Verlustzone

Deutsche Telekom: Dickes Minus

In der Telekom-Bilanz wird einen Fehlbetrag von 3,5 Mrd. Euro stehen
Von dpa / Marie-Anne Winter

Wenn Ron Sommer an diesem Dienstag die Bilanz für das Geschäftsjahr 2001 vorlegt, wird der Vorstandschef der Deutschen Telekom Einiges zu erklären haben: Erstmals seit dem Börsengang 1996 ist das größte europäische Telekommunikationsunternehmen tief in die roten Zahlen gerutscht: Nach ersten vorläufigen Ergebnissen liegt der Fehlbetrag bei 3,5 Milliarden Euro. Anders als 2000 reichten im vergangenen Jahr die Sondererträge aus Verkäufen von Beteiligungen nicht mehr aus, um den Absturz in die Verlustzone zu verhindern.

Löcher in die Bilanz des Unternehmens reißen vor allem drei Posten: Die hohe Verschuldung und die damit verbundenen Zinsverpflichtungen, der milliardenschwere Zukauf des US- Mobilfunkbetreibers VoiceStream sowie die Kosten für den Erwerb der UMTS-Lizenzen. Zinsen und Abschreibungen drücken auf die Ergebnisse. Für Werner Stäblein, Telekom-Analyst der Frankfurter BHF-Bank, sind solche Zahlen dennoch nicht bedrohlich:

"Die Telekom wie auch andere Unternehmen der Branche investierten Summen, die erst über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren wieder eingespielt werden" (return on investment), sagt er. Das sind vor allem Zukäufe wie VoiceStream und die Kosten für den Erwerb der UMTS-Mobilfunklizenzen, die über eine längere Periode abgeschrieben werden und die Gewinne entsprechend schmälern.

So verweist auch Telekom-Chef Sommer immer wieder auf eine magische Gewinnzahl: das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Um Sondereinflüsse bereinigt verbesserte es sich im vergangenen Jahr sogar um 17 Prozent auf 15,1 Milliarden Euro. Und in diesem Jahr soll es nach Einschätzung von Analysten weiter aufwärts gehen: Einen zweistelligen Zuwachs beim Umsatz (2001: 48,3 Milliarden Euro) und beim Ebitda erwartet BHF-Analyst Stäblein.

Doch mit solchen Steigerungsraten wird schnell übersehen, dass die Telekom wegen ihres Schuldenstandes von 62,5 Milliarden Euro (Ende 2001) durch Zinszahlungen auch enorm viel Geld verliert. So musste der Konzern allein im vergangenen Jahr einen Betrag von 4,4 Milliarden Euro an seine Geldgeber zahlen.

Deshalb fordern Börsianer von dem Unternehmen, wie auch von anderen hoch verschuldeten Telekommunikationskonzernen: Herunter mit den Schulden! Denn je höher die Verbindlichkeiten, umso schlechter fällt die Bewertung von Ratingagenturen aus: Und die Herabstufung der Kreditwürdigkeit treibt die Zinsen weiter in die Höhe.

Das ehrgeizige Ziel, bis zum Jahresende die Verbindlichkeiten auf 50 Milliarden Euro herunterzufahren, hat die Telekom vor wenigen Wochen um ein Jahr nach hinten verschoben. Grund hierfür ist der geplatzte Verkauf des TV-Kabelnetzes an Liberty Media für 5,5 Milliarden Euro und das schlechte Börsenumfeld, durch das sich der geplante Börsengang von T-Mobile International verzögert.

All das sind keine guten Nachrichten für die Kleinanleger: Nicht nur gebeutelt durch einen dramatischen Kursverfall der T-Aktie wird ihnen jetzt erstmals seit dem Börsengang auch noch ein Teil der Dividende (Vorjahr: 0,62 Euro) gestrichen. Zur Hauptversammlung Ende Mai ist Knatsch programmiert. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat bereits angekündigt, Telekom-Chef Ron Sommer die Entlastung zu verweigern.