Streit

China: Google leitet google.cn auf politisch zensurfreie Seite um

Eskalation im Streit zwischen Suchanbieter und chinesischer Regierung
Von dpa / Ralf Trautmann

Der US-Internetkonzern Google hat im Streit mit der chinesischen Regierung seine Drohung wahrgemacht und bietet für China eine Suchmaschine ohne Zensur an. Wer die Seite google.cn besucht, wird jetzt auf die Version für Hongkong umgeleitet, in deren Ergebnissen politisch heikle Treffer nicht herausgefiltert werden. Google eskaliert damit den Zensur-Streit mit Peking und muss damit rechnen, den Zugang zum lukrativen chinesischen Markt zu verlieren. Die chinesische Regierung reagierte empört auf die Entscheidung und sprach von "unerhörten Anschuldigungen wie auch Verhalten".

Google habe "seine schriftlich gegebenen Zusagen" nicht eingehalten, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur einen für das Internet zuständigen Behördenvertreter, der namentlich nicht genannt wird.

Der US-Konzern hatte im Januar nach einem breit angelegten Hacker-Angriff angekündigt, Pekings Zensur-Anforderungen nicht mehr befolgen zu wollen und notfalls auch einen Rückzug aus China in Kauf zu nehmen.

Die kommunistischen Regierung verlangt von westlichen Internet- Unternehmen, dass sie zum Beispiel Informationen über Tibet oder die blutige Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 herausfiltern.

Die chinesische Regierung hatte unmissverständlich gewarnt, dass Google mit Konsequenzen rechnen müsse, falls der Konzern auf die Zensur verzichtet.

Hongkong und Macao mit freiem Zugang zum Internet

In der Volksrepublik China gibt es bis auf die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao keinen freien Zugang zum Internet. Google betrachte die Umleitung in die ehemalige britische Kolonie als völlig legale Lösung, betonte Chefjustiziar David Drummond in einem Blog-Eintrag am Montag. Google hoffe, dass Chinas Regierung den Schritt respektieren werde. «Obwohl wir uns bewusst sind, dass sie den Zugang zu unseren Diensten jederzeit blockieren kann», schrieb Drummond.

Google hatte seine Haltung zu der von Peking verordneten Zensur nach dem Hackerangriff auf sein Email-System Gmail Ende vergangenen Jahres überdacht. Die Attacke sei nach China zurückverfolgt worden, hatte es geheißen. Das Unternehmen beharrt nun auf seinem neuen Kurs, weltweit entschiedener gegen Zensur vorgehen zu wollen. China hatte Google zuletzt vorgeworfen, den Streit zu politisieren.

Der chinesische Internet-Markt gilt als äußerst lukrativ und zukunftsträchtig. Google, mit Abstand der weltweite Marktführer bei Suchmaschinen und Internet-Werbung, hat in ihn jedoch einen schweren Stand. Das Unternehmen startete in China relativ spät und liegt deutlich hinter dem chinesischen Konkurrenten Baidu.com zurück.

In den vergangenen Wochen hatte es geheißen, Google wolle andere Aktivitäten in China wie sein Forschungszentrum in Peking weiterbetreiben, sei jedoch unsicher, ob die Behörden das zulassen werden.