Mobilfunk-Netzoptimierung: Die Arbeit eines Technikers im Portrait
Der alte Wasserturm
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Früher war es ein Wasserturm im Dresdner Ortsteil Hellerau, heute sorgt
der Turm dafür, dass statt Wasser Daten fließen - und zwar nicht nur in
Hellerau, sondern in ganz Dresden und dem Umland. 155 Stufen sind es bis zum
Technikraum in den oberen Stockwerken des ehemaligen Wasserturms. Hier
treffen wir Dirk Günther.
Er ist seit über zwanzig Jahren in der Netzoptimierung von Vodafone im
Südosten Deutschlands zuständig.
Während er uns heute einen kleinen Einblick in seine tägliche Arbeit
gib, ist er sonst damit beschäftigt, Störungsursachen im Vodafone-Netz
zu finden, die nicht auf einen reinen Hardware-Defekt zurück gehen.
Diese Ursachen können vielfältig sein, wie er uns im Laufe des Tages
erzählen wird. Oder hätten Sie gedacht, dass ein Urinal an einer
Autobahnraststätte Störungen in einer ganzen Mobilfunkzelle verursachen
kann?
Günthers Job ist eine Mischung aus Büro-Recherche und Vor-Ort-Messung. "Ohne Vorbereitung geht es nicht", sagt er. Diese kann nur wenige Stunden aber in komplizierten Fällen auch schon mal mehrere Tage dauern. Einige Werte, die das Netz von Vodafone zur Verfügung stellt, kann Günther auch schon aus dem Büro auslesen. "Oft fahre ich schon mit einem bestimmten Gedanken mit dem Messfahrzeug raus", berichtet der 46-Jährige.
Schnurlose Festnetztelefone können Mobilfunk stören
Dirk Günter von Vodafone bei der Arbeit
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Ein "Klassiker", der Fehler im Mobilfunknetz verursacht, seien
beispielsweise schnurlose Festnetztelefone von Privatkunden. "Dieses
Fehlerbild ist vergleichsweise leicht zu erkennen", sagt Günther.
Dennoch können die Ursachen unterschiedlich sein. Möglich ist, dass der
Kunde ein in Deutschland nicht zugelassenes Telefon verwendet, das
Frequenzen nutzt, die im Ausland zwar für DECT, hier aber für UMTS
genutzt werden. Auch gibt es immer noch alte Funktelefone mit dem
seit 2009 nicht mehr zugelassenen
CT1+-Standard, dessen Frequenzen heute auch für Mobilfunknetze genutzt
werden.
Richtfunk-Anbindung
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Doch es gibt auch Fälle, in denen die Nutzer der Schnurlostelefone den Fehler gar nicht durch solche Fahrlässigkeiten verursacht haben: Ist ein Gerät mal heruntergefallen, kann es sein, dass es neben den eigentlich gewünschten Frequenzen auch noch andere aussendet. Sind diese dann im Mobilfunkbereich, verzeichnet der Mobilfunker, dessen Frequenz betroffen ist, die Störung und Dirk Günther wird auf den Plan gerufen. Teilweise muss er dann auch die Bundesnetzagentur zur Hilfe rufen, die sich um die Abschaltung der Störstrahlung kümmern muss und mit ihren Peilwagen den Verursacher lokalisieren kann.
Doch es gibt auch weitaus komplexere Probleme, die die Funknetzoptimierer beschäftigen. Bei Vodafone findet ein Teil der Anbindung der Mobilfunkmastenüber Richtfunk statt. Doch auch hier können Probleme auftreten. So verzeichnete Vodafone schon in 30 Kilometern Entfernung Störungen auf einer Richtfunkstrecke, die zu einer der beiden Vermittlungsstellen im Dresdner Umfeld führen. Als Ursache wurde am Ende ein Wetterradar am Flughafen Dresden ausgemacht, das nicht korrekt arbeitete und phasenweise Störstrahlungen in die Richtfunkstrecke einstreute, die in der Nähe des Flughafens endet. Solche Fehler seien deutlich schwieriger zu finden.
Wenn ein Rastplatz-Urianal einen Mobilfunksender stört
Blick auf das Messgerät
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Mehr als 20 Jahre Funknetzoptimierung bringen auch die ein oder andere
Kuriosität zu Tage. So registrierte Vodafone in der Nähe der A72 im
Vogtland auf einem Antennensektor eines Sendemastes einen Fehler, den
man zunächst einmal nicht ausfindig machen konnte. Umfangreiche
Messungen führten die Netztechniker
dann zu einem Rastplatz an der Autobahn, etwa einen Kilometer entfernt
vom Sendemast. Hier fanden die Vodafone-Techniker Bewegungsmelder, die
per Funk eine Lampe aktivierten. Doch die Firma, die die
Bewegungsmelder eingebaut hat, wurde vom Hersteller offenbar falsch
beliefert: Die Chipsätze waren nicht für Deutschland gedacht, die
verwendeten Frequenzen waren genau die des gestörten Antennensegmentes.
