Insolvenzverfahren

Faircom: Schulden und schulden lassen

Am Mittwoch fand in Bonn der erste Berichtstermin statt
Von Marie-Anne Winter

Problematisch ist nun, dass es in Deutschland selten Insolvenzverfahren mit einer so großen Anzahl an Gläubigern gibt. Dafür gibt es wenig Insolvenzmasse. mobilcom zahlte etwa an Faircom noch eine Summe von 275 000 Euro, die in etwa den Finanzamtsschulden entspricht. Der Insolvenzverwalter Plössner konnte wegen dem zeitlichen Zusammenhang einen Pfändungsbeschluss erreichen. Weiterhin gibt es einige Zehntausend Euro aus kleineren Pfändungen, gut tausend Premiere-Decoder mit Smartcard, 300 digitale Satelliten-Receiver und mehrere hundert Handys, die bereits an einen Wiederverkäufer gingen, ehe ihr Wert vollends verfiel.

Zwar soll Herr Roloff abermals bekräftigt haben, dass es hohe Millionenforderungen gegen Premiere (ausstehende Prämien und Schadensersatz) und o2 gibt. Diese wurden vom Insolvenzverwalter jedoch überwiegend als unbegründet zurückgewiesen. Dem aktuellen Sachstand zufolge sind wahrscheinlich nur 50 000 bis 100 000 Euro bei o2 evenutell berechtigt.

Klarer sind die von den Gläubigern angemeldeten Schulden, die Faircom hat, die sich auf etwa 1 400 000 Euro belaufen. Dazu kommen Mietrückstände von einigen zehntausend Euro und ein sechsstelliger Betrag an Personalkosten. Außerdem wartet das Finanzamt Bonn-Außenstadt auf 272 000 Euro, und es wird wahrscheinlich weitere 985 000 Euro anmelden. Damit ist das Finanzamt der größter Einzelgläubiger.

Geringe Quote

Es hieß, dass jeder Gläubiger nach der Prüfung vermutlich nur 1 bis 1,5 Prozent seiner Forderungen erhalten werde - alle Gläubiger bekommen die gleiche Quote. Die niedrige Quote wird damit begründet, dass durch die hohe Zahl der Gläubiger hohe Kosten entstünden.

Die Gläubigerversammlung hat folgende Beschlüsse gefasst: Herr Plössner bleibt Insolvenzverwalter, und die Ansprüche gegen o2 sollen geprüft und gegebenenfalls durchgesetzt werden. Das entsprechende Gerichtsverfahren wird voraussichtlich bis zu drei Jahre dauern - falls es nicht eine schnellere Einigung mit o2 gibt.

Auf die Rückfragen von Gläubigern, ob das Faircom-Geschäftsmodell unter anderen Bedingungen funktioniert hätte, ob Gelder abgezweigt wurden, oder ob Herr Roloff privat haften müsse, gab es keine Antworten. Möglicherweise hätte der Insolvenzantrag jedoch früher erfolgen können. Im September 2003 gab es bereits Insolvenzanträge seitens der AOK und eines Kunden, diese konnten durch das Begleichen dieser kleineren Beträge abgewendet werden. Im November stellte dann der Geschäftsführer Roloff selbst den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Weiter abwarten

Derzeit heißt es für alle Beteiligten: "Weiter abwarten". So lange keine Insolvenzverschleppung nachgewiesen wird, bleibt den Kunden nichts außer den paar Prozenten, die wir bereits genannt haben. Unangenehm für Herrn Roloff könnte jedoch die Forderung des Finanzamts werden. Denn wenn ein Verschulden des Geschäftsführers bejaht wird, was bei Umsatzsteuerdingen oft der Fall ist, könnte Herr Roloff möglicherweise in Regress genommen werden. Das würde dann eine Millionenforderung gegen ihn bedeuten.

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