Toll Collect plant Maut-Start im Oktober

Konsortium akzeptiert höhere Schadenersatzzahlungen
Von dpa /

Im Streit um die von Pannen und Verschiebungen überschattete Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen plant das Betreiberkonsortium nach Medieninformationen einen zweistufigen Start von Oktober 2004 an. Das berichten die Nachrichtenmagazine Der Spiegel und Focus in ihren jüngsten Ausgaben.

Demnach ist in einer ersten Phase allerdings nur eine abgespeckte Version des Systems möglich. Die Lkw-Bordgeräte könnten zunächst nicht automatisch - etwa mit Gebührendaten oder Straßeninformationen - aktualisiert werden. Ein voll funktionsfähiges System stehe erst "nach spätestens einem Jahr" zur Verfügung, berichtet Focus.

Dem Spiegel zufolge ist Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) nicht abgeneigt, diese zweistufige Lösung zu akzeptieren. Focus berichtet zudem, Toll Collect sei "bei erneutem Terminverzug zu deutlich höheren Strafzahlungen bereit, falls das Konsortium um DaimlerChrysler und Deutscher Telekom den Maut-Auftrag behält. Allerdings lehne Toll Collect Schadenersatzzahlungen für die Ausnahmeausfälle weiter ab.

Bis zum 31. Januar hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Toll Collect eine letzte Frist gesetzt, um einen sicheren Starttermin zu nennen und eine hohe Vertragsstrafe bei Nichterfüllung einzugehen - oder aber die Vertragskündigung zu bekommen.

Allgemeine Straßenbenutzungsgebühr für alle Fahrzeuge?

Der Darmstädter Verkehrsplaner Manfred Boltze sprach sich für eine allgemeine Straßenbenutzungsgebühr aus. Eine Maut für alle Straßen sei gerechter als Steuern und biete viele Möglichkeiten, den Verkehr zu beeinflussen, sagte der Professor in einem dpa-Gespräch. So könnte Autofahren zu Stoßzeiten, etwa zu Beginn der Schulferien, verteuert werden, um Staus zu verhindern. Zu anderen Zeiten könnte es dafür billiger sein. "Solche angepassten Gebühren sind allerdings nur mit einem Maut-System in der Art umzusetzen, wie es von Toll Collect geplant ist", erläuterte der Professor.

Eine vernünftige Verkehrsplanung lässt sich für Boltze nur mit einer flexiblen Maut erreichen, die je nach Straßenart, Region und Zeit unterschiedlich hoch sein kann. "Mit der Hilfe von Gebühren können sich Ballungszentren vor dem Verkehrs-Infarkt retten. Das zeigt das Beispiel vieler Großstädte in der ganzen Welt", erklärte der Professor. "Eine Vignette für die Autobahn löst dagegen nur einen Teil der Probleme und schafft zudem neuen Ausweich-Verkehr auf anderen Straßen."

Um eine unübersehbare Maut-Vielfalt zu vermeiden, sei ein einheitliches, unbürokratisches System notwendig. "Dabei ist das Grundprinzip des Systems von Toll Collect richtig und zukunftsweisend, die Verkehrsströme mit Hilfe des auf Satelliten gestützten Ortungssystems GPS zu verfolgen", sagte der Planer. "Einige Staaten, die eine Maut einführen wollen, warten auf die deutsche Lösung, weil sie davon ausgehen, dass dieses System bald europäischer Standard sein wird."

"Doppel-Maut" durch privaten Straßenbau

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hält unterdessen nach Informationen der Bild-Zeitung an seinen Plänen zur privaten Finanzierung von Autobahnen fest. Bei einem internen Treffen mit Wirtschaftsvertretern habe Clement angekündigt, er wolle zusätzliche Autobahnprojekte privat finanzieren zu lassen. Geplant seien 24 Projekte, unter anderem Tunnel, Brücken und der Ausbau von Autobahnen, berichtet die Zeitung in ihrer Samstagsausgabe. Die Betreiber sollten Maut von Lkw- und teilweise auch von Pkw-Fahrern kassieren dürfen.