finden.

Dies gilt schätzungsweise für 90% aller Mobilfunkkunden.

Wer jedoch neben dem Telefonieren und SMS-schreiben noch Sonderwünsche hat, die nur direkt bei den Netzbetreibern angeboten werden, muss wohl die Vertragsbindung und teurere Tarife in Kauf nehmen. Vielleicht hat man jedoch Glück und kann hier wenigstens noch Sonderkonditionen aushandeln (z.B. als Schüler/Student, bei Vertragsverlängerungen oder durch einen Online-Vertrag).

Es kann sich unter Umständen auch lohnen, einen Vertrag abzuschließen, den man überhaupt nicht braucht.

16x geändert, zuletzt am 01.04.2008 14:22
Kommentare zum Thema (2)
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Ergänzung
arndt1972 antwortet
31.03.2008 15:44
Jochen, wieder mal eine sehr gründlicher Artikel von Dir, wie man ihn gewohnt ist, insofern nichts Nees! ;-)
Und wie ich sehe, hast Du den auch schon oft und fleißig ge- und verändert. Ich habe noch eine Ergänzung: zu Deinem Beispielen solltest Du noch dazufügen, daß es ja auch verschiedene Optionen der Netzbetreiber gibt, die ein vergünstigtes Telefonieren untereinander ermöglichen. Allen voran hier Eplus mit der kostenlosen Family- & Partner-Option. Bei wem es paßt und er diese Option nutzen kann, macht das eine Menge aus. Kostenlose Gespräche untereinander ohne einen Cent dafür zu zahlen! Da kann kein Discounter auch nur annähernd mithalten. Bei mir und meiner Freundin z.B. drückt dieses den durchscnittlichen Minutenpreis auf unter 5 Cent (wir telefonieren jeder so ca. 100-150 Minuten im Monat und jeder mindestens die gleiche Zeit nochmal dem anderen) und dazu kommen dann noch die Gratis SMS.
Das jetzt aber bitte wirklich nur als Ergänzung ansehen, ansonsten keine Kritik meinerseits.
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Jochen_O2 antwortet auf arndt1972
01.04.2008 13:44
Benutzer arndt1972 schrieb:
Ich habe noch eine Ergänzung...

Vielen Dank für den wertvollen Hinweis.
Habe den Artikel mittlerweile nochmals überarbeitet,
und diese Info mit eingefügt.

Danke!