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Zune HD: Microsoft will endlich gegen den iPod punkten

Gerät gilt als schick und gut ausgerüstet, Microsoft fehlt aber das Kult-Image
Von Ralf Trautmann

Die Situation auf dem PC-Markt ist eindeutig: Die absolute Mehrheit aller Nutzer greift zum Windows-PC und sichert Microsoft damit seine Marktmacht. Zwar gibt es mit Apple einen Verfolger, dieser verdient den Titel aber eigentlich nicht wirklich: Der Marktanteil wächst, ist aber immer noch so gering, dass hier aktuell keine Gefahr droht. In einem anderen Segment indes hat Apple eindeutig die Nase vorn: Was mobile MP3- bzw. Mediaplayer betrifft, ist der iPod der Standard. Doch auch Microsoft wollte und will in diesem Segment mitmischen: Das Pendant aus Redmond kam unter dem Namen Zune Ende 2006 in seiner ersten Variante auf den Markt, seither sind mehrere Generationen erschienen. Den meisten wird der Zune aber gar nicht bekannt sein - aus gutem Grund: Er schaffte es nie nach Europa, und wenn ein Unternehmen sein Produkt auch nach Jahren nicht über den Teich bringen will, lässt das in der Regel nicht auf einen Verkaufsschlager schließen. In der Tat hat dann auch der Zune Microsofts Bilanzen nicht gerade in die Höhe getrieben.

Positionierung als iPod-Touch-Konkurrent unverkennbar

Bild vom Microsoft Zune HD Der Microsoft Zune HD...
Bild: Microsoft
Jetzt indes versucht der Software-Riese, mit einer neuen, technischen Offensive (allerdings wohl auf Grund der früheren Zune-Erfahrungen sehr zurückhaltend in der Öffentlichkeitsarbeit) endlich auch im Mediaplayer-Markt Boden gut zu machen und präsentiert nun neu den Zune HD. Dass das Gerät in direkter Konkurrenz zum iPod touch stehen soll, ist nicht zu übersehen, und auch die technischen Daten lassen nur diesen eindeutigen Schluss zu. Das stromsparende 3,3-Zoll-OLED-Display im 16:9-Format löst 480 mal 272 Pixel auf, zudem ist der berührungsempfindliche Bildschirm mit der trendigen Multitouch-Funktion ausgestattet, versteht also auch Kommandos mit mehreren Fingern. Der Player unterstützt die Wiedergabe von 720p-HD-Videos und kommt wahlweise mit 16 oder 32 GB Speicher (und damit sogar abgespeckt: den Zune gabs auch schon mit 80 oder 120 GB Speicher). Schnurlos angebunden wird er via WLAN und soll mit voll ausgestattetem Browser kommen.

Bei gekappter WLAN-Verbindung soll das Gerät 33 Stunden lang Musik wiedergeben können, Videos ganze 8,5 Stunden. Zudem ermöglicht der Zune HD den Empfang von UKW- sowie digitalem Radio. Im ganzen ist der Zune HD hinsichtlich der Breite und Länge etwas kleiner als der iPod touch, dafür geringfügig dicker. Das Gewicht indes ist mit 74 Gramm deutlich geringer als beim iPod touch. Auch Microsoft bietet hier einen Medienstore, den Zune Marketplace, um das Gerät mit passenden Inhalten zu bestücken. Zwar wird Microsoft perspektivisch auch ein Angebot an Spielen und Anwendungen bieten, bis es auf Augenhöhe mit Apples AppStore und seinen zehntausenden Programmen ist, wird aber noch einige Zeit vergehen, vor allem die Angebote für Gamer sollen sich aber sehen lassen können. Preislich wird der Zune HD mit 290 Dollar in der 32-GB-Version knapp unter dem iPod-Touch-Preis liegen, in der 16-GB-Variante ist er mit 220 Dollar ein ganzes Stücken günstiger. Über eine separat erhältliche Dockingstation können Filme dann über HDMI am TV ausgegeben werden.

Reicht die technische Basis zum Erfolg?

Bild vom Apple iPod Touch ... und Apples iPod Touch
Bild: Apple
Offensichtlich ist man bei Microsoft beim Thema Mediaplayer aber sehr vorsichtig geworden: Auch der Zune HD wird (erstmal) nicht nach Europa kommen. Doch wird der Medienplayer ein Erfolg? Technisch scheint das Gerät auf der Höhe der Zeit und tatsächlich eine iPod-Touch-Alternative zu sein, und ersten Meinungen zufolge gilt er auch noch als schick. Dass ein Teil der Apple-Gemeinde sich in einschlägigen Foren und Online-Magazinen weniger über das Gerät lustig macht sondern vielmehr über angebliche technische Unzulänglichkeiten mäkelt, dürfte ebenfalls ein Indiz sein, dass Microsoft hier tatsächlich ein potenzieller iPod-Touch-Konkurrent gelungen ist, denn auf nichts reagiert der Apple-Jünger allergischer als auf einen Redmonder Erfolg.

Ein Problem ganz anderer Art dürfte Microsoft allerdings das Leben schwer machen: Apple hält den Ruf des Kultherstellers, und bei MP3- und Medienplayern geht es eben auch (oder sogar vorrangig) um Lifestyle: Apple-Produkte gelten einfach als "cool", ein solches Attribut wird man einem Microsoft-Produkt in der Regel aus Prinzip nicht zuschreiben. Analog zum PC-Markt, aber eben mit verkehrten Rollen, gilt hier wohl: Eine Gefahr für Apple droht erstmal nicht.