Konsolidierung

Neue Gerüchte um AOL-Übernahme

Französischer Internetanbieter Wanadoo sieht AOL Europe als interessanten Kandidaten
Von Hayo Lücke

Nachdem wir bereits gestern über eine neue bevorstehende Übernahmewelle auf dem Telekommunikationsmarkt, insbesondere zahlreicher Mobilfunkanbieter, berichtet haben, gibt es nun Bewegung auf dem Markt der Internetprovider. Wie die Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ) in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, strebt der französische Internetanbieter Wanadoo eine Übernahme von AOL Europe an. "Das ist ein Unternehmen, das wir uns anschauen", sagte Unternehmenschef Oliver Sichel in einem Radiointerview. Mit dieser Aussage werden die Erwartungen zahlreicher Branchenexperten genährt, dass es in diesem Jahr auch im Bereich der Internetprovider Europas zu einer Konsolidierungswelle kommen wird. "Die großen Spieler dabei sind Wanadoo und T-Online", sagte Kai Kaufmann, Internetanalyst bei Dresdner Kleinwort Wasserstein in London gegenüber der FTD. Bereits im November kursierte das Gerücht, T-Online wolle 70 Prozent an AOL für eine Milliarde Dollar übernehmen. Dies wurde von Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke jedoch umgehend dementiert.

Europa-Geschäft von AOL arbeitet insgesamt profitabel

In Großbritannien ist Wanadoo bereits unter dem Betreibernamen "Freeserve" aktiv, bietet 2,6 Millionen Kunden den Zugang zum Internet, arbeitet aber noch defizitär. AOL Europe hingegen schreibt mit seinen zwei Millionen Kunden schwarze Zahlen. Und nicht nur der britische AOL-Ableger arbeitet profitabel. Insgesamt hat das Europageschäft den Breakeven erreicht, es scheint daher zumindest fraglich, ob AOL die europäischen Niederlassungen abspalten will.

Analysten sehen den Erfolg von AOL Europe jedoch zunehmend mit Skepsis. "AOL Europe hat den Breitbandzug verpasst", sagt Kaufmann. Überdies seien die angebotenen US-Inhalte bei vielen Kunden nicht gut angekommen. Time Warner könne die Gelegenheit nutzen, um einen Schlussstrich zu ziehen.

Wanadoo prüft auch den Kauf von Tiscali und freenet

Wanadoo, Tochtergesellschaft der France Telecom, ist im heimischen Frankreich bereits Marktführer, strebt aber für ganz Europa die Marktführerschaft an. AOL wäre für Wanadoo durch seine Präsenz in Deutschland und Großbritannien strategisch interessant. Bisher hat Wanadoo den Sprung nach Deutschland nicht gewagt, seit einiger Zeit prüft der Provider allerdings den Kauf von Tiscali und freenet. Der deutsche Markt erweise sich auf Grund der Regulierung allerdings als schwierig. Zudem sei T-Online mit 80 Prozent Marktanteil im DSL- und 53 Prozent im Schmalband-Geschäft ein starker Spieler.