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Editorial: Auch Mobilcom ist nicht der Weihnachtsmann

Von alten Mären und betroffenen Personengruppen
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Statt gut und gütig war der Weihnachtsmann bei MobilComs inzwischen teilweise abgsetzter Werbekampagne böse und hinterhältig. So streckt er vor einem Kind die Zunge raus und bringt es damit zum Heulen. Ebenso lässt er eine Frau in die Arme von Kaufhausdetektiven laufen, indem er ihr einen nicht bezahlten Schal "schenkt". Schließlich bringt er in einem dritten Spot eine blinde Frau dazu, bei Rot über die Straße zu gehen. Dieser letzte Spot brachte den Blindenverband auf den Plan, der umgehend die Absetzung forderte, der Mobilcom auch nachkam.

Um die Verletzung der Gefühle von Blinden ging es MobilCom eigentlich nicht. Die Kernaussage der Kampagne soll vielmehr sein: "Den Weihnachtsmann gibt es nicht. Wir [Mobilcom] kümmern uns um Ihre Geschenke." Doch wozu muss man dazu extra einen hinterhältigen Weihnachtsmann neu erfinden? Vielleicht, weil sich etwas, das es nicht gibt, auch nicht filmen lässt. Oder weil selbst die meisten Kinder schon wissen, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Diese Aussage macht also keinen Zuschauer mehr neugierig. Der fiese Weihnachtsmann ist hingegen wirklich ungewohnt, für viele sogar total neu. Und damit hat der Spot gute Chancen, beim Zuschauer in Erinnerung zu bleiben. Und nur darum geht es in der ewigen Balz der Werbung.

MobilCom hofft dann auch, dass der Kunde sich den zweiten Teil der Werbeaussage merkt: "Wir kümmern uns um die Geschenke.". In der Tat kann man bei MobilCom günstige Geschenke abgreifen: Das Siemens SL 65 kostet bei MobilComs auf der Homepage beworbener Weihnachtsaktion gerade mal 1 Euro. o2 verlangt hingegen 179,95 Euro im Shop [Link entfernt] , bei T-Mobile kostet das Handy je nach dazu gewähltem Vertrag zwischen 99,95 und 199,95 Euro.

Doch das von MobilCom fast verschenkte SL 65 hat einen dicken Haken: Es kommt mit dem Tarif m-50-sms-power-10forfree daher. Mit diesem sollte man lieber nicht telefonieren, denn die Rechnung könnte anschließend unangenehm hoch ausfallen. Selbst die gängigen Prepaidkarten der Netzbetreiber bieten günstigere Gesprächspreise als dieser Vertrag. Netzinterne Telefonate (inklusive Mailbox) kosten bis zu 59 Cent pro Minute, netzexterne Gespräche gar bis zu 99 Cent, und das garniert mit 60/30-Takt! Vieltelefonierer dürften über die zwei Jahre Vertragslaufzeit das Mehrfache des gesparten Handypreises in Form von unnötig hohen Telefonieentgelten an MobilCom zurückbezahlen.

Die MobilCom-Werbung bringt das Problem sogar noch besser und bildlicher auf den Punkt, als wir es können: Der Weihnachtsmann legt der Frau einen Schal um den Hals, sie denkt, es ist ein Geschenk, doch am Ausgang des Kaufhauses fängt der Detektiv sie ab, und sie muss trotzdem zahlen. Genausogut hätte der Weihnachtsmann ihr auch ein Handy schenken können. Über die zwei Jahre Vertragslaufzeit werden die subventionierten Geräte mit Grundgebühr und Gesprächsentgelten wieder abbezahlt. Aber kapiert der durchschnittliche Fernsehzuschauer auch, dass MobilCom im Grund nicht vor der List des nicht existenten Weihnachtsmanns warnt, sondern vor der eigenen?

In eigener Sache: Zu Weihnachten und Neujahr entfällt unser Editorial. Dafür finden Sie ab dem 1. Januar unsere alljährliche Vorausschau online, in der wir die Marktentwicklung kommentieren und analysieren.