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FAZ: Die Telekom-Branche hat das Schlimmste hinter sich

Ist die Krise im Telekom-Sektor nur eine Scheinkrise?
Von Marie-Anne Winter

Pleiten, Pech und Pannen: Die Schockermeldungen in der Telekommuikations-Branche reißen nicht ab. Geringe Gewinne, fatale Verluste, unübersehbare Schuldengebirge, T-Aktie im Dauertief und Bilanzskandale. Der einstige Boom-Sektor bietet derzeit ein trauriges Bild. Zur Zeit wird schwarz in schwarz gemalt, so euphorisch vor einigen Jahren die Rekordzuwächse gefeiert wurden, so hysterisch sehen sich die Unternehmen auf der Rutschbahn in den Abgrund, wo sich die Börsenkurse derzeit schon befinden.

Dabei ist alles gar nicht so schlimm: Die Wachstumsaussichten der Telekommunikation seien nach wie vor sehr gut, heißt es in der Sonntagsausgabe der FAZ. Der Forscher Franz Büllingen wird zitiert: "Die Stimmungslage ist deutlich schlechter als die Situation. Wir haben es mit einer Scheinkrise zu tun." Büllingen, Leiter der Forschungsgruppe Kommunikation und Innovation beim Wissenschaftlichen Institut für Kommunikationsdienste (WIK), sagte weiterhin, dass die Telekommunikationsbranche eine der wenigen Branchen sei, in denen noch für eine lange Zeit mit einem echten Wachstum gerechnet werden könne.

Dem Bericht nach teilt auch der ehemalige Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) Klaus-Dieter Scheurle diese Ansicht. Er sagte, dass sie Wachstumsperspektive der internationalen Telekommunikationsbranche deutlich über den durchschnittlichen Zuwächsen der Volkswirtschaften liege. Vor allem durch die wachsende Datenkommunikation sei weiteres Wachstum zu erwarten.

Auf dem deutschen Markt sei das Potential bei Festnetzanschlüssen und Mobilfunkkunden "weitgehend ausgereizt". Aber nach Prognosen des WIK könne der Umsatz pro Kunde noch deutlich wachsen. Bis zum Jahr 2010 erwarten die WIK-Forscher, dass allein auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt mehr als 112 Milliarden Euro ausgegeben werden. Das bedeutet mehr als doppelt so viel Umsatz wie im Jahr 2000, wo erst knapp 53 Milliarden Euro in diesem Bereich umgesetzt wurden.

Der Löwenanteil des Zuwachses kommt vom Mobilfunk. Pro Jahr soll in diesem Bereich eine Zuwachsrate zwischen 12 und 15 Prozent erreicht werden. Beim Festnetz gehen die Forscher nur von etwa 4 Prozent im Jahr aus, aber ein großer Teil der Umsätze wird weiterhin im Festnetzsegment generiert werden. Die Umsatzrückgänge durch den Preisverfall nach der Liberalisierung, unter der vor allem die Deutsche Telekom leide, würden durch den zunehmenden Internet- und Datenverkehr mehr aus ausgeglichen.

Auch der sinkende Umsatz pro Kunde (ARPU), über den im Mobilfunkbereich viel gejammert werde, sei eigentlich nicht so tragisch, denn hier würden sehr viele Wenigtelefonierer und Menschen, die einfach nur ein Handy für den Notfall besitzen, die Zahlen verwässern. Sämtliche lukrativen Kundengruppen seien längst als Kunden gewonnen, jetzt kämen eben nur noch diese Wenigtelefonierer hinzu - der Umsatz würde aber weiterhin mit den Vielnutzern gemacht. Auch die immer größere Bedeutung der mobilen Datenübertragung würde wieder zu einem Steigen der Umsätze beitragen.

Aber auch angesichts dieser positiven Prognosen sei klar, dass nicht alle Wettbewerber langfristig überleben werden. In allen Bereichen sei eine "deutlichen Konsolidierung" zu erwarten. Aber die Unternehmen, die sich dabei durchsetzen würden, seien für den internationalen Wettbewerb gut gerüstet. Es gäbe nach wie vor gute Chancen, die Frage sei nur, wer sie am besten nutzen könne.