MobilCom-Krise

MobilCom: Großaktionär Schmid weiter unter Druck

Unternehmen beschließt harten Sparkurs / Unstimmigkeiten zwischen Frankreich und Deutschland
Von Marie-Anne Winter mit Material von dpa

MobilCom-Gründer Gerhard Schmid steht wegen des umstrittenen Millionengeschäftes des Büdelsdorfer Mobilfunkunternehmens mit der Firma seiner Frau weiter unter Druck. Wie das Hamburger Magazin stern in seiner neuen Ausgabe berichtet, will Mobilcom-Großaktionär France Télécom eine erneute Prüfung des Geschäfts durchsetzen.

Nach dem stern vorliegenden Unterlagen soll der französische Konzern vergangene Woche beantragt haben, auf der für Oktober geplanten Hauptversammlung einen Sonderprüfer "zur vollständigen Aufklärung der Millennium-Transaktionen" einzusetzen. Die von Schmids Frau kontrollierte Millennium GmbH hatte rund 70 Millionen Euro von Mobilcom für ein Aktienoptionsprogramm zur Händlermotivation erhalten. Wie der stern anhand von internen E-Mails und Akten der MobilCom rekonstruiert haben will, setzte Schmid sich massiv für die pünktliche Abwicklung der Zahlungen an die Firma seiner Frau ein. So habe er im Januar 2002 die zügige Überweisung einer Tranche durchgesetzt, obwohl seine Finanzbuchhaltung ihn darauf hinwies, dass dazu ein Kredit des Lieferanten Ericsson genutzt werden müsse, was Fragen "insbesondere im Hinblick auf die Verwendung des Geldes" aufwerfen würde.

Im MobilCom-Aufsichtsrat sagte ein France-Télécom-Vertreter nach dem dem stern vorliegenden Sitzungsprotokoll im Februar 2002, Aktienkäufe von Frau Schmid hätten "einen sehr bedeutenden Effekt auf den Preis der Aktie gehabt". Zu dieser Zeit führte Schmid Gespräche mit der France Télécom über die Übernahme seiner Anteile.

Von MobilCom erstellte Kurscharts legen nach Einschätzung von Schmids Gegnern nahe, dass es einen Zusammenhang zwischen der Kursentwicklung und den Zahlungen an die Millennium gegeben habe. Schmid bestritt gegenüber dem stern, Einfluss auf den Börsenwert des Unternehmens genommen zu haben. Er betonte zudem, dass der Ericsson-Kredit nicht zweckgebunden gewesen sei und verwies auf frühere Untersuchungen des umstrittenen Millennium-Geschäfts.

Nach der Trennungsentscheidung des Großgesellschafters France Télécom von der MobilCom hatten sich seit vergangenen Sonntag Bundes- und Landesregierung in zähen Verhandlungen mit KfW und der Schleswig-Holsteinischen Landesbank auf eine Finanzspritze von 400 Millionen Euro verständigt. Etwa eine Hälfte fließe in den Aufbau von Kernbereichen des Unternehmens wie den Mobiltelefon-Service und das Provider-Geschäft, die lebensfähig seien. Sie könnten ihren Finanzbedarf auf Dauer selbst erwirtschaften. "Für sie ist lediglich eine vorübergehende Liquiditätshilfe notwendig."

Die andere Kredithälfte gehe in den Aufbau des UMTS-Netzes, für den belastbare rechtliche Ansprüche gegenüber der France Télécom bestünden. "Insofern können die Liquiditätsdarlehen nach banküblichen Kriterien vergeben werden." Die Bundesregierung hatte betont, dass die MobilCom-Ansprüche insgesamt 18 Milliarden Euro umfassen, davon allein rund zehn Milliarden aus dem UMTS-Vertrag.

MobilCom baut nun darauf, dass France Télécom weiterhin den Aufbau des neuen Mobilfunknetzes nach dem UMTS-Standard finanziere, heißt es in einem Bericht der Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ). Der Aufsichtsrat habe zugestimmt, dass MobilCom am UMTS-Geschäft festhalte. Das Unternehmen hat sich am Dienstag einen harten Sparkurs verordnet und will damit 130 Millionen Euro Kosten einsparen und 800 Stellen streichen. Damit solle im Stammgeschäft bis zum nächsten Sommer die Gewinnzone erreicht werden.

MobilCom-Großaktionär France Télécom, dessen bislang verweigerte Zahlungen entscheidend für die Zukunft des norddeutschen Unternehmens sind, äußerte sich auch zwei Tage nach der Zusage des Hilfspakets von bis zu 400 Millionen Euro zunächst nicht. Der Rückzieher der Franzosen hatte MobilCom in eine bedrohliche Lage gebracht. MobilCom und Bundesregierung bestehen auf den Verpflichtungen von France Télécom.

Indirekt bekräftigte die französische Industrieministerin Nicole Fontaine den Rückzug von France Télécom. Die Entscheidung, die Partnerschaft mit MobilCom aufzukündigen, sei "unglücklicherweise nicht zu umgehen" gewesen, sagte sie in Paris. "Das ist eine Unternehmensentscheidung, keine der Regierung", betonte sie weiter. France Télécom ist mehrheitlich im Staatsbesitz.

Der Ton zwischen Frankreich und Deutschland wird schärfer. In der Berliner Zeitung mahnte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) die Regierung in Paris sowie den MobilCom-Großaktionär France Télécom zur Vertragstreue. "Ich gehe davon aus, dass sich das französische Staatsunternehmen France Télécom an geschlossene Verträge hält", sagte Müller und fügte hinzu: "Als deutscher Wirtschaftsminister kann ich doch nicht tatenlos zusehen, wenn ein französischer Staatskonzern durch meines Erachtens vertragswidriges Verhalten kurzfristig über 5 000 Menschen arbeitslos machen will".

Auch der Streit zwischen den Parteien im Bundestag wegen der Vorgänge um MobilCom nahm an Schärfe zu. Die Unionsfraktion beantragte zu diesem Thema für diesen Donnerstag eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses. SPD und Grüne wollen diesen Antrag aber zurückweisen.