Bilanzskandal

WorldCom: Bisher größte Firmenpleite in den USA

Telekomriese meldet Konkurs an
Von dpa / Marie-Anne Winter

Der US-Telekomriese WorldCom Inc. und seine aktiven US-Tochterfirmen haben am Sonntag bei einem New Yorker Konkursgericht Insolvenzantrag gestellt. Dies teilte das Unternehmen in Clinton (US-Bundesstaat Mississippi) mit. Es handelt sich um die größte Firmenpleite der US-Geschichte. Sie übertrifft das Insolvenzverfahren des Energiehändlers Enron bei weitem. Der zweitgrößte US-Konzern für Ferngespräche ist in einen Falschbuchungsskandal verwickelte und hat mehr als 30 Milliarden Dollar Schulden.

WorldCom hat im Rahmen des Kapitel Elf des US-Konkursrechtes Schutz vor seinen Gläubigern gesucht. Dies erlaube der Gesellschaft ihre Geschäfte weiter zu betreiben, während an einem Reorganisationsplan gearbeitet werde, teilte der Telekom-Riese weiter mit. Die ausländischen Tochtergesellschaften seien nicht an dem Konkursverfahren beteiligt und würden ebenfalls normal weiter operieren.

WorldCom hatte mit Hilfe von Falschbuchungen in Höhe von 3,85 Milliarden Dollar für das Jahr 2001 und das erste Quartal dieses Jahres hohe fiktive Gewinne verbucht. Die amerikanische Wertpapier- und Börsenkommission SEC hat WorldCom verklagt. Das US-Justizministerium, die SEC und mehrere Kongressausschüsse untersuchen das Unternehmen. Es laufen auch Klagen von WorldCom-Anleihebesitzern.

WorldCom ist in mehr als 65 Ländern aktiv und hat nach der Entlassung von 17 000 Beschäftigten noch mehr als 60 000 Mitarbeiter. Die Gesellschaft hat mehr als 20 Millionen Telefon- und Tausende von Unternehmenskunden. WorldCom betreibt auch das weltgrößte Internet- Netzwerk. WorldCom hat einen Umsatz von 35,2 Milliarden Dollar. Die WorldCom-Aktien sind von 64,50 Dollar im Jahr 1999 auf nur noch neun Cent abgestürzt. Die WorldCom-Aktionäre dürften bei dem Konkursverfahren völlig leer ausgehen, erklärten US-Rechtsexperten.

WorldCom hat eine Vereinbarung getroffen, um eine vorrangige Finanzierung von bis zu zwei Milliarden Dollar zu arrangieren. Die Gesellschaft habe bereits eine Zusage für 750 Millionen Dollar dieses Betrages von der Citibank N.A., der J.P. Morgan Chase Bank und der General Electric Capital Corporation erhalten. Die Fazilität werde von der Salomon Smith Barney Inc., der J.P. Morgan und der General Electric Capital Markets Group arrangiert. Die Kreditfazilität müsse vom Konkursgericht genehmigt werden.

Dies gebe WorldCom eine sofortige Geldquelle. Sie erlaube es dem Unternehmen, seine Geschäfte normal weiter zu betreiben, während es sich auf seinen neuen strategischen Plan konzentriere, seine Finanzen restrukturiere, die Schulden verringere und seine Bilanz stärke. Die zusätzlich Liquidität werde das Unternehmen in die Lage versetzen, neue Dienste, die Löhne und andere Verpflichtungen zu bezahlen.

Das Konkursverfahren ermögliche es dem Unternehmen, die höchsten Werte für die Gläubiger zu schaffen, Mitarbeiterstellen zu erhalten, weiter Qualitätsservice zu bieten und seine Rolle in der Nationalen Sicherheit Amerikas beizubehalten, versicherte WorldCom-Chef John Sidgmore. "Wir werden die Zeit der Reorganisation nutzen, unsere finanzielle Gesundheit und Ausrichtung wieder zu erlangen", erklärte er. WorldCom werde aus dem Konkursverfahren "so schnell wie möglich herauskommen". Sidgmore war erst vor wenigen Monaten WorldCom-Chef und Nachfolger des langjährigen Konzernchefs Bernie Ebbers geworden.

WorldCom wolle mit höchster Ethik operieren, versprach er. Aus diesem Grund habe das Unternehmen zwei neue Verwaltungsratsmitglieder gewählt. Nicholas Katzenbach ist Anwalt und früherer US- Justizminister. Dennis R. Beresford ist Buchführungs-Professor an der Universität von Georgia. Sie wurden zu Mitgliedern eines Untersuchungsausschuss des Verwaltungsrates gemacht, um eine Überprüfung der Rechnungsführungspraktiken und der Vorbereitungen von Finanzmitteilungen von WorldCom zu machen.