Recht

Urteil: Reklamation bei Onlinekauf noch Jahre möglich

OLG Hamm kippt gängige Rechtssprechung zu Widerrufs-Belehrung
Von Thorsten Neuhetzki

Nach einem Urteil der Oberlandesgerichts Hamm (OLG Hamm) könnte eine regelrechte Retourenwelle bei bereits erfolgten Online-Bestellungen erfolgen. Wie das in Bielefeld erscheinende Westfalen-Blatt in seiner Osterausgabe berichtet, hat das Gericht eine gängige Praxis zur Widerrufbelehrung gekippt. Im konkreten Fall hatte ein Onlineshop-Betreiber einen Wettbewerber kostenpflichtig abgemahnt, weil dessen Belehrung nicht "hinreichend klar", sondern "sogar irreführend" sei. Die Richter am OLG Hamm sahen das offenbar auch so.

In der Widerrufsbelehrung des betroffenen Wettbewerbers hatte es demnach geheißen, die Frist für einen Widerruf beginne "frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung" - eine gängige Formulierung in unzähligen Shops. Die Richter in Hamm waren der Auffassung, dass nicht der Eindruck erweckt werden dürfe, dass bereits "diese vorvertragliche Information irgendwelche Fristen in Lauf setzen kann". Es fehle in der Formulierung jeder Hinweis darauf, dass die eigentliche Belehrung des Käufers über sein Widerrufsrecht später in besonderer Textform erfolge und dass erst diese Belehrung den Fristenlauf auslöse, entschied das OLG. (AZ: 4 W 1/07)

Für die betreffenden Shop-Betreiber dürfte das weitreichende Konsequenzen haben. Gegenüber dem Westfalen-Blatt sagte die Paderborner Rechtsanwältin Carola Sieling, dass die Widerrufsfrist für Verbraucher, die Ware in einem Online-Shop gekauft haben, deren AGB diese Formulierung beinhaltet, unendlich lange laufe. "Sie können das Geschäft auch nach Jahren wiederrufen", so die Anwältin. Allerdings dürfte das am Ende nicht pauschal auf alle Waren zutreffen. "Es ist auch zu beachten, dass im Hinblick auf die Bagatellklausel des Paragraphen 3 UWG nicht notwendig jeder Verstoß gegen die Belehrungspflichten wettbewerbswidrig sein muss", heißt es in dem Urteil. Das lässt viel Spielraum und die Möglichkeit, dass es bei einem Streit zwischen Händler und Kunde zu weiteren Gerichtsterminen kommen dürfte.