Pressemitteilung 16.12.2021

Langsames Internet: Beweis für Verbraucher nur schwer zu führen

Das neue TKG erlaubt dem Kunden bei schlechter Inter­net­leis­tung vorzeitig zu kündigen oder den Preis zu mindern. Der Aufwand, das zu beweisen, ist aber enorm und für tech­nisch unkun­dige Anwender kaum zu leisten.

Das neue Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz hat die Rechte der Verbrau­cher gestärkt und verbes­sert. Doch nicht alles, was auf den ersten Blick "gut" aussieht, ist so einfach in der Praxis anwendbar.

Theo­retisch kann ein Inter­net­kunde seit dem 1. Dezember bei zu lang­samer Geschwin­dig­keit seine Monats­rech­nung mindern oder bei massiven tech­nischen Mängeln sogar komplett kündigen. Dazu muss er aber einen Beweis antreten, der viele Kunden ziem­lich über­for­dern dürfte. Das vorge­schrie­bene Verfahren sieht umfang­reiche Messungen vor, die mindes­tens 5 Tage und bis zu 13 Tage dauern können.

"Wer will schon mindes­tens fünf Tage auf eine normale Inter­net­nut­zung verzichten, um die Vorgaben zur beweis­festen Messung zu erfüllen?" fragt Fach­redak­teur Henning Gajek vom Online-Portal teltarif.de.

Bestimmte Netz-Technik ist anfäl­liger als andere

Wer sein Internet zum Beispiel über einen Kabel-TV-Anbieter bezieht, wer in einem Miets­haus mit alten oder schlecht gewar­teten Koax-Kabel-TV-Systemen wohnt, wo es oft zu stark über­buchten Signal-Vertei­lern (Fach­begriff "Cluster") kommen kann, kennt das Problem: Zur Haupt-TV-Sende­zeit geht das Internet in die Knie oder steigt komplett aus. Aber auch DSL-Instal­lationen, ja selbst Glas­faser­netze können über­lastet werden.

Offi­zielle Soft­ware der Bundes­netz­agentur

Die Bundes­netz­agentur hat eine Soft­ware für den heimi­schen Desktop-PC oder den Laptop mit dem Namen "Breit­band­mes­sung" zur Verfü­gung gestellt, womit betrof­fene Kunden dem eigenen Anbieter nach­weisen können, dass seine Internet-Lei[s]tung "schlecht" ist.

Nur die Messungen über dieses Programm werden im Streit­fall akzep­tiert und die Voraus­set­zungen sind streng: Der PC oder Laptop muss über ein LAN-Kabel direkt mit dem Router verbunden sein. Alle anderen Nutzungen und Nutzer sind abzu­schalten (z.B. das WLAN) oder abzu­trennen (Stecker ziehen), um ein klares Mess­ergebnis zu erzielen. TV-Empfang via Internet oder Strea­ming ist so lange eben­falls tabu.

Insge­samt müssen 30 Messungen durch­geführt werden, davon pro Kalen­dertag 10 Messungen mit bestimmten Abständen und zwischen den Tagen müssen noch Pausen einge­halten werden, sodass ein Mess­ver­fahren mindes­tens fünf und maximal knapp 14 Tage dauern kann. So lange darf am Anschluss kein anderer Nutzer aktiv sein. Jede der drei Messungen muss von Hand frisch ange­stoßen werden, eine Auto­matik gibt es nicht.

Das bedeutet: Wer mit schlechtem Internet gestraft ist, darf sich Urlaub nehmen, um mathe­matisch wissen­schaft­lich exakt dem Anbieter zu beweisen, dass sein Internet nichts taugt. Welche Familie hält das so lange durch?

Immerhin: Nach erfolg­rei­chem Abschluss der Mess­kam­pagne wird ein Mess­pro­tokoll erstellt. Dieses enthält eine Aussage über vorlie­gende erheb­liche, konti­nuier­liche oder regel­mäßig wieder­keh­rende Abwei­chungen mit Blick auf die vertrag­lich verein­barten Daten­über­tra­gungs­raten, wie das amtlich benannt wird.

Praxis­fremde Lösung

teltarif.de-Autor Henning Gajek findet, dass diese Mess­methode "gut gemeint, aber praxis­fremd" ist, die konsul­tierten Anbieter möchten natür­lich ungern für Fehler beim Kunden zur Verant­wor­tung gezogen werden.

Die Fehler­quellen können viel­fältig sein: Eine schlechte WLAN-Funk­ver­bin­dung bremst extrem, im Netz spie­lende Kinder, mehrere TV-Streams zugleich oder große Down­loads kosten eben­falls Kapa­zität.

Gajek findet, dass ein gene­relles monat­liches Kündi­gungs­recht, was die Branche vehe­ment ablehnt, beiden Parteien am gerech­testen geworden wäre.

Somit bleibt für den Internet suchenden Kunden nur der Rat, sich vor der Unter­schrift unter einen Vertrag erst ausgiebig zu infor­mieren und bei Nach­barn oder Bekannten in der unmit­tel­baren Nach­bar­schaft den dortigen Inter­net­anschluss kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Der Link zu Artikel: https://www.teltarif.de/s/s86619.html

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