Handy-Fernsehen

Handy-TV - mehr Potenzial als angenommen?

Nach dem holprigen Start soll es richtig losgehen
Von

Überraschend positiv und wesentlich optimistischer als der VDE beurteilt das Berliner Medienforschungsunternehmen Goldmedia die Chancen des Handy-Fernsehens in den kommenden Jahren. Trotz der erheblich verzögerten Markteinführung geht Goldmedia in der neuen Studie Mobile TV 2012, die von NBC Universal Global Networks unterstützt wurde, weiterhin von der hohen Attraktivität eines Handy TV-Angebotes in Deutschland aus. Trotz aller noch bestehenden Hindernisse sieht Goldmedia für Mobile TV ein beachtliches Potenzial: Bei Marktstart Mitte 2008 könnten bis 2012 mit Mobile TV in Deutschland 8,7 Millionen Nutzer erreicht werden. Die Zahl überrascht angesichts des bislang recht holprigen Starts des mobilen Fernsehens in Deutschland. Basis der Goldmedia-Prognose sind die vorliegenden Erfahrungen kommerzieller internationaler Anbieter sowie die gemessenen hohen Nutzerakzeptanzwerte in Real-Versuchen in Deutschland und im Ausland.

Feldversuche, bei denen repräsentativ ausgewählte Testnutzer Mobile TV ausprobieren können, zeigen laut der Goldmedia-Studie immer wieder eine hohe Nutzerakzeptanz und Zahlungsbereitschaft. "Die Attraktivität des Dienstes wird erst tatsächlich messbar werden, wenn das kommerzielle Produkt auch am Markt verfügbar ist", betont Goldmedia-Berater und Studienautor Michael Schmid. "Bei der SMS hätte vorab auch niemand gedacht, dass sie zum Massenprodukt wird. Wenn ein zielgruppenaffines Angebot aus deutlich mehr als zehn Programmen mit einer klaren Vermarktungsstrategie in den Markt gebracht wird, besteht eine reelle Chance, an die positiven Erfahrungen aus dem Ausland anzuknüpfen." Mit Mobile TV könne eine breite Zielgruppe in völlig neuen Nutzungssituationen für Medienangebote erschlossen werden.

Medienpolitische Hürden

Problematisch könnte jetzt jedoch die medienrechtliche und somit inhaltsbezogene Zuweisung der Übertragungskapazitäten selbst werden: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, private Inhalteanbieter, Mobilfunknetzbetreiber und unabhängige Plattformbetreiber können sich gleichermaßen bewerben. Das in Deutschland geltende Medienrecht lässt aber nur die Zulassung von Programmveranstaltern zu. Für Plattformanbieter wie MFD oder ein Konsortium der Mobilfunknetzbetreiber gibt es derzeit in den meisten Mediengesetzen jenseits von Versuchsklauseln keine rechtliche Basis. Erst durch Änderungen am Rundfunkstaatsvertrag könnten Plattformanbieter berücksichtigt werden. Die Herausforderung bestehe laut der Goldmedia-Studie darin, eine für alle Akteure attraktive Lösung zu finden, bei der auf einer übergreifenden Plattform ein diskriminierungsfreier Zugang möglich ist.

Können sich die Marktakteure nicht einigen, droht eine weitere Verzögerung des Vergabeprozesses und somit des kommerziellen Marktstarts. Wenn bis 2009 kein umfangreiches und attraktives Mobile TV Angebot realisiert wird, sei zu erwarten, dass sich alternative rundfunkfremde Technologien jenseits von DVB-H und DMB durchsetzten. Die Studie benennt als technisch als auch ökonomisch vorstellbar sowohl Lösungen über das satellitengestützte DVB-SH als auch über das auf UMTS basierende MBMS.

Erfolg vor allem als Pay-Modell

Goldmedia geht davon aus, dass Mobile TV vor allem als Pay-Mobile-TV erfolgreich betrieben werden kann. "Ein solches Pay-Mobile-TV-Konzept wird ohne exklusiven, vielfältigen Content und ohne die Beteiligung der Mobilfunkprovider als Vermarkter der Produkte und Endgeräte nur schwer zu realisieren sein", betont Michael Schmid bezogen auf die Diskussionen um die Geschäftsmodelle. "Wenn die Akteure die ökonomisch erfolgreiche Markteinführung schaffen wollen, müssen sie sich zeitnah auf ein Konzept einigen, das sich deutlich von frei empfangbaren Mobile TV-Diensten abhebt. Internationale Erfahrungen zeigen: rein werbefinanzierte Geschäftsmodelle erhöhen zwar die Nachfrage nach Mobile TV bei den Endkunden, machen für einen kommerziellen Betreiber aber höchstens langfristig ökonomisch Sinn."