Erst auf nachdrückliche Intervention der Bundesnetzagentur habe man
diese Störung beheben können - und letztlich wurden noch weitere
fälschlicherweise eingebaute Sender gefunden, die weitere Störungen
hätten verursachen können.
Der Messwagen
Blick in den Messwagen
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Neben dem Aufspüren solcher Störquellen geht es für Günther auch darum,
die Übergabeprozesse bei Telefonaten zu optimieren.
In seinem Messwagen am Fuß des alten Wasserturms scannt er
die Mobilfunknetze in der Umgebung.
Alleine 17 verschiedene GSM-Sektoren kann er hier -am leicht erhöhten
Standort -mit seiner speziellen Hard- und Software
einlesen. "Das normale Handy kann das natürlich nicht,dennoch müssen
wir gerade an hohen Standorten darauf achten, in welche Richtung wir
senden", so Günther. Deswegen seien am Turm oben auch keine Antennen in
Richtung Dresdener Innenstadt montiert. "Die Frequenzen könnten wir im gesamten
Stadtgebiet nicht noch einmal nutzen. Sie würden durch den
Sender hier oben gestört werden."
Vodafone geht auf Bedenken der Bevölkerung ein
Auf dem Monitor sieht Günter alle Informationen zu den umliegenden Standorten als Grafik...
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Neben dem Auffinden von Fehlern und der Optimierung der Funknetze hat
Günther an manchen Tagen aber noch eine andere Aufgabe: Er begleitet seinen Vodafone-Kollegen Helmut
Zeitz. "Spezialist Mobilfunk & Umwelt" steht auf seiner Visitenkarte. Er
gilt als Ansprechpartner für Ortsvorsteher, Bürgerinitiativen aber
auch Bürger - vor allem dann, wenn diese Bedenken wegen eines neuen
Sendemastes haben. "Zuhören, die Bedenken ernst nehmen aber dann auch erklären, warum die Bedenken
unbegründet sind, ist in solchen Fällen wichtig", so Zeitz.
Es seien die verschiedensten Mythen bei Bürgern mit Strahlenängsten im Umlauf. So sei etwa ein angeblich dringend notwendiger Strahlenschutzanzug für Mobilfunktechniker, die an den Antennen arbeiten, ein immer wieder aufkommender Mythos. Alle Techniker würden diesen tragen, wenn sie an den Antennen arbeiten, höre er immer wieder. Während Zeitz uns das erzählt, stehen wir mit ihm auf dem alten Wasserturm direkt hinter einer großen Richtfunkschüssel, neben an hängen Mobilfunkantennen von Vodafone und einem Mitbewerber. Overalls haben wir nicht an, lediglich eine Jeans, T-Shirt und Lederjacke. Da wir hinter den Mobilfunkantennen stehen, ist das kein Problem, direkt davor gibt es einen Schutzabstand von ein bis zwei Metern, vor einer Richtfunkschüssel kann sich aufgrund der benötigten direkten Sichtverbindung zwischen den Antennen ohnehin niemand stellen. "Unsere Techniker arbeiten in einer 40-Stunden-Woche in solchen Umgebungen - ohne überflüssigenStrahlenschutzanzug", so Zeitz.
Messtechniker untersucht auch Einzelfälle
... und mit vielen Zahlen und Parametern
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Sein Kollege Günther kommt zum Einsatz, wenn es Messaufgaben gibt. So
beklagte sich eine Dame mit Herzschrittmacher nach Arbeiten an Sendern
auf ihrem Dach über Schmerzen am Herz. Günther überprüfte die kompletten
Messwerte in der Wohnung der besorgten Dame, die direkt unterhalb der
Anlagen ohnehin deutlich weniger Sendesignale abbekommt, als
jemand auf der anderen Straßenseite. Und in der Tat: Festgestellt werden
konnte nichts, wie uns Zeitz berichtet. Und auch der Dame geht es wieder
besser, weiß er zu berichten. Wenige Tage vor unserer Unterhaltung habe
sie sich noch einmal bei ihm gemeldet. Vermutlich waren andere
gesundheitliche Gründe die Ursache für die Herzprobleme, "an unseren
Anlagen haben wir jedenfalls wie erwartet nichts ändern müssen", so Zeitz.