verwirrend

Editorial: Call-by-Call auf Abwegen

Warum weniger manchmal mehr ist
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Sie hielten kaum eine Woche durch: Die Angebote Direct Call von 01058 und Connect Direct von 01051. In beiden Fällen konnte man über eine Vorwahl, die eigentlich zu einem Auskunftsdienst gehört, auch günstige Orts- und Ferngespräche führen.

Die Argumentation der Anbieter: Die Weitervermittlung ist bei einem Auskunftsdienst ja zulässig. Wenn der Anrufer die Nummer des Anzurufenden schon kennt, kann er diese ja auch direkt eintippen und sich dann "weitervermitteln" lassen. Eine Auskunft ist dann nicht mehr nötig.

Das sah jedoch 01081 anders, und erwirkte eine Einstweilige Verfügung gegen Direct Call, die diese zur (vorläufigen) Abschaltung zwingt. Connect Direct wurde wenige Stunden später ebenfalls eingestellt. Bei 01081 geht man von einem Missbrauch der Auskunftsnummern aus.

Für den Verbraucher ist das Call-by-Call über Auskunftsnummern gefährlich. Tippt man nach Wahl der jeweiligen Nummer (z.B. 11856) nicht schnell genug weiter, wird man nämlich mit dem Auskunftsdienst verbunden. Das kostet dann mindestens 34,9 Cent, ist also extra-teuer statt extra-billig.

Je mehr verschiedene Call-by-Call-Nummern es gibt, desto schwieriger wird es auch, sich die jeweils zu merken. So lange alle Call-by-Call-Nummern mit "010" anfingen, war es noch vergleichsweise einfach, diese zu behalten. Dann kam 01900xy hinzu, jetzt tritt 118xy auf den Plan, morgen vielleicht 012xy, oder auch 015xyz, wenn insolvente Inhaber von UMTS-Lizenzen auf die Idee kommen, einen Teil ihres Nummernraums zu verscherbeln.

Eine Sortierung des Nummernraums tut also Not. Wenn in absehbarer Zeit 0190 durch 0900 ersetzt wird, besteht sogar die Chance, auch unter den Mehrwertdiensten aufzuräumen. Call-by-Call-ähnliche Dienste könnte man unter 0900-0 ansiedeln, Auskunftsdienste unter 0900-1, Erotik-Lines unter 0900-2, Chat-Lines unter 0900-3, Dialer unter 0900-4. Wer Erotik und Dialer nicht braucht, sperrt dann eben 0900-3 und 0900-4. Falls man dann doch einen Dialer auf der Rechnung hat, weil dieser sich nicht an die Nummern-Bereiche gehalten hat, braucht man den zugehörigen Posten auf der Rechnung mit dem Hinweis auf die falsche Zuordnung nicht bezahlen.

Doch soweit wird es nicht kommen. Denn der Tk-Industrie geht es ja heute schon so schlecht, dass sie nach Ansicht der Mehrheit aller Experten vor weiteren staatlichen Eingriffen geschützt werden muss. Dazu gehört dann auch der Verzicht auf eine klare Strukturierung des Nummernraums. Dabei hat mehr Verbraucherschutz in der Regel die Folge, dass entsprechende Dienste auch mehr genutzt werden.

Und so werden immer mehr Nummern für "Call-by-Call" genutzt werden. Um dem gegenzusteuern, haben wir unsere Konsequenzen gezogen: Unsere Schnellübersicht auf der Homepage listet für Ferngespräche und Verbindungen zum Mobilfunk nur noch "echte" Call-by-Call-Nummern auf. Auch in der Tarifdatenbank denken wir darüber nach, diese Nummern höher zu gewichten.