mit Ohne-Schnur

Alleskönner auf den Spuren der Handys

Schnurlose Telefone erobern die Haushalte erst jetzt flächendeckend
Von dpa /

Das Handy setzt die Maßstäbe: Die neueste Generation von schnurlosen Telefonen für den Heimgebrauch ist gegenüber den Vorgängermodellen nicht nur geschrumpft, sondern übernimmt von den Mobiltelefonen auch die Art der Bedienung und eine Reihe von bestimmten Funktionen. "Dazu zählt das Empfangen und Senden von SMS übers Festnetz", erklärt Peter Knaak von der Stiftung Warentest in Berlin. Hinzu kommt zum Beispiel ein SIM-Karten-Adapter, um das elektronische Telefonbuch aus dem Handy auf das Schnurlose übertragen zu können.

Obwohl schon seit den achtziger Jahren erhältlich, erobern schnurlose Telefone die Haushalte erst jetzt flächendeckend. "Verbraucher greifen beim Kauf eines Telefons zunehmend zu einem ohne Schnur", sagt Roland Hünteler, Produktmanager bei DeTeWe in Berlin, einem Unternehmen, das Telekommunikationstechnik herstellt. Hüntelers Einschätzung teilt auch Jan Böttcher von Panasonic in Hamburg. Nach Geräten, die mit dem neuen digitalen Übertragungsstandard DECT (Digital Enhanced Cordless Telecommunications) arbeiten, gibt es demnach eine steigende Nachfrage.

Als Grund für den Schnurlos-Boom kommt neben den gesunkenen Preisen - Einsteigergeräte sind schon für rund 60 Euro erhältlich - die verbesserte Funktechnik hinzu. Der DECT-Standard zeichnet sich durch Abhörsicherheit, hohe Gesprächsqualität und die Möglichkeit aus, mehrere schnurlose Geräte zu einer Haustelefonanlage zu verbinden. "Künftig werden sich mehr DECT-Produkte auch im unteren Preissegment einfinden, die über kurz oder lang die analogen Schnurlostelefone verdrängen werden", so Panasonic-Sprecher Böttcher.

Das Verbinden mehrere Schnurlostelefone zu einer Haustelefonanlage funktioniert theoretisch auch mit Geräten verschiedener Hersteller. Doch damit hat die Stiftung Warentest keine guten Erfahrungen gemacht: "Das Anrufen und Annehmen von Gesprächen funktioniert. Wenn die Basisstation aber Sonderfunktionen wie zum Beispiel einen eingebauten Anrufbeantworteter hat, kann dieser nicht mit dem fremden Mobilteil bedient werden", sagt Peter Knaak.

Knaak ist zudem skeptisch was die Bedienbarkeit der neuen Modelle angeht, deren Funktionsumfang immer größer wird: "Auch Schnurlostelefone werden überwiegend zum Telefonieren genutzt. Deshalb sollten wichtige Knöpfe wie etwa die Ruftaste groß und farblich hervorstechend sowie griffgünstig positioniert sein." Da die Unterschiede bei der Bedienung beträchtlich seien, empfehle es sich, die Geräte vor dem Kauf auch mal in die Hand zu nehmen.

Wichtig sind Warentester Knaak zufolge ferner ein gutes Adressbuch sowie ein großes Display, das auch anzeigen können sollte, wer gerade anruft. Während dieses so genannte CLIP-Feature von den meisten Markengeräten unterstützt wird, besitzen selbst manche der allerneuesten Geräte noch alte Schwachstellen: Dazu zählen etwa unzeitgemäße Akkus: "Unsere Erfahrungswerte belegen, dass die oft mitgelieferten Nickel-Cadmium-Akkus alsbald den Geist aufgeben und das vermeintlich voll geladene Mobilteil schon nach wenigen Gesprächsminuten abschaltet", sagt Knaak.

Die Spitzenmodelle von Siemens, Philips, Panasonic und Audioline [Link entfernt] treten ab Werk mit den unter dem Kürzel NiMH (Nickel-Metallhydrid) bekannten Akkus an. Die zur CeBIT angekündigten Modelle von DeTeWe warten nach Angaben des Herstellers noch mit herkömmlichen Nickel-Cadmium-Zellen (NiCD) auf, ebenso die Mittelklasse- und Einsteigermodelle der anderen Markenhersteller.

Zu den grundlegenden Telefonfunktionen fügen mehrere Hersteller ihren DECT-Modellen neuerdings die drahtlose Datenübertragung hinzu. So stellt etwa DeTeWe auf der CeBIT eine ISDN-Box vor, die rund 60 Kilobit pro Sekunde zum Beispiel vom Notebook zur Basisstation übermittelt. Dadurch kann gleichzeitig mit dem Schnurlosen telefoniert werden. Panasonic bietet dagegen ein schnurloses Telefon an, das über eine eigene Computerschnittstelle verfügt und damit das Notebook auf der Terrasse mit dem Datennetz weltweit verbinden kann.

Während allerdings die DECT-Technik ihren Siegeszug gerade erst antritt, zeichnet sich am Horizont schon ein neuer Standard für die drahtlose Kommunikation zwischen Telefon, Computer und den Telefonnetzen ab: HomeRF (Home Radio Frequency). Mit bis zu zehn Megabit pro Sekunde Datenübertragungsleistung wird er auch schnellen DSL-Internetverbindungen gerecht. Erste Geräte hat Siemens in München vor Kurzem vorgestellt. "Weitere Modelle sind im Laufe des Jahres geplant", kündigt Pressesprecher Michael Leyer an.

Damit entwickelt sich das schnurlose Telefon zunehmend in Richtung Multimedia-Feature. Eine Studie des niederländischen Elektronikherstellers Philips mit Deutschlandsitz in Hamburg sieht fast unbeschränkte Einsatzmöglichkeiten für diese nächste Gerätegeneration: Sie reichen vom elektronischen Kinderaufpasser bis zum Reisebegleiter.