Kritik

Spam-Bekämpfung: Internetfirmen wünschen sich klare Vorgaben

eco-Verband kritisiert Urteil des Landgerichts Lüneburg
Von Björn Brodersen

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) kritisiert eine "anhaltende Rechtsunsicherheit" für deutsche Internetprovider im Zusammenhang mit der Bekämpfung von unerwünschten Werbemails (Spam). Konkret kritisiert der eco-Verband klare Regeln für den rechtmäßigen Einsatz einer Blacklist auf Basis Internet-Protocol-Adressen (IP-Adressen). Anlass der Kritik ist ein am 27. September gesprochenes Urteil des Landgerichts Lüneburg (AZ: 7 O 80/07), das dem Betreiber eines E-Mail-Servers künftig untersagt, E-Mails mittels einer Negativliste auf IP-Basis zu blockieren. Eine IP-Adresse dient zur eindeutigen Ansprache von Rechnern und anderen Geräten in Netzwerken wie etwa dem Internet.

Nach Auskunft des eco-Verbands wertete das Gericht in dem konkreten Streitfall den Einsatz der Schwarzen Liste als absichtliche Behinderung des Absenders und damit als wettbewerbswidrig ein. Dies solle selbst dann gelten, wenn über die geblockte IP-Adresse des Mailservers Spam-Mails versendet werden. "Es wird lediglich lapidar darauf hingewiesen, dass dem Betreiber eines Servers ein Recht zur Sperre oder Aufnahme in eine Blacklist wenn überhaupt, dann nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen zusteht. Unter welchen Voraussetzungen ein solcher Ausnahmefall vorliegt, wird nicht präzisiert," moniert Sven Karge, Leiter des Fachbereichs Content bei eco. Mit diesem Richterspruch sei der Praxis in keiner Weise geholfen.

Zum besseren Verständnis: Der Unterlassungsanspruch wurde im Streitfall vor dem Landgericht Lüneburg mit dem Wettbewerbsrecht begründet, ein generelles Verbot des Einsatzes von Blacklists sprachen die Richter nicht aus.

Karge: Internetprovider stecken in rechtlicher Zwickmühle

Laut Karge befinden sich die deutschen Internetprovider in Sachen Spam-Abwehr in einer rechtlichen Zwickmühle: Einerseits müssten sie den Vertrag gegenüber den Kunden erfüllen und E-Mails zustellen, andererseits müssten sie dafür sorgen, dass die Postfächer der Empfänger nicht mit digitalem Müll verstopft werden, damit ihre Infrastruktur nicht leidet und die Systeme zuverlässig arbeiten können. "Außerdem kann von einem Provider nicht verlangt werden, dass er sich an der Verbreitung rechtswidriger Spam-Mails beteiligt", so Sven Karge weiter.

Aufgrund mangelnder Unterstützung aus Legislative und Judikative müsse die Internet-Wirtschaft verstärkt zu Selbsthilfemaßnahmen greifen. Der eco-Verband ist beispielsweise Mitinitiator der Initiative Spotspam [Link entfernt] , in dieser Anti-Spam-Datenbank werden Beschwerden von Verbrauchern und Providern aus ganz Europa gesammelt, um auf diese Weise die Verfolgung der Täter zu vereinfachen. In der kommenden Woche will der eco-Verband zudem ein Gutachten veröffentlichen, in dem die rechtlichen Rahmenbedingungen für Provider beim Filtern, Scannen und Löschen von Spam-Mails sowie Späh- und Schadsoftware dargestellt werden.

DENIC: Whois-Datenbankeintrag führt nicht automatisch zu Spam-Flut

Als eine Datenquelle für die Versender von unerwünschten Werbemails wird oft die Whois-Datenbank [Link entfernt] der DENIC (Deutsches Network Information Center) betrachtet. Hier können Informationen zu Internet-Domains und IP-Adressen und deren Inhabern abgerufen werden. Die DENIC erklärt jetzt unter Berufung auf einen kürzlich erschienenen Bericht des ICANN Security and Stability Advisory Committee, dass vielmehr der Eintrag von E-Mail-Adressen in Newsgroups, Chatrooms oder auf einer Webseite eher zur Spam-Flut beitrüge als eine Whois-Aufnahme. "Die von der DENIC ergriffenen Maßnahmen bei der Nutzung der Whois-Abfrage sind ein wirksames Mittel, Spam-Mails an die E-Mail-Adressen der Domaininhaber zu verhindern", teilt die DENIC heute vielmehr mit. Das Spam-Aufkommen ließe sich so um etwa zwei bis drei Größenordnungen reduzieren, wie Tests mit verschiedenen Top-Level-Domains gezeigt hätten. Ganz verhindern würde diese Maßnahmen - etwa die Veröffentlichung der Mail-Adresse nur auf Wunsch des Besitzers, eine beschränkte Zahl der Datenbank-Abfragen, keine Veröffentlichung von Zone-Files für eine automatisierte Abfrage von Doaminlisten - aber Spam nicht.