zu persönlich?

0700: Wenig Interesse an der "Rufnummer fürs Leben"

Für viele Anbieter lohnt sich der Service nicht
Von dpa / Marie-Anne Winter

Die Vorwahl 0190 ist berühmt-berüchtigt, auch die Servicenummern 0180 und 0800 breiten sich langsam in Deutschland aus. Doch kaum jemand hat bisher Notiz von Nummern mit der Vorwahl 0700 genommen. Fünf Jahre nach dem Start der so genannten Mehrfachnummer im Jahr 1998 hat die zuständige Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation in Bonn gerade einmal 84 500 Nummern mit der 0700er-Vorwahl vergeben. 100 Millionen hat die Behörde reserviert. "Am Bekanntheitsgrad der Nummern könnte noch gearbeitet werden", stellt Harald Dörr, Sprecher der Regulierungsbehörde, nüchtern fest.

Kaum jemand weiß, was sich hinter der unscheinbaren Vorwahl verbirgt. Und das, obwohl die Telekommunikationsanbieter - unter ihnen die Deutsche Telekom in Bonn sowie die privaten Anbieter MobilCom in Büdelsdorf (Schleswig-Holstein), 1&1 in Montabaur (Rheinland-Pfalz) und Extracom in München - seit Jahren kräftig die Werbetrommel für die 0700 rühren. Vorteile für die 0700 gebe es genug, so die Betreiber unisono. Der ihrer Ansicht nach größte: Mit der "persönlichen Rufnummer" soll kein Anruf mehr verloren gehen.

Möglich gemacht wird das durch die benutzerdefinierte Anrufweiterschaltung: Wie ein Spürhund sucht ein Anrufmanager nach einem vorher definierten Profil den Nummerninhaber - zum Beispiel erst zu Hause, dann auf dem Handy, dann im Wochenendhaus. Wenn gar kein Anschluss zu bekommen ist, schaltet sich die Mobilbox an. Ein weiteres Plus: Statt zig Zahlen muss sich der Anrufer nur noch eine Nummer merken, nämlich die 0700 und eine achtstellige Kombination. Diese persönliche Nummer bleibt - einmal erteilt - ein ganzes Leben lang gültig.

Als weiteres Extra haben sich die Betreiber die freie Wunschnummernwahl ausgedacht. Der Inhaber einer 0700er-Nummer kann sich die acht Stellen nach der Vorwahl selbst auswählen. Vorausgesetzt, die Nummer ist noch nicht vergeben, sagt 1&1-Pressereferentin Ingrun Senf. Einfache Kombinationen wie 0700-12345678 oder 0700-99999999 seien längst weg. Die 0700er sind zudem "vanity-fähig". Das heißt: Statt Zahlen kann sich der Nummerninhaber auch Buchstaben aussuchen, die leichter zu merken sind, wie beispielsweise 0700-BKOENIGS.

Der größte Nachteil der 0700er-Nummern ist ihr Preis. Sie sind vergleichsweise teuer. Zuerst einmal fallen für jeden Nutzer 62,50 Euro für die Rufnummernvergabe durch die Regulierungsbehörde an. Dann kommen monatliche Grundgebühren hinzu, die je nach Anbieter zwischen 4 und 13 Euro variieren. Einige Anbieter wie die Telekom verlangen zudem noch eine Anschlussgebühr.

Doch damit geht das Rechnen erst richtig los: Nur die Umleitung von Anrufen ins nationale Festnetz ist kostenlos. Sobald der Anrufmanager das Gespräch aber auf das Handy weiterleitet, werden Gebühren zwischen 13 und 25 Cent pro Minute für den Rufnummerninhaber fällig. Ins Ausland wird es noch teurer. Daneben fallen bei einzelnen Anbietern auch Kosten für die Benachrichtigungsfunktion der Mailbox an. Bei MobilCom wird beispielsweise jeder, der die Stimme der automatischen Anrufweiterleitung verschmäht und lieber eine persönliche Begrüßung aufsprechen möchte, mit 25,56 Euro zur Kasse gebeten.

Ein weiterer Nachteil: Auch die Konfiguration des Anrufmanagers lassen sich die meisten Anbieter bezahlen. Wer häufiger neu definieren will, wann er wo unter welcher Nummer zu erreichen ist, muss zahlen. Es sei denn, er hat einen Internetzugang. Dann bleibt die Aktualisierung der wichtigen Anrufdaten kostenfrei. Solch einen Service bieten zum Beispiel die privaten Telekommunikationsanbieter Extracom und 1&1. "Für die Kunden ist das ein großer Kostenvorteil, da er nicht bei jeder Änderung der Erreichbarkeit Gebühren bezahlt", sagt 1&1-Sprecherin Ingrun Senf. Den anderen bleibt oftmals nur der kostenpflichtige Anruf bei der Service-Hotline.

Nicht so viel rechnen muss dagegen derjenige, der eine 0700er-Nummer anruft - obgleich er nie wissen kann, wo sich der Angerufene gerade befindet. Der Anrufer bezahlt nur den Preis für diese Festnetzverbindung, nämlich 12 Cent pro Minute in der Hauptzeit (Mo. bis Fr. von 9 bis 18 Uhr) und 6 Cent pro Minute in der Nebenzeit (restliche Zeit). Dennoch ist der 0700er-Anschluss nicht immer der direkte Draht, wie Peter Knaak, Test-Redakteur der in Berlin ansässigen Stiftung Warentest, zu Bedenken gibt: "Der Anrufer wird womöglich auf eine Geduldprobe gestellt: Erst Festnetz daheim, dann Handy und dann vielleicht noch im festen Zweitwohnsitz auf Mallorca. Der Anrufer hört es nur klingeln und klingeln und klingeln..."

Überall und ständig erreichbar zu sein, hat mit der 0700er-Nummer bislang noch einen hohen Preis. Wie hoch, ist für den Kunden wegen der vielen Weiterschaltungstarife nicht immer leicht durchschaubar. Für den Normalverbraucher reichen Festnetzanschluss und Handy meist vollkommen aus. "Es gibt einfach zu wenig hochmobile Personen, die diesen Service derzeit benötigen", hat auch Christian Dittmann, Sprecher des Telekommunikationsanbieters Arcor in Eschborn festgestellt. Die Konsequenz hat Arcor, 1998 der erste Anbieter von 0700er-Nummern, bereits gezogen: Seit Anfang des Jahres bietet das Unternehmen den Service nicht mehr an. Christian Dittmann: "Es hat sich einfach nicht rentiert."