festgesetzt

Editorial: Die Elefanten sind zurück

Übernahmefieber in der Telekom-Industrie
Von

Nach Jahren der relativen Ruhe, bedingt durch die dot-com-Krise, herrscht in der Tk-Branche wieder Fusionsfieber. Kaum ist etwa die Übernahme von AOL Deutschland durch die Telecom Italia (hierzulande aktiv als Alice/Hansenet) abgeschlossen, stehen Teile der Telecom Italia selber, bzw. der Anteilshalter Olimpia, zum Verkauf. Als Interessenten werden unter anderem ein Konsortium aus der AT&T und der mexikanischen America Movil, sowie France Télécom und Telefónica genannt. Letzere übernahm übrigens bereits Ende 2005 die britische o2 und setzte sich damit im europäischen Mobilfunkmarkt auf Platz 2.

Für die Kunden sind solche Elefantenhochzeiten mit gemischten Gefühlen zu sehen. Denn je weniger Anbieter es auf einem Markt gibt, desto größer sind die Monopolisierungstendenzen, die langfristig meist zu hohen Preisen und schlechtem Service führen. Andererseits führt eine Überzahl an Anbietern auch dazu, dass zahlreiche Netze parallel aufgebaut werden, wodurch zusätzliche Hardware benötigt wird. Zudem haben die kleinen Anbieter gegenüber den Ausrüstern weniger Einkaufsmacht, so dass diese am Ende nicht nur mehr Komponenten benötigen, sondern diese auch noch teurer beschaffen müssen. Die daraus resultierenden Kostensteigerungen werden über die Telefoniepreise auf die Verbraucher umgelegt.

Die Optimalzahl an Anbietern

Die Folge ist für den Markt Telekommunikation: Es gibt je nach der Hardwarelastigkeit eines Dienstes eine Optimalzahl an Anbietern. Sind es weniger, treibt der Monopolismus die Preise nach oben. Sind es mehr, sorgen zusätzliche Hardware- und Betriebskosten für Kostensteigerungen.

Eine Übernahme der Telekom Italia durch Telefónica würde etwa hierzulande einen großen, mit eigener Hardware in vielen Vermittlungsstellen vertretenen Festnetz-Anbieter weniger bedeuten. Telefónica ist nämlich wie Hansenet, die bereits zur Telekom Italia gehören, im DSL-Geschäft tätig. Allerdings arbeitet Telefónica zumeist nicht mit eigenen Endkundenbeziehungen, sondern als Technik-Dienstleister für Vermarktungsunternehmen wie United Internet (1&1, GMX) oder Freenet.

Tolerabel sind solche Zusammenschlüsse auf Netzebene allerdings dann, wenn die Netzgesellschaften ihre Vorleistungen auf freiwilliger Basis und zu fairen Konditionen anderen Unternehmen anbieten. Je mehr Mobilfunk-Discounter es beispielsweise gibt, desto weniger sind die Kunden auf günstige Tarife durch die Netzbetreiber selber angewiesen. Die Kartellämter sollten bei der Beurteilung von Elefantenhochzeiten verstärkt darauf achten, ob es im relevanten Sektor einen etablierten und vertraglich langfristig abgesicherten "no-frills"-Markt gibt, denn dann überwiegen wahrscheinlich die Effizienzvorteile auch bei einer kleinen Zahl an verbleibenden Netzen. Vermarktet hingegen jeder Netzbetreiber die Produkte ausschließlich oder weitgehend selber, wirkt sich das Oligopol schon viel früher zum Nachteil der Kunden aus. Trotzdem: Weniger als drei konkurrierende Netze sollten es in zentralen Märkten wie Festnetz oder Mobilfunk nie werden.