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Editorial: Die Zukunft von MobilCom

Schulden könnten über den Kopf steigen
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In der Schlacht um MobilCom gab es am Freitag mit der Absetzung Gerhard Schmids einen Schritt zugunsten der France Telecom. Doch noch ist nichts entschieden: Gerhard Schmid hält zusammen mit seiner Frau weiterhin fast die Hälfte der Aktien an MobilCom. Da einige der weiteren Aktien Schmid-treuen Mitarbeitern gehören, könnte Schmid damit auf künftigen Hauptversammlungen weitreichende Entscheidungen zu seinen Gunsten herbeiführen, inklusive einer Neubesetzung der Hälfte des Aufsichtsrats, der Vorgabe der Geschäftspolitik, oder gar seiner Wiederwahl.

Somit ist die eigentliche Schlacht noch nicht geschlagen. Dabei hatte es im März bereits so ausgesehen, als ob es eine friedliche Einigung gibt. France Telecom hatte damals angeboten, an Schmid 22 Euro pro MobilCom-Aktie zu zahlen. Später scheiterte diese Vereinbarung jedoch an den rechtlichen Folgen: Selbst dann, wenn ein Bankenkonsortium und nicht France Telecom die Aktien übernimmt, müsste France Telecom als faktischer Mehrheitsaktionär die Schulden von MobilCom in der eigenen Bilanz aufführen, und gleichzeitig den anderen Aktionären ein gleich hohes Übernahmeangebot machen.

Wie es hier weitergeht, ist vollkommen offen. Relativ offensichtlich ist, dass France Telecom inzwischen auch die 22 Euro nicht mehr zahlen will, und das Schmid auch zu gewissen Abschlägen bereit wäre. Die Folgen der Übernahme, nämlich die volle Konsolidierung MobilComs inklusive derer Schulden und Verluste in der Bilanz von France Telecom, schmerzt die Franzosen aber auf jeden Fall sehr.

Und so besteht die Gefahr, dass der Streit weitergeht. France Telecom wird weitere Übernahmeangebote machen, die dann wieder an rechtlichen Problemen scheitern. Und Schmid wird angesichts der vielen Angebote und Rückzieher der Franzosen immer wütender werden. Und so lange er die Mehrheit an MobilCom hält, kann er damit fast nach Belieben gegen France Telecom quer schießen.

Die Franzosen haben hingegen ebenfalls Gründe, wütend auf Schmid zu sein. Angesichts der allgemeinen Wirtschaftslage und der Finanzlage von France Telecom ist es halsbrecherisch von Schmid, auf dem schnellen UMTS-Netzaufbau zu bestehen. Trotz der Billigmarken Telepassport und Super 24 sank die Zahl der Mobilfunkkunden bei MobilCom von 2001 zu 2002. Vor allem aber ging der Umsatz pro Kunde deutlich zurück. Schließlich kommt noch hinzu, dass Schmid in einer undurchsichtigen Transaktion einen erklecklichen Teil der MobilCom-Aktien seiner Frau zuschob, obwohl er sich verpflichtet hatte, keine weiteren Anteile zu erwerben.

Beide Seiten haben also genügend Gründe, wütend auf die jeweils andere Seite zu sein. Im Extremfall könnte Schmid weiterhin auf Erfüllung des ursprünglichen Kooperationsvertrages mit France Telecom bestehen und deswegen klagen. Im Vertrag war nämlich ein schneller UMTS-Netzaufbau vorgesehen, den France Telecom sich nicht mehr leisten kann oder will. Zwar dürfte MobilCom eine solche Klage wirtschaftlich nicht überleben, da France Telecom dann sofort den Geldhahn zudreht. Doch wegen seines vernichteten Aktienkapitals könnte Gerhard Schmid auch als Privatmann klagen. Falls die Richter dann tatsächlich zu dem Urteil kommen, dass France Telecom den Vertrag verletzt hat, könnten Schadenersatzzahlungen in Milliardenhöhe die Folge sein.

Man kann beiden Kontrahenten nur empfehlen, sich möglichst schnell zu einigen. Denn sonst werden am Ende Milliardenwerte vernichtet.

Die wirtschaftlich sinnvollste Lösung wäre vermutlich, wenn France Telecom Herrn Schmid eine Barabfindung pro Aktie per Bankbürgschaft garantiert, aber die Transaktion noch nicht durchführt. Vielmehr sollte sich Schmid verpflichten, seine Aktien einfach ruhen zu lassen und sein Stimmrecht nicht wahrzunehmen. Dann hätte France Telecom die Mehrheit an den verbleibenden Aktien und damit die wirtschaftliche Kontrolle, ohne gleichzeitig als wirtschaftlicher Eigentümer zu gelten. Erst dann, wenn France Telecom die Aktien von Herrn Schmid übernimmt, müsste MobilCom auch konsolidiert und ein Abfindungsangebot an die bestehenden Aktionäre gemacht werden.

Doch selbst nach einer solchen gütlichen Einigung wird es schwierig. Denn der UMTS-Netzaufbau ist teuer, und lässt sich nicht beliebig hinauszögern, da sonst unter Umständen die Lizenzen verfallen. Die günstige Lösung wäre vermutlich, das Netz gemeinsam mit E-Plus und Quam aufzubauen. Um Kunden für das neue Netz zu finden, muss das durch den Dauerstreit ramponierte Markenimage komplett neu aufgebaut werden. Vermutlich ist es dabei sogar einfacher und billiger, statt dem Revival von MobilCom gleich die neue Marke "Orange" zu etablieren.