Breitbandausbau

VATM: Marktmacht der Telekom ungebrochen

Der VATM stellt auch bei der 25. Auflage seiner jähr­lichen Analyse des TK-Marktes fest, dass die Vorherr­schaft der Telekom unge­bro­chen ist. Dass sie im Fest­netz trotz weniger Kunden mehr Umsatz mache, ist für den Verband eben­falls kein gutes Zeichen.
Von Marc Hankmann

In diesem Jahr steigen die Inves­titionen mit 13,6 Milli­arden Euro (ein Plus von rund einer halben Milli­arde Euro im Vergleich zu 2022) auf ein Rekord­hoch. Und auch die Gigabit-Versor­gungs­quote von 75 Prozent sowie die Glas­faser­ver­sor­gungs­quote von 35,4 Prozent aller deut­schen Haus­halte sind Anlass zur Freude, wenn­gleich der VATM bei der Glas­faser­quote schon Wasser in den Wein kippen muss, denn hierbei handelt es sich um 16,2 Millionen "Homes passed", also Haus­halte, an deren Grund­stücks­grenze die Glas­faser ledig­lich entlang­läuft. Einen Anschluss an eine vorbei­lau­fende Glas­faser besitzen davon laut VATM 8,2 Millionen Haus­halte ("Homes connected"), von denen 4,2 Millionen den Anschluss auch wirk­lich nutzen ("Homes acti­vated"). Die VATM-Spitze um Geschäftsführer Frederic Ufer (l.) und Präsident David Zimmer (2.v.l.) kritisieren die Bundesnetzagentur und die Politik, die beide dazu geführt hätten, dass die Telekom immer noch marktmächtig ist Die VATM-Spitze um Geschäftsführer Frederic Ufer (l.) und Präsident David Zimmer (2.v.l.) kritisieren die Bundesnetzagentur und die Politik, die beide dazu geführt hätten, dass die Telekom immer noch marktmächtig ist
Screenshot: Marc Hankmann
Immerhin: Die Zuwächse im Glas­faser­bereich können sich sehen lassen. Im Vergleich zu 2022 ist die Zahl der "Homes passed" um fast ein Viertel gestiegen (24,6 Prozent), die der "Homes connected" um ein Drittel (33,3 Prozent) und die der "Homes acti­vated" um 23,5 Prozent. Mehr als jeder dritte Haus­halt, der von einem Telekom-Wett­bewerber ange­schlossen wird, nutzt den Glas­faser­anschluss auch (35,6 Prozent). Laut VATM-Markt­studie liegt diese Take-up-Rate zwei Drittel mal so hoch wie beim Bonner TK-Konzern, denn von den 7,2 Millionen Glas­faser­anschlüssen der Telekom sind nur eine Million akti­viert. Dass die Bonner über­wie­gend "Homes passed" bauen, zeige nach Ansicht des Verbands, dass die Telekom keinerlei Druck verspüre, die eigenen DSL-Kunden auf Glas­faser zu migrieren.

Statt­dessen legt die Telekom der TK-Markt­studie zufolge im DSL-Bereich noch zu. Im Vergleich zum vorhe­rigen Jahr stieg die Zahl um 100.000 DSL-Kunden an. Gleich­zeitig nimmt der Umsatz der Telekom im Fest­netz in diesem Jahr von 16,6 auf 16,5 Milli­arden Euro ab. Bereits im Früh­jahr präsen­tierte der VATM ein Gutachten, demzu­folge das preis­aggres­sive Auftreten der Telekom im DSL-Markt dazu führe, dass die Bonner hier Markt­anteile zurück­gewinnen. Laut der aktu­ellen TK-Markt­ana­lyse des VATM gelingt das der Telekom bereits seit 2007.

"Schein­infra­struk­tur­wett­bewerb und Markt­ver­drän­gung vom Ex-Mono­polisten"

"Die aktu­elle Analyse verdeut­licht die unge­bro­chene Markt­domi­nanz der Deut­schen Telekom", resü­miert Studi­enleiter Andreas Walter, geschäfts­füh­render Gesell­schafter des Bera­tungs­insti­tuts Dialog Consult. "Die Telekom erzielt 50,6 Prozent der Umsätze im Fest­netz­markt, zwei Drittel aller Breit­band­anschlüsse werden über das Telekom-Netz reali­siert und mit 100.000 neuen DSL-Kunden gewinnt sie sogar noch Markt­anteile im DSL-Teil­markt zurück."

Gleich­zeitig könnten die Nach­frager bei den FTTH-Anschlüssen der Telekom laut Walter aufgrund des unre­gulierten Zugangs keine nennens­werten Markt­anteile gewinnen. "Mit einer Stei­gerung der ‚Homes Passed‘ um 33 Prozent sucht die Deut­sche Telekom ihre Markt­domi­nanz auch im Glas­faser­markt zu mani­fes­tieren", ergänzt Walter.

VATM-Präsident David Zimmer forderte die Telekom auf, die "Position des Verhinderns" aufzugeben VATM-Präsident David Zimmer forderte die Telekom auf, die "Position des Verhinderns" aufzugeben
Screenshot: Marc Hankmann
"Die Markt­macht der Telekom behin­dert den Glas­faser­ausbau und den zukünftig auch für die Wirt­schaft Deutsch­lands so wich­tigen Wett­bewerb auf den Netzen", sagte VATM-Präsi­dent David Zimmer bei der Präsen­tation der TK-Markt­studie und sprach von "Schein­infra­struk­tur­wett­bewerb und Markt­ver­drän­gung vom Ex-Mono­polisten". Die Politik schaue konzeptlos zu. Von ihr forderte Zimmer ein "Leit­bild für die Zukunft des Tele­kom­muni­kati­ons­marktes".

Die Verant­wort­lichen für diese Markt­situa­tion sitzen laut VATM-Geschäfts­führer Frederic Ufer bei der Bundes­netz­agentur (BNetzA). Sie habe durch ihre Dere­gulie­rung der Telekom Spiel­räume eröffnet, die diese für sich nutze. "Vor allem aber stellen die lähmende Förder­politik und der anhal­tende stra­tegi­sche Überbau durch die Deut­sche Telekom eine enorme Bedro­hung für den flächen­deckenden Ausbau der Tele­kom­muni­kati­ons­infra­struktur dar", ergänzte Verbands­prä­sident Zimmer.

"Bei immer noch über 30 Millionen nicht mit Glas­faser erschlos­senen Haus­halten können wir uns solche Schar­mützel und Graben­kämpfe über­haupt nicht erlauben", sagte Zimmer und forderte die Telekom auf, die "Posi­tion des Verhin­derns" aufzu­geben.

Die Wett­bewerber werfen der Telekom einen stra­tegi­schen Glas­faser­überbau vor. In Moos­burg an der Isar hat das "Chery-Picking" konkrete Folgen für die Bürger.

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