Langsames Internet: Beweis für Verbraucher nur schwer zu führen
Das neue Telekommunikationsgesetz hat die Rechte der Verbraucher gestärkt und verbessert. Doch nicht alles, was auf den ersten Blick "gut" aussieht, ist so einfach in der Praxis anwendbar.
Theoretisch kann ein Internetkunde seit dem 1. Dezember bei zu langsamer Geschwindigkeit seine Monatsrechnung mindern oder bei massiven technischen Mängeln sogar komplett kündigen. Dazu muss er aber einen Beweis antreten, der viele Kunden ziemlich überfordern dürfte. Das vorgeschriebene Verfahren sieht umfangreiche Messungen vor, die mindestens 5 Tage und bis zu 13 Tage dauern können.
"Wer will schon mindestens fünf Tage auf eine normale Internetnutzung verzichten, um die Vorgaben zur beweisfesten Messung zu erfüllen?" fragt Fachredakteur Henning Gajek vom Online-Portal teltarif.de.
Bestimmte Netz-Technik ist anfälliger als andere
Wer sein Internet zum Beispiel über einen Kabel-TV-Anbieter bezieht, wer in einem Mietshaus mit alten oder schlecht gewarteten Koax-Kabel-TV-Systemen wohnt, wo es oft zu stark überbuchten Signal-Verteilern (Fachbegriff "Cluster") kommen kann, kennt das Problem: Zur Haupt-TV-Sendezeit geht das Internet in die Knie oder steigt komplett aus. Aber auch DSL-Installationen, ja selbst Glasfasernetze können überlastet werden.
Offizielle Software der Bundesnetzagentur
Die Bundesnetzagentur hat eine Software für den heimischen Desktop-PC oder den Laptop mit dem Namen "Breitbandmessung" zur Verfügung gestellt, womit betroffene Kunden dem eigenen Anbieter nachweisen können, dass seine Internet-Lei[s]tung "schlecht" ist.
Nur die Messungen über dieses Programm werden im Streitfall akzeptiert und die Voraussetzungen sind streng: Der PC oder Laptop muss über ein LAN-Kabel direkt mit dem Router verbunden sein. Alle anderen Nutzungen und Nutzer sind abzuschalten (z.B. das WLAN) oder abzutrennen (Stecker ziehen), um ein klares Messergebnis zu erzielen. TV-Empfang via Internet oder Streaming ist so lange ebenfalls tabu.
Insgesamt müssen 30 Messungen durchgeführt werden, davon pro Kalendertag 10 Messungen mit bestimmten Abständen und zwischen den Tagen müssen noch Pausen eingehalten werden, sodass ein Messverfahren mindestens fünf und maximal knapp 14 Tage dauern kann. So lange darf am Anschluss kein anderer Nutzer aktiv sein. Jede der drei Messungen muss von Hand frisch angestoßen werden, eine Automatik gibt es nicht.
Das bedeutet: Wer mit schlechtem Internet gestraft ist, darf sich Urlaub nehmen, um mathematisch wissenschaftlich exakt dem Anbieter zu beweisen, dass sein Internet nichts taugt. Welche Familie hält das so lange durch?
Immerhin: Nach erfolgreichem Abschluss der Messkampagne wird ein Messprotokoll erstellt. Dieses enthält eine Aussage über vorliegende erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichungen mit Blick auf die vertraglich vereinbarten Datenübertragungsraten, wie das amtlich benannt wird.
Praxisfremde Lösung
teltarif.de-Autor Henning Gajek findet, dass diese Messmethode "gut gemeint, aber praxisfremd" ist, die konsultierten Anbieter möchten natürlich ungern für Fehler beim Kunden zur Verantwortung gezogen werden.
Die Fehlerquellen können vielfältig sein: Eine schlechte WLAN-Funkverbindung bremst extrem, im Netz spielende Kinder, mehrere TV-Streams zugleich oder große Downloads kosten ebenfalls Kapazität.
Gajek findet, dass ein generelles monatliches Kündigungsrecht, was die Branche vehement ablehnt, beiden Parteien am gerechtesten geworden wäre.
Somit bleibt für den Internet suchenden Kunden nur der Rat, sich vor der Unterschrift unter einen Vertrag erst ausgiebig zu informieren und bei Nachbarn oder Bekannten in der unmittelbaren Nachbarschaft den dortigen Internetanschluss kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Der Link zu Artikel: https://www.teltarif.de/s/s86619.html
Kontakt:
Rückfragen und Interviewwünsche richten Sie bitte an:
teltarif.de Onlineverlag GmbH
Henning Gajek
Tel: +49 (0) 30 / 453081-423
Mobil: +49 (0) 170 / 5583724
E-Mail: presse@teltarif.de