Frei Sprechen
04.06.2008 16:10

Mehr frei verfügbare Daten für bessere Frisierstäbe

Gib den Sammlern ordentlich Futter
teltarif.de Leser BjörnB schreibt:
So fing es an: Ich rief eine mir fremde Telefonnummer an, die ich willkürlich in die Handy-Tastatur eintippte. Einfach so. Dann sprach ich "Bliblablub" auf den Anrufbeantworter und legte wieder auf. Keine Angst, das kostete mich keinen Cent extra - ich habe eine Flatrate. Außerdem habe ich die Rufnummer unterdrückt, um mich bei einem eventuell Rückruf nicht erklären zu müssen.

Inzwischen gehe ich gezielter vor. Ich rufe zum Beispiel direkt hintereinander im Aktions-Büro der "Freiraum-Kampagne" der Berliner Hausbesetzer-Szene sowie beim hessischen "Netzwerk gegen Gewalt" an und erkundige mich im Anschluss noch schnell telefonisch beim Deutschen Wetterdienst über die Wetterprognose für die kommenden Tage für Tadschikistan.

Beim Einkaufen mit meiner Kundenkarte betrete ich das Kaufhaus nur noch durch den Kassenbereich, verweile regungslos ein paar Minuten vor dem Regal mit dem Katzenfutter, suche erst danach die Dinge auf meiner Einkaufsliste und lege dann immer einen Frisierstab der Marke Severin zu den anderen Waren in den Einkaufswagen. Die paar Euro ist mir der Spaß wert. Beim Einkauf bei Lidl sorge ich zusätzlich stets dafür, dass die wechselnden, auf meinen Handrücken geschriebenen Telefonnummern beim Bezahlen mit meiner Bankkarte von der Kamera mit erfasst werden können.

Marktforschung, Umfragen, Unterschriftenaktionen – immer her damit, ich kann zu jedem Thema irgendetwas erzählen. Werde ich in der Fußgängerzone ignoriert, bleibe ich einfach so lange stehen, bis die Interviewer zu der Überzeugung gelangen, das Durchgehen der Umfragepunkte sei für sie die bequemere Variante.

Um Geld von der Bank abzuheben, nehme ich gerne längere Anfahrtswege zu immer wieder anderen Bankautomaten in fremden Stadtteilen in Kauf und lerne so meine Stadt gleich besser kennen. Für den Weg zur Arbeit suche ich mir jeden Tag eine neue Route, vorzugsweise durch große Tunnel oder über neuralgische Verkehrsknotenpunkte, halte mich aber an die Geschwindigkeitsbegrenzung und unterlasse plötzliche Überholmanöver und Fahrtrichtungswechsel, damit etwaige Beschatter mir leicht folgen können. Komme ich am Hauptbahnhof vorbei, drehe ich zwei Extrarunden - jeweils in eine Richtung - um das Gebäude und halte dabei mein Gesicht möglichst frontal auch in diese Sicherheitskameras. Die automatische Gesichtserkennung gibt es ja bei uns auch noch nicht, oder? Immer auf den Fahrten mit dabei: mein eingeschaltetes Handy.

Für Suchanfragen über Google habe ich meinen eigenen Logarithmus entwickelt und vor dem Ausschalten des PCs klicke ich noch kurz durch meine ganz persönliche Lesezeichen-Liste. Und für den Fall, dass das Bundeskriminalamt tagsüber, wenn ich im Büro hocke, seinen Trojaner auf einem meiner vier persönlichen PCs installieren möchte, habe ich den Haustürschlüssel schon griffbereit unter die Fußmatte gelegt.

Wenn der technisch durchaus machbare Datenschutz schon nicht politisch gewollt und die digitale Datenspur inzwischen unvermeidlich sind, solange man sich nicht vom heutigen Lebensstil verabschieden möchte, sollen die Schäubles, Telekoms und Lidls bei ihrer Arbeit wenigstens ordentlich ins Schwitzen kommen. So leicht bin ich nicht zu haben. Und vielleicht sorge ich ja so auch gleichzeitig für einen Qualitätssprung bei Frisierstäben.

einmal geändert am 04.06.2008 16:44
Kommentare zum Thema (2)
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sebastian363 antwortet
04.06.2008 16:26
Klasse! Das erste Mal seit langem das ich alleine vorm PC sitze und angefangen habe zu lachen..mir gefällt die Idee und ich glaub bald gibt es noch jemanden der regelmäßig beim deutschen Wetterdienst anruft und sich völlig unwichtige Infos geben lässt ;)
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das reicht nicht
zoelac antwortet
05.06.2008 07:38
Das reicht aber noch nicht. Das sind doch nicht die "typischen" Verhaltensmuster von Terroristen, oder? Erst dann werden Schäuble & Co aktiv. Vorher bleiben die Daten uninteressant. Dann jedoch sollen S & Co ins Schwitzen kommen. Am besten noch einen separaten Rechner aufstellen, den mit einem W-Lan-Sender versehen, natürlich nicht verschlüsselt und auf dem PC alles mögliche an Texten mit "Bombenbau" und ähnlichem speichern. Natürlich die Platte bis Anschlag voll.
Aber die Idee mit Daten streuen ist nicht schlecht. Man sollte evtl. auch bei den ganzen Gewinnspielen mit allen möglichen Adressen mitmachen.

Noch ein Tipp: den Internetrouter auf kleinste Haltezeit stellen und mit einem Script immer wieder verschiedene Internetseiten aufrufen. Es wird ja jedesmal die IP-Verbindung aufgezeichnet.

Also: erzeugt Daten, Daten und nochmals Daten.