Senkungs-Siegel

Handy-Industrie wehrt sich gegen Gütesiegel für niedrige Strahlung

Gütesiegel wäre eine Senkung des Grenzwertes durch die Hintertür
Von dpa /

Die Handy-Industrie wehrt sich gegen ein von der Bundesregierung erwogenes Gütesiegel für niedrige Strahlungswerte. Es gebe anerkannte Grenzwerte für die zulässige Strahlung, betonte Uwe Kullnick vom Branchenverband Bitkom. "Entweder dieser Grenzwert ist gültig oder nicht." Ein Gütesiegel "wäre eine Senkung des Grenzwertes durch die Hintertür", sagte Kullnick dem Berliner "Tagesspiegel" von heute.

Dieser Wert, die so genannte Spezifische Absorptionsrate (SAR), liegt derzeit für Handys bei 2,0 Watt je Kilogramm. Das Bundesumweltministerium ziele auf einen Wert von etwa 0,5 Watt je Kilogramm, hieß es in Fachkreisen. Ein Sprecher des Ministeriums wies dies jedoch zurück und sagte, zum jetzigen Zeitpunkt könne man diesen Wert noch nicht benennen.

Die 0,5 Watt je Kilogramm sind technisch möglich, neuere Modelle liegen je nach Marke bei 0,3/0,4 bis 1,6 Watt je Kilogramm. Kullnick sagte, die Kunden wollten immer kleinere und handlichere Handys, obwohl dadurch die Schutzfunktion gegen den Elektrosmog etwa durch eine dickere Ummantelung zwangsläufig eingeschränkt werde.

Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye sagte am Freitag, der Staatsminister im Kanzleramt, Hans Martin Bury (SPD), und das Umweltministerium werden nun Gespräche mit den Handy-Herstellern führen. Ein genauer Termin sei noch nicht bekannt. Nach Darstellung Kullnicks hat die Bundesregierung bisher nur mit den Netzbetreibern gesprochen und mit ihnen eine Selbstverpflichtung zur Reduzierung des Elektrosmogs verabredet. Auf eine Senkung der Grenzwerte wurde im Dezember aber verzichtet.

Wenn die Netzbetreiber die Strahlungswerte senken müssten, wären erhebliche Mittel für zusätzliche Sendemasten nötig, um die gleiche Netzabdeckung zu sichern. Die Bundesregierung rechnete nach Darstellung des "Tagesspiegels" im schlimmsten Fall mit bis zu 18 Milliarden Mark (rund 9,2 Milliarden Euro) zusätzlich.