Telekommunikationsmarkt

Neue EU-Regeln: Höhere Preise befürchtet

Die EU-Kommission will den Telekommunikationsmarkt neu regeln. Für Investitionen in den Netzausbau erhalten Unternehmen Vorteile - und könnten so auf Endkundenverträge mit einer Mindestlaufzeit von über zwei Jahren pochen.
Von Johannes Kneussel

Juncker und Oettinger wollen den Telekommunikationsmarkt umkrempeln. Juncker und Oettinger wollen den Telekommunikationsmarkt umkrempeln.
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Das Handelsblatt berichtet in der aktuellen Montagsausgabe über den Plan der EU-Kommission [Link entfernt] , neue Regeln für den Telekommunikationsmarkt einzuführen. Für den Verbraucher könnte dies negative Konsequenzen haben, da Anbieter, die in den Breitbandausbau investieren, dafür mit bestimmten Privilegien ausgestattet werden sollen - beispielsweise die Möglichkeit, Verträge mit einer Laufzeit anzubieten, die über zwei Jahre hinausgeht.

Juncker und Oettinger wollen den Telekommunikationsmarkt umkrempeln. Juncker und Oettinger wollen den Telekommunikationsmarkt umkrempeln.
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Die EU-Kommission und allen voran deren Präsident Jean-Claude Juncker wollen den TK-Binnenmarkt schon seit Langem vereinheitlichen und erneuern. Auch der dafür eingesetzte Digital-Kommissar Oettinger vertritt diese Linie, pocht aber auch auf den Verbraucherschutz: "Dafür werden wir Vorschläge vorlegen, die sowohl den Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher als auch denen der Wirtschaft gerecht werden." Zeitgleich soll auch der Arbeitsmarkt mit den Reformen angekurbelt werden und hundertausende neue Arbeitsplätze schaffen. Ein Blick ins Kleingedruckte lässt allerdings befürchten, dass vor allem die großen Telekommunikations­unternehmen Vorteile aus den neuen Regeln ziehen können, während kleinere, unter Umständen innovativere Anbieter und Verbraucher in die Röhre schauen.

Deutschland hinkt der digitalen Revolution hinterher

Deutschland läuft Gefahr, im europäischen Markt den Anschluss hinsichtlich des Breitbandausbaus zu verlieren. Das Handelsblatt spricht von anstehenden Investitionen von über 100 Milliarden Euro bei Glasfaser und 5G, dem Nachfolger von 4G bzw. LTE. Aus diesem Grund gerät der Privatnutzer etwas aus dem Sichtfeld, die Wirtschaft soll stärker gefördert werden. Over-the-top-Dienste wie Facebook, WhatsApp, Skype und Co. bieten ähnliche Services wie Mobilfunkanbieter, müssen aber nicht in die Infrastruktur investieren: eine unfaire Bevorteilung? Over-the-top-Dienste wie Facebook, WhatsApp, Skype und Co. bieten ähnliche Services wie Mobilfunkanbieter, müssen aber nicht in die Infrastruktur investieren: eine unfaire Bevorteilung?
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Als Problem werden auch große amerikanische Anbieter wie WhatsApp, Skype oder Facebook ausgemacht, die laut Handelsblatt wie Telekommunikations­anbieter aufträten, sich dabei aber nicht an diese Regeln halten müssten, die für Telekom und Co. gälten.

Das angesprochene Problem ist bereits seit Jahren in der Diskussion und scheint nur schwer zu lösen zu sein: Auf der einen Seite bieten Chat- und Video-Dienste wie Skype, WhatsApp, Google (Hangouts, Duo) ähnliche Services an, wie dies die europäischen Mobilfunkanbieter tun, leisten allerdings keinen Beitrag zum Netzausbau, auf der anderen Seite ist es sehr schwer zu entscheiden, welche Dienste ab wann mit in die Pflicht genommen werden müssten.

Vorteile für Unternehmen, die investieren

Nun sehen die neuen Regeln einen "Schutz" für diejenigen Anbieter vor, die in den Ausbau von 5G und Glasfaser investieren. Das heißt, wer neue Netze schafft, hat für eine gewisse Übergangszeit Vorteile gegenüber den Mitbewerbern. Diese Regelung soll außerdem nicht nur für den ländlichen Raum gelten, sondern auch dort, wo die Bevölkerungsdichte sehr hoch ist. Ziel ist, dass die Investoren ihre Ausgaben refinanzieren können, während Kunden, die einen schnelleren Breitbandanschluss bestellen, mit höheren Kosten und längeren Vertragslaufzeiten rechnen müssten - ohne einfach zur Konkurrenz gehen zu können.

Auswirkungen sind noch unklar

Welche Auswirkungen die neuen Regeln haben werden, ist noch unklar. Auch, da am Konzept noch Änderungen vorgenommen werden könnten. Erst Mitte September soll das finale Papier vorgelegt werden. Schon jetzt warnen Verbraucherschützer allerdings davor, dass "längere Vertragslaufzeiten für Verbraucher [...] eine ungerechtfertigte Zumutung [sind]." Außerdem zweifeln sie den Nutzen für den Netzausbau an.

Der Glasfaserausbau ist teuer. Der Glasfaserausbau ist teuer.
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Die EU-Kommission wiegelt derweil ab: Die Überlegungen seien nur für Fälle gedacht, bei denen sich Kunden an den Kosten für den Ausbau beteiligten. Wenn mehrere Nutzer den Ausbau beauftragten, könnten Verträge abgeschlossen werden, die den Kunden länger als zwei Jahre bänden, um dem Anbieter Planungssicherheit zu ermöglichen. Das Handelsblatt weist aber darauf hin, dass es schon lange Unternehmen gibt, die derartige Vorhaben ausführen - und auch mit einer Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren leben können.

Die tatsächlichen Auswirkungen auf den Markt sind aber auch deswegen noch unklar, weil die EU-Kommission "Unternehmen mit einer signifikante[n] Marktmacht für eine Zeit in Teilen gar nicht mehr [...] regulieren [will] - wenn sie in einer Region erstmals Hochgeschwindigkeitsnetze bauen." Die Kommission würde diesen Investoren dann vertrauen, anderen Anbietern faire Angebote für die Mitnutzung der so geschaffenen Infrastruktur zu machen.

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