Herausforderungen

Trends und Strategien im stagnierenden Telekommunikationsmarkt

Bessere Infrastruktur und neue Dienste
Von Marie-Anne Winter

Die globale Wirtschaftskrise greift um sich und zahlreiche Branchen haben mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen. Im Vergleich mit Bereichen wie der Automobil- oder der Maschinenbauindustrie befindet sich die Telekommunikations-Branche noch in einer relativ komfortablen Situation. Die Telekommunikationsunternehmen wiesen während der Krise durch den Grundbedürfnischarakter ihrer Angebote nur leicht rückläufige Umsätze aus. Und die Aussichten sind noch besser: Während der Aufschwung in vielen Branchen auf sich warten lässt, sieht es für die Telekommunikationsindustrie ganz anders aus.

Die internationale Strategieberatung Booz & Company prognostiziert in einer aktuellen Untersuchung bis 2012 Wachstum für den deutschen Telekommunikationsmarkt, vor allem im Geschäftsfeld Unterhaltungs- und Service-Angebote im Internet wie etwa soziale Netzwerke, mobile Anwendungen und Online-TV. Konnte dieser Bereich 2007 erst 9 Prozent des Gesamtumsatzes auf sich vereinen, werden es nach der Untersuchung 2012 bereits über 16 Prozent sein. In diesem Marktumfeld wird die Entwicklung neuer Fähigkeiten für alle Anbieter zwingend.

Der Markt für reine Sprach- und Zugangsdienste über Mobilfunk und Festnetz wird hingegen von einem Umsatzvolumen von 39 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf weniger als 36 Milliarden Euro in 2012 zurückgehen. Gleichzeitig lassen sich substanzielle Investitionen beispielsweise in Glasfaserinfrastruktur und in den Wechsel auf den neuen Mobilfunkstandard Long-Term-Evolution (LTE) nicht weiter aufschieben. Der Aufbau einer flächendeckenden LTE-Infrastruktur erfordert laut Booz & Company allein von den europäischen Carriern Investitionen von insgesamt 15 Milliarden Euro bis 2013. Diese strategische Ausgangslage erhöht den Konsolidierungsdruck im Markt der Infrastrukturanbieter weiter. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die Konsolidierung im europäischen Markt bereits weit fortgeschritten ist. Heute gehören schon 75 Prozent der Mobilfunknetzbetreiber zu international aufgestellten Telekommunikationskonzernen.

Vier Trends im Spannungsfeld von Markt und Politik

Auf Basis ausführlicher Interviews mit globalen Entscheidungsträgern der Industrie hat Booz & Company vier zentrale Spannungsfelder untersucht, die den strategischen Rahmen für die immer stärker zusammenwachsenden Festnetz-, Mobilfunk- und Medienmärkte aufspannen. "Wer nach dem Ende der Rezession in der Telekommunikationsindustrie bestehen und gegen den Trend wachsen will, muss die Dynamik dieser Spannungsfelder im Auge behalten und bewusst in neue Geschäftsfelder investieren. Das Kerngeschäft von heute ist dabei sicher nicht immer das Wachstumsfeld von morgen", sagt Dr. Roman Friedrich, Partner und Telekommunikationsexperte bei Booz & Company.

Anbieter von Basisdiensten werden austauschbar

Aufgrund der flächendeckenden Erschließung des Marktes und der Tatsache, dass Telekommunikationsdienste immer mehr zum Alltag gehören, können sich die Anbieter mit ihren Produkten immer schwerer vom Wettbewerb absetzen. Marktteilnehmer müssen daher versuchen, über innovative Strategien und Technologien ihre Marktposition zu stärken. Um die eigene Leistungsfähigkeit zu erhöhen, empfiehlt sich die Kooperation mit neuen, kleineren - aber dafür innovativen - Partnern. Apple macht gerade mit dem Erfolg seines AppStores mit 500 Millionen Downloads pro Quartal über das iPhone deutlich, welches wirtschaftliche Potenzial jenseits der klassischen Kommunikationsdienste erschlossen werden kann.