Pleite

Tausende Freemail-Postfächer abgeschaltet

E-Mail-Adressen bei sat1.de, NGI, rp-online und nordwest.net betroffen
Von Daniel Reese

Für viele Nutzer von kostenfreien E-Mail-Angeboten brachte der Freitag der letzten Woche eine unliebsame Überraschung. So heißt es seitdem bei sat1.de, dass aufgrund von unvorhergesehenen, technischen Ausfällen, die man nicht beeinflussen könne, der externe Mailversand/-empfang derzeit nicht verfügbar ist. nordwest.net [Link entfernt] und RP-Online mit seinem Angebot DuesseldorfToday [Link entfernt] teilten direkt mit, dass die Abschaltung in Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren der Zet.NET AG hängt. Bei NGI ist das Angebot der NGI-Box betroffen, ein Unified Messaging-Dienst, der neben einem E-Mail-Postfach den Empfang und Versand von Fax- und Sprachnachrichten über eine eigene 01805-Rufnummer ermöglichte. Bei NGI sind 250 000, bei sat1.de 50 000 und bei DuesseldorfToday sind 5 500 angemeldete Nutzer von der Abschaltung betroffen. Bei nordwest.net liegt die Zahl der betroffenen Kunden im niedrigen fünfstelligen Bereich.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass alle gespeicherten E-Mails und Adressen verloren sind und eingehende Nachrichten direkt an den Absender mit dem Verweis auf Unzustellbarkeit zurückgehen. Nur NGI-Kunden bleibt der Verlust eingehender Mails erspart, da alle Nutzer neben einer Adresse mit der Endung "ngi-box.de" über eine Adresse mit der Endung "ngi.de" verfügen, an welche die eingehenden Nachrichten umgeleitet werden.

Doch wieso kam die Abschaltung so plötzlich und warum gab es keine Vorwarnung für die Nutzer? Alle oben beschriebenen Webmail-Angebote wurden über die Server der Zet.NET AG aus München angeboten. Diese hatte im Juli ein Insolvenzverfahren eröffnen müssen und alle Geschäfte werden mittlerweile von dem Insolvenzverwaltungsbüro Müller-Heydenreich, Beutler und Kollegen aus München verwaltet. Direkt nach Eröffnung des Verfahrens hatte NGI Interesse an der Weiterführung des Angebotes geäußert und Kontakt mit dem Insolvenzverwalter der Zet.NET AG aufgenommen. Und damit begannen die Probleme, die jetzt zur Abschaltung der Server führten.

Nach Aussagen von Herrn Hackl von NGI wurde vereinbart, dass NGI 15 der 30 Mail-Cluster von Zet.NET übernimmt. Diese sollten nach und nach von München nach Hamburg gebracht werden und dann in Hamburg in Betrieb gehen. Hinter einem Cluster verbergen sich ca. 10 verschiedene Rechner, die als E-Mail-Server genutzt werden. NGI bestand auf dem Standpunkt, dass die Zahlung erst bei kompletter Abwicklung des Geschäftes zu erfolgen habe, da sie ansonsten im Falle der Konkurseröffnung befürchten müssten, dass eventuell ausstehende Lieferungen nicht erfolgen.

Der zwischen dem Insolvenzverwalter und NGI geschlossene Vertrag sah jedoch eine sofortige Kaufpreiszahlung bei Vertragsschluss vor. NGI vertrat jedoch den Standpunkt, dass erst gezahlt wird, wenn die Cluster in Hamburg laufen. Die Kanzlei Müller-Heydenreich wies nach eigener Aussage mehrfach darauf hin, dass die sofortige Zahlung ein wesentlicher Vertragsbestandteil ist. Ansonsten wäre keine Genehmigung seitens der Absonderungsgläubiger erteilt worden und der Vertrag gar nicht zustande gekommen. Die Gläubiger hatten ihrerseits ihr Vermietpfandrecht hinsichtlich der Hardware geltend gemacht.

Die Einstellung des Betriebs von Zet.NET erfolgte am 31. Juli und ab diesem Zeitpunkt übernahm NGI die Weiterführung des Angebotes. Der geschlossene Kaufvertrag regelte die Übernahme der Soft- und Hardware, alles weitere, wie anfallende Hosting-Kosten bei Cable & Wireless [Link entfernt] und die Einstellung von Service-Personal lag in den Händen von NGI. So hat NGI zum 1. August einen Mitarbeiter der Zet.NET AG eingestellt. Erste Hardware-Teile wurden von München nach Hamburg gebracht, ohne dass Zahlungen seitens NGI erfolgten.

Hingegen behauptet NGI, dass sie eine Teilzahlung angeboten habe und dies abgelehnt worden sei. Hierzu heißt es seitens des Insolvenzbüros, dass NGI mehrfach die Zahlung des Kaufpreises angekündigt habe, was jedoch noch nicht einmal in Form einer Abschlagszahlung erfolgt sei.

Da NGI die Zahlung hinauszögern wollte, bis feststand, ob das System in Hamburg läuft, lag das eigentlich im Bereich des Käufers NGI liegende Risiko erneut bei den Pfandgläubigern. Am 27. August fand eine Gläubigerversammlung statt, so dass NGI eine letzte Frist gesetzt wurde, die ausstehenden Zahlungen per Blitzanweisung bis 9 Uhr nach München zu überweisen. Da dies nicht erfolgte, beschloss die Gläubigerversammlung, den Vertrag mit NGI wegen Vertragsbruch platzen zu lassen. Der Entschluss ging von den Gläubigern aus, der Insolvenzverwalter tritt hier nur als Vermittler auf.

Dies ist besonders ärgerlich für sat1.de, nordwest.net und rp-online, da sie von einer Fortsetzung des Geschäftsbetriebes ausgingen und erst wenige Stunden vor der Abschaltung von dem aktuellen Stand der Dinge erfuhren. Eine Information der Kunden war innerhalb der Kürze der Zeit natürlich nicht möglich, so dass der Endnutzer letztendlich der Leidtragene der ganzen Geschichte ist. sat1.de, NGI und nordwest.net sind nun auf der Suche nach einem neuen Partner, DuesseldorfToday wird sein Freemail-Angebot einstellen.