E-Mail-Effizienz

E-Mail: Wenn weniger mehr ist

Die Kommunikation per E-Mail ist praktisch und schnell - zumindest theoretisch
Von dpa / Marie-Anne Winter

E-Mails haben enorme Vorteile: Sie sind schnell und lassen sich problemlos rund um die Welt schicken. Der Empfänger muss nicht anwesend sein, wenn die Nachricht ankommt. Und auch Grafiken, Filmsequenzen und Präsentationen lassen sich anhängen. Anders als beim Telefonieren ist die Nachricht außerdem gleich dokumentiert. Alles toll also? "Nein, E-Mails haben auch eine dunkle Seite", sagt Günter Weick, der in Wien lebt und Unternehmen in Sachen E-Mail-Effizienz berät: "Jede E-Mail ist ein Anschlag auf die Produktivität eines anderen." Bei vielen Arbeitnehmern sei tatsächlich inzwischen bereits eine Schmerzgrenze überschritten.

"Da gibt es das dumpfe Gefühl, ständig E-Mails löschen zu müssen und nicht mehr zur eigentlichen Arbeit zu kommen", sagt Weick. Ein volles Postfach macht Stress. In vielen Büros werde morgens als erstes der Rechner hochgefahren und auf die E-Mails geschaut. Dann gibt es oft unangenehme Überraschungen: "Viele Unternehmen haben zwar Spam-Filter, aber die Postfächer sind trotzdem überfüllt."

Jeder will sich überall absichern

Das ist auch die Beobachtung von Renate Schmidt: "Die E-Mail-Flut wird größer. Früher habe ich mich manchmal gefreut, wenn ich morgens 3 Mails bekommen hatte", erzählt die Unternehmensberaterin aus Solingen. "Heute habe ich nach einem Wochenende manchmal 300." Solch einen Berg Post abzuarbeiten, sei entsprechend abschreckend.

Kommunizieren per Mail ist verführerisch: "Die Hemmschwelle ist viel niedriger, überhaupt zu schreiben", sagt Weick, "aber auch, die Nachricht immer gleich an mehrere zu schicken." Was Mitarbeiter früher unkommentiert gelassen hätten, werde jetzt zum Thema gemacht. Manche verzichtbare Mail werde nur abgeschickt, weil jemand möglichst viele andere in Kenntnis setzen will, um sich abzusichern.

Das gilt vor allem für Mails an Vorgesetzte: "Die meisten E-Mails, die Führungskräfte bekommen, sind "cc" durchgeschrieben." Chefs sollten deshalb im Unternehmen klarstellen, dass sie nicht über jeden noch so kleinen Vorgang in Kenntnis gesetzt werden möchten - sonst ist die Zahl der Mails, die sie bekommen, bald unüberschaubar.

Früher reichte das schwerze Brett

Manches, was firmenintern kommuniziert wird, muss nicht an alle gehen: "Früher reichte dafür auch das schwarze Brett", sagt Renate Schmidt. Und eine Nachricht im Intranet tut es womöglich ebenso.

Aber auch jeder einzelne Mitarbeiter kann etwas gegen die Mailflut tun. Ein erster Ansatzpunkt sei, stärker "empfängerorientiert" zu denken, sich also zu fragen "Braucht derjenige meine Mail wirklich?". E-Maileffizienz sei schließlich keine schwarze Magie, sagt Weick. Vor allem müsse man sich klarmachen, dass jeder mitbestimmt, wie viele E-Mails er bekommt: "Wer E-Mails sät, wird E-Mails ernten." Wenn eine Mail an fünf Leute geschickt wird, ist davon auszugehen, dass mehrere Antworten zurückkommen. Die Zahl der Kopien systematisch zu verringern, sei schon ein Schritt zur Lösung des Problems.