Statement

TK-Experte Torsten J. Gerpott kritisiert Vectoring-II-Entwurf in vielen Punkten

In einer Abhandlung in der Zeitschrift Net beschäftigt sich Professor Gerpott mit dem 234 Seiten starken Regulierungsentwurf der BNetzA. Diesen kritisiert er dabei in vielen wichtigen Punkten und hofft auf Änderungen in der finalen Version.
Von Thorsten Neuhetzki

Torsten J. Gerpott (Archivbild) Torsten J. Gerpott (Archivbild)
Foto: EUROFORUM/St. Hergenröder
Im Winter vergangenen Jahres beantragte die Deutsche Telekom, den Zugang zur Kupferdoppelader im Nahbereich der Vermittlungsstellen neu zu regulieren. Ihr schwebte vor, dass sie für - nach eigenen Angaben - etwa sechs Millionen Haushalte VDSL mit 100 MBit/s realisiert - exklusiv. Die Wettbewerber sollten dafür für VDSL den Zugriff auf die TAL verlieren. Nach neun Monaten hat die Bundesnetzagentur im November ihren Regulierungsentwurf zu diesem Antrag vorgelegt, der jedoch auf wenig Gegenliebe bei allen Beteiligten stieß. Zwar gibt ein Teil der Wettbewerber eine "jetzt-erst-recht"-Parole aus, doch selbst die Telekom zeigte sich damals in einer ersten Reaktion nicht begeistert, da sie nicht die kompletten Exklusivrechte zugesprochen bekommen hat.

Jetzt äußerte sich auch der TK-Experte und Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmens- und Technologieplanung an der Mercator School of Management der Uni Duisburg, Torsten J. Gerpott. In der Fachzeitschrift Net, einer Zeitschrift für Kommunikationsmanagement, veröffentlichte Gerpott eine zweiseitige Abhandlung über den Entwurf der Bundesnetzagentur. Dabei warf er einige Fragen auf, die ihn bei der Analyse des 234 Seiten starken Entwurfs beschäftigten.

Warum müssen Wettbewerber schneller ausbauen?

Torsten J. Gerpott (Archivbild) Torsten J. Gerpott (Archivbild)
Foto: EUROFORUM/St. Hergenröder
So bezeichnete Gerpott es als "unverständlich", dass die Wettbewerber die Zugangsverweigerung zur Teilnehmeranschlussleitung (kurz: TAL) für VDSL nur dann abwehren können, wenn sie nach einer entsprechenden Verpflichtung zum Ausbau bis Ende 2017 den Ausbau auch abgeschlossen haben. Der Grund für das Unverständnis: Die Telekom hat ihr Ausbauversprechen auf das Jahresende 2018 terminiert - hier soll dann auch das Breitbandziel der Bundesregierung, 50 MBit/s für alle anzubieten, erfüllt sein.

Für Gerpott ist es auch nicht ersichtlich, warum im Regulierungsentwurf der 23. November 2015 als Stichtag für die Möglichkeit der Abwehr genannt wird. Hintergund: Um die Mehrheit der mit VDSL versorgten Kabelverzweiger (Kvz) in einem Anschlussgebiet zu ermitteln, will die Bundesnetzagentur dieses Datum heranziehen. Die Wettbewerber kritisieren dies, da sie bereits verbindliche Anmeldungen für weitere Kvz abgegeben haben, die sie ausbauen müssen. Diese würden aber in der Zählung nicht berücksichtigt. Auch Gerpott meint, näher liege es, "in Analogie zur ersten Vectoring-Entscheidung hier auf den Tag abzuheben, an dem der erste Anbieter für einen exakt spezifizierten Anschlussbereich den Ausbau mit VDSL2-Vectoring unter Angabe eines verbindlichen Fertigstellungstermins offiziell avisiert".

Gerpott hofft auf politischen Freiraum

Ferner sieht Gerpott es als problematisch an, dass echte Glasfaseranschlüsse bei der Ermittlung eines Erschließungsgrades ausgeklammert werden. Zudem kritisiert er eine Ungleichbehandlung, was die Bereitstellung von Vorleistungen für das ausbauende Unternehmen angeht. Während die Telekom nur einem Mitbewerber den sogenannten VULA-Zugang gewähren muss, sollen die Wettbewerber dem Entwurf zufolge sämtlichen Nachfragern den Zugang einrichten.

Der TK-Experte hofft abschließend, dass die "Beschlusskammer politisch die erforderlichen Freiräume erfalten wird", die es ihr erlauben, die finale Verfügung "noch so gegenüber dem Entwurf zu modifizieren, dass die Endfassung stärker darauf zielt, Investitionen aller Anbietergruppen in zukunftssichere Gigabit-Anschlüsse gleichgewichtig und nachhaltig zu stimulieren". Mit dem finalen Entscheid rechnet Gerpott spätestens im zweiten Quartal 2016. teltarif.de wird darüber selbstverständlich ausführlich berichten. Bis 18. Januar 2016 läuft nun zunächst eine Kommentierungsphase des Entwurfs.

teltarif.de-Podcast zu aktueller Vectoring-Diskussion

In unserem Podcast "Strippenzieher und Tarifdschungel" sind wir in der aktuellen Folge unter anderem ausführlich auf das Thema der aktuellen Vectoring-Entscheidung eingegangen. Hier können Sie direkt in die Folge reinhören oder diese als MP3 herunterladen:

Vecto­ring-Entschei­dung und Router­zwan­gende

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