Verhandlung

BGH vor Urteil zum "Recht auf Vergessenwerden" im Netz

Das Internet vergisst so schnell nichts. Die Google-Suche kramt alte Geschichten immer wieder hervor, ob sie nun stimmen oder nicht - sehr zum Leid­wesen der Betrof­fenen. Unter welchen Bedin­gungen sind Such­maschinen-Betreiber zum Löschen der Treffer verpflichtet?
Von dpa /

Das Recht auf Vergessenwerden bei Suchmaschinen vor dem BGH Das Recht auf Vergessenwerden bei Suchmaschinen vor dem BGH
picture alliance/dpa
Wann haben Betrof­fene ein Recht darauf, dass Google frag­wür­dige Artikel über sie aus seinen Tref­fer­listen entfernt? Dazu wird es bald ein höchst­rich­ter­liches Urteil aus Karls­ruhe geben. Der Bundes­gerichtshof (BGH) prüfte heute bereits zum zweiten Mal den Fall eines Paares aus der Finanz­dienst­leis­tungs­branche, das sich im Internet in Miss­kredit gebracht sieht. Das Urteil soll in den nächsten Wochen verkündet werden. Der Termin stand noch nicht fest.

Die Kläger wollen errei­chen, dass mehrere kriti­sche Artikel über ihr Anla­gemo­dell nicht mehr als Treffer auftau­chen, wenn man bei Google nach ihren Namen sucht. Die Texte waren auf einer US-ameri­kani­schen Inter­net­seite veröf­fent­licht worden. Das Unter­nehmen hinter dieser Seite war wiederum Vorwürfen ausge­setzt, es lanciere gezielt nega­tive Berichte, um die Betrof­fenen später damit zu erpressen.

Fall war auch vor dem EuGH

Das Recht auf Vergessenwerden bei Suchmaschinen vor dem BGH Das Recht auf Vergessenwerden bei Suchmaschinen vor dem BGH
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Google hatte sich gewei­gert, die Links zu den Arti­keln zu entfernen. Man könne nicht beur­teilen, ob an den Vorwürfen etwas dran sei.

Für den Daten­schutz gibt es EU-weit einheit­liche Stan­dards. Deshalb hatten sich die BGH-Richter nach einer ersten Verhand­lung 2020 an den Euro­päi­schen Gerichtshof (EuGH) gewandt. Sie wollten insbe­son­dere wissen, ob Google in solchen Fällen in eigener Verant­wor­tung Nach­for­schungen anstellen muss - mit dem Risiko, dass dann womög­lich lieber ein Bericht mehr als einer zu wenig blockiert werden dürfte.

Seit Dezember liegt nun das Luxem­burger Urteil vor. Danach gibt es keine Pflicht des Such­maschinen-Betrei­bers, aktiv nach­zufor­schen. Der Betrof­fene hat selbst nach­zuweisen, dass die Infor­mationen über ihn offen­sicht­lich unrichtig sind. Gelingt ihm das, muss Google die Links zu den bean­stan­deten Inhalten aber entfernen.

Lange Diskus­sion über Thumb­nails

Nun ist es Sache der BGH-Richter, diese Vorgaben auf den konkreten Fall anzu­wenden. Hier hatte das Kölner Ober­lan­des­gericht 2018 entschieden, dass Google die bean­stan­deten Texte größ­ten­teils weiter anzeigen darf. Die Kläger hätten eine offen­sicht­liche Rechts­ver­let­zung nicht auf die erfor­der­liche Weise darge­legt. Der Vorsit­zende Richter am BGH, Stephan Seiters, deutete an, dass dies für seinen Senat wohl mit den EuGH-Vorgaben in Einklang steht.

Länger disku­tiert wurde über die kleinen Vorschau­bilder ("Thumb­nails"), die bei der Google-Suche neben Links in der Tref­fer­liste auftau­chen. Die Kläger wehren sich gegen bestimmte Bilder aus einem der Artikel, die sie unter anderem im Cabrio oder bei einem Hubschrauber-Flug zeigen - angeb­lich ein Beleg dafür, dass "Hinter­männer und Initia­toren" in Luxus schwelgen würden.

Hier pochten die Google-Anwälte darauf, dass die Motive nicht gene­rell zu löschen seien, sondern höchs­tens dann, wenn sie mit dem Link zu dem bean­stan­deten Artikel hinter­legt sind. Ein Total­verbot sei nicht rech­tens, weil es Google zur aktiven Filte­rung zwinge.

Der gute Ruf ist wichtig im Privat­leben, noch wich­tiger aber im Job. Pein­liche Jugend­sünden können einem ebenso schaden wie Unwahres. Das Internet vergisst nichts. Oder inzwi­schen doch?

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