kein Hehler

Gestohlene Ware bei eBay ersteigert - Freispruch (aktualisiert)

Urteilsspruch bringt mehr Sicherheit für eBay-Kunden
Von dpa / Marie-Anne Winter

Wer unwissentlich gestohlene Ware bei eBay ersteigert, macht sich nach einem Urteil des Landgerichts Karlsruhe (Az. 18 AK 136/07) nicht strafbar. Das Gericht sprach heute in Pforzheim einen Softwareingenieur vom Vorwurf der Hehlerei frei. Damit hoben die Richter ein Urteil des Amtsgerichts Pforzheim auf, das den 47-Jährigen wegen Ersteigerns eines gestohlenen Navigationsgeräts zu 1 200 Euro Geldstrafe verurteilt hatte. Dem Landgericht zufolge ist dem Angeklagten kein Vorsatz nachweisbar. In der Verhandlung hatte der bisher völlig unbescholtene Mann ausgesagt, auf die Seriosität des angeblich "top legalen" Angebots vertraut zu haben.

Mit dem Freispruch durch das Landgericht herrscht nun wieder etwas mehr Rechtssicherheit für die zahllosen Kunden des populären Internetauktionshauses. Denn der Richterspruch lässt sich ungefähr so zusammenfassen: Ein Schnäppchenpreis allein muss den Käufer noch nicht misstrauisch machen.

Dennoch warf der Prozess ein Schlaglicht auf die rechtlichen Risiken, die eBay-Käufern drohen können. Zwar macht sich wegen Hehlerei nur derjenige strafbar, der "vorsätzlich" gestohlene Ware kauft. Dafür reicht es aber schon, wenn man mit der illegalen Herkunft des Angebots rechnet und trotzdem steigert. Und weil die Juristen, wie es Richter Andreas Heidrich heute formulierte, nicht in die Köpfe der Angeklagten schauen können, orientieren sie sich bei der Vorsatzfrage eben an äußeren Umständen.

Zum Beispiel am Geld: Zwar war nach Ansicht der Richter im konkreten Fall noch kein akutes Misstrauen angezeigt, obwohl das "Navi" nicht einmal 30 Prozent des handelsüblichen Preises kosten sollte. Immerhin gab es bei eBay vergleichbare Deals. Auch der Einstiegspreis von einem Euro ist aus Sicht des Gerichts unverdächtig, weil fast alle eBay-Angebote dort beginnen, um möglichst viele Bieter anzulocken. Dagegen sollte man sich bei einer "Sofortkauf-Option" mit einem sensationellen Festpreis vom Verkäufer doch lieber die Hintergründe des Angebots erläutern lassen, mahnte Heidrich: "Wenn da keine plausible Antwort kommt, sollte man die Finger davon lassen."

Prozess zeigte auch die rechtlichen Risiken auf

In der Verhandlung wurde zudem deutlich, dass auch das eBay-Bewertungssystem wenig Gewähr für die legale Herkunft der Ware bietet. Damit wird zum einen die Kundenzufriedenheit gemessen, zum anderen - Stichwort "Powerseller" - eine Aussage zum Umsatz des Anbieters gemacht. In dieser Skala können es auch Hehler ganz nach oben schaffen: Der Anbieter, dem der Pforzheimer Angeklagte aufgesessen war, hatte mehr als 99 Prozent positive Bewertungen.

Zwar unterhält das Internetauktionshaus nach Auskunft seiner Pressestelle eine Sicherheitsabteilung mit rund 100 Mitarbeitern. Wenn jemand in kurzer Zeit viele sehr hochwertige Artikel anbiete, dann verlange eBay Eigentumsnachweise, wurde versichert. Im Prozess musste ein vorgeladener eBay-Sachverständiger aber letztlich einräumen: "Man kann nicht feststellen, in welchem Maß gestohlene Ware versteigert wird."

Doch wenn sich die Linie des Landgerichts Karlsruhe bei den anderen Gerichten durchsetzt, wird der aufmerksame Normalbieter nicht mit einer Anklage der Staatsanwaltschaft rechnen müssen: "Wir sollten uns vor einer Überkriminalisierung solcher Alltagsfälle hüten", resümierte Richter Heidrich. Der Angeklagte jedenfalls will ins Online-Geschäft zurückkehren: "Wenn ich was sehe, was ich brauche, werde ich weiter mitsteigern